Anne-Sophie Pic in Lausanne

Nur gerade einer handvoll Köchinnen ist aktuell die Ehre zuteil, vom Guide Michelin mit 3 Sternen ausgezeichnet zu werden. Anne-Sophie Pic ist eine davon. Damit trat die Französin in die Fussstapfen ihres Vaters und Grossvaters, welche sich zuvor ebenfalls in den Michelin-Olymp gekocht hatten.

anne_sophie_pic_lausanne_beau_rivage_palace_1Um ein Haar wäre es aber gar nie dazu gekommen, denn Anne-Sophie Pic hatte ursprünglich andere Pläne und bevorzugte ein Studium in Betriebswirtschaft. Nach nur wenigen Semestern, anfangs der 90er Jahre, kam die Meinungsänderung: die damals 22 jährige entscheidet sich die Pic-Dynastie fortzuführen und lernte das Kochhandwerk. Nachdem ihr Vater, erst 59 jährig verstarb, übernahm sie den Betrieb in Valence (F) und kochte 2007 den, durch den Tod des Vaters verloren gegangenen, 3. Stern zurück.

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Zwei Jahre später ging ein Raunen durch die kulinarische Landschaft der Schweiz. Das fünfsterne Hotel Beau-Rivage Palace verkündete den Coup, dass Madame Pic im Nobelhotel eine Dependance eröffnen wird. Gäste, Gastroguides und nicht zuletzt Gastronomen im direkten Umfeld, waren gleichermassen gespannt, wie die Dame den Spagat, zwischen den beiden 300 km voneinander entfernten Restaurants, meistern wird und auf welchem Niveau in ihrer Filiale in Lausanne gekocht wird.

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Das Ergebnis ist schnell erzählt: Die beiden grossen Gastroführer waren von Beginn weg voll des Lobes, zückten 2 Sterne, respektive 18 Punkte; die Gastronomen im direkten Umfeld arrangierten sich mit der neuen Konkurrenz mit Weltnamen und die Gäste waren begeistert und konnten gut damit leben, dass die namensgebende Spitzenköchin zwar das Konzept vorgibt, aber nur alle paar Wochen persönlich in Lausanne am Herd steht.

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Um trotz der häufiger Abwesenheit die hohe Qualität und die Wiedererkennung ihrer Handschrift zu gewährleisten, beförderte Pic ihren langjährigen Mitarbeiter Guillaume Raineix an den Chefposten am Genfersee. Ihm ist es dann auch zu einem Grossteil  zu verdanken, dass das Anne-Sophie Pic nachhaltig einen guten Ruf errang und schon seit längerem sehr gut gebucht ist. So ist es heute, vier Jahre nach der Eröffnung, beinahe unmöglich kurzfristig an einem Freitag- oder Samstagabend einen Tisch zu bekommen und das obwohl das Restaurant zu den grösseren Gourmetrestaurants zählt.

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Auch wir müssen heute auf den Lunch ausweichen. Da der Gast beim Mittagessen aber keinerlei Abstriche bei der Auswahl der Menüs machen muss, ist dies kein Problem. Wir freuen uns sehr auf das Essen im Anne-Sophie Pic und sind sehr gespannt auf die Leistung von Raineix und seiner Crew.

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Das Restaurant kann man nur durch das imposante Beau-Rivage Palace betreten. Der eigentliche Eingang zum Anne-Sophie Pic liegt etwas versteckt am Ende eines langen Korridors. Ein schlichtes Schild macht auf das höchstausgezeichnete Restaurant der Stadt aufmerksam. Im Vorraum lächelt uns ein Konterfrei der grossen Chefin entgegen. Eine freundliche Empfangsdame begrüsst uns und begleitet uns in das elegante Restaurant. Die Einrichtung ist luxuriös und äusserst stilvoll. Beige Töne dominieren den Raum. Von vielen Tischen hat man einen Blick auf die Alpen. Im Sommer steht eine einladende Terrasse zur Verfügung. Die gut gekleidete und perfekt agierende Servicebrigade umsorgt uns von Beginn weg.

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Zum Start fährt man den Apérowagen vor. Unsere Wahl fällt auf ein Glas Champagner von Billecart-Salmon. Wir lehnen uns in die bequemen Stühle und studieren die Speisekarte. Unser Entscheidung spielt sich zwischen den beiden Menüs „Pic Collection de Printemps“ (330.- Franken) und „Émotions“ (245.- Franken) ab. Da Beide den gleichen Umfang haben, uns aber das eine Gericht mit Kaviar den Mehrpreis nicht wert ist, entscheiden wir uns für das Günstigere.

anne_sophie_pic_lausanne_beau_rivage_palace_10Aufmerksam blättern wir in der sehr umfangreichen Weinkarte mit 600 Positionen, um dann trotzdem nach einer Weinbegleitung zu fragen. Chefsommelier Thibaut Panas kommt dieser Bitte gerne nach und serviert uns anschliessend eine intelligente und gut selektionierte Weinbegleitung.

Den kulinarischen Auftakt bilden drei Häppchen:

Spargelwürfel mit getrockneten Algen – Geräucherter Tee Macaron mit saurer Sahne und Heringseiern – Gänseleberkugel mit Orange [6/10]

Die Trilogie, bestehend aus einem harmonisch-intensiven Spargelwürfel, einer etwas gar dezent schmeckenden Foie Gras Praline, mit einem Hauch Orange, sowie einem geräuchterten Tee Macaron, mit langanhaltendem Nachgeschmack, ist handwerklich perfekt und auch geschmacklich überzeugend.

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Brot

Zur leicht gesalzenen Butter wird eine Selektion von verschiedenen, frisch gebackenen Brötchen angeboten. Das Giabatta ähnliche Olivenölbrot und das Parisette sind allesamt fein, das Cerealien-Brot ist gar hervorragend und etwas vom Besten was uns je aus einem Brotkorb gereicht wurde. So kann es gerne weitergehen!

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Amuse Bouche: Ferra from Lémon, Yoghurt, Caviar France [10/10]

Ebenfalls ausgezeichnet schmeckt das Amuse Bouche. Wir schliessen die Augen, legen die Komposition in unseren Mund und staunen ab der unglaublich schönen Symbiose die sich in unserem Gaumen entwickelt. Zusammen mit dem Champagner und der Tatsache, hier in Lausanne in diesem wunderschönen Restaurant zu sitzen und von einer tollen Servicebrigade umsorgt zu werden, machen diesen Moment perfekt.

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Carrot and orange blossom [9/10]

Fantasievoll geht es weiter. Mit diesem wunderschönen Karrotten-Arrangement stellt die Küchenbrigade auch ihr Talent zum Anrichtigen unter Beweis. Abwechslungsreiche Texturen, ein sehr harmonisches – wenn auch weniger intensiv als erwartet – Karrottenaroma und dazu ein wunderbares Dressing. Anfangs stark, wird das Gericht mit jedem Löffel noch besser. Am Schluss bleibt ein leerer Teller und im Gaumen ein langanhaltendes Aroma, bei dem etwas verzögert ein angenehmes Pfefferaroma aufblitzt. Ausgezeichnet!

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Wild Scampi [9/10]

Nun liegen vor uns auf dem Teller zwei wunderschöne Kaisergranate. Ihr frischer Duft erfüllt den ganzen Tisch und steigert unsere Vorfreude. Das Gericht wird mit einer Suppe von grünem Sellerie finalisiert. Das Ergebnis überzeugt wiederum. Pic schafft auch hier ein sehr stimmiges, intensives Geschmacksbild mit hochwertigen Produkten im Mittelpunkt. Einzig die Süsse der Rhabarber wirkt etwas befremdlich.

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Coastal Turbot [10/10] Ein besonderes Ess-Highlight

Dieses Gericht ist schlicht ein Traum. Wir sind ob dem perfekt zubereiteten Steinbutt und dessen hervorragenden Qualität sprachlos. Die Genialität erhält das Gericht aber durch das unglaublich tolle Zusammenspiel zwischen der Säure der Tomaten und dem süssen Vanille-Hauch. Die vier Tomaten, auf zwei unterschiedliche Arten zubereitet, setzen dem Gericht die Krone auf. Alles ist wohlschmeckend und am Gaumen so wunderbar komplex. Das ist eines der Gerichte, die man kaum verspeist, gleich nochmals ordern möchte. Wir tun es nicht, legen das Gericht aber an einem sehr exklusiven Ort in unseren Erinnerungen ab.

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Sisteron Lamb [10/10]

Unsere Begeisterung gilt auch dem Hauptgang, welcher schlicht hervorragend schmeckt. Das Fleisch ist toll, die pointiert eingesetzte Minze ergänzt das Lamm traumhaft. Dazu erhalten wir geniale Mini-Raviolis, gefüllt mit rassigem Ziegenkäse. Jeder einzelne explodiert förmlich in unserem Gaumen – wow. Perfektioniert wird das Ganze von einer leicht rauchigen Sauce.

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Käse

Von einem imposanten Käsewagen, mit schätzungsweise 50 verschiedenen Sorten, wählen wir unsere Highlights und bitten um ein paar Überraschungen. Dazu reicht man uns zweierlei Nussbrot, Konfitüre und hochwertige Haselnüsse. Zusammen mit dem gereichten Banyuls ist auch das ein Traum.

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Pré Dessert: Ananas-Vanille Couli mit Sorbet von exotischen Früchten und Vanille Gelée [6/10]

Der Gruss vom Pâtissier ist sowohl leicht als auch fruchtig intensiv. Unsere Vorfreude auf das eigentliche Dessert wächst, wobei wir hoffen, dass man noch einen Zacken zulegen wird.

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Strawberry and Gruyère Cream [10/10]

Und dann zum Abschluss nochmals ein Paukenschlag: Das Dessert schmeckt spannend, facettenreich und sehr fruchtig – jeder Bissen ist ein Hochgenuss. Die Kombination ist eigentlich simpel, aber dank der hervorragenden Umsetzung ein wahrer Desserttraum!

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Friandises [9/10]

Zum Glück lässt uns der Pâtissier nicht laufen, ohne uns seine Friandises zu servieren. Wie schon bei den Häppchen zum Start, beschränkt man sich auch jetzt auf eine kleine Auswahl, sorgt aber dafür, dass es diese in sich hat. Und so überzeugt jedes der Drei – mal sauer limettig, mal schokoladig und dann nussig – gemeinsame Nenner? Alles schmeckt intensiv und uneingeschränkt toll.

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Schokolade

Auch bei den Schokoladen-Dropsen zum Kaffee gibt man sich keine Blösse. Auch hier setzt man auf Qualität statt Quantität und bietet vier überzeugende, intensive und süsse Häppchen.

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Anne-Sophie Pic mit Guillaume Raineix

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Fazit: Noch selten hat uns ein Restaurantbesuch dermassen begeistert! Die Gerichte sind elegant abgeschmackt und auf allerhöchstem Niveau. Die Teller sind sehr schön angerichtet, wobei der Fokus klar auf der hochwertigen Produktqualität liegt. Unnötige Spielereien haben in der Welt von Anne-Sophie Pic keinen Platz. So serviert man auch nur wenige Häppchen und Friandises und überlässt die Effekthascherei anderen.

Dass wir uns hier so wohl gefühlt haben, ist auch der Verdienst der erstklassigen Servicebrigade und dem äusserst gemütlichen Restaurant mit seinem edlen Interieur. Wir haben hier drei der schönsten kulinarischen Stunden erlebt und sind uns sicher, dass die Brigade den 3. Stern bald nach Lausanne hohlen wird.

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Menü: Zwei 6 Gänge Menüs (Käsewagen inklusive) werden angeboten. Das Menü Émotions für 245.- und das Pic Collection de printemps für 330.-. Dazu gibt es ein Amuse, pré dessert, Friandises und Schokolade. Die à la carte Auswahl ist ebenfalls sehr interessant. Vorspeisen kosten zwischen 56.- und 115.- / Hauptspeisen 85.- und 120.- Franken / Desserts je 40.-.

Zeit: Das Tempo war angenehm. Lediglich zwei Gerichte wurden etwas gar schnell aufeinander serviert. Das Menü dauerte am Mittag 3 Stunden.

Wein: Die Weinkarte ist sehr umfangreich. Auf Wunsch bietet man auch eine Weinbegleitung an. Diese war hervorragend auf das Menü abgestimmt und hat grossen Spass gemacht:

Sancerre „Flores“ V.Pinard 2010
Païen d’Enfer H. Valloton-à 2012
Nuits Saint Georges „La“Gerbotte“ Domaine de l’Arlot 2010
Syrah S. Maye 2010
Banyuls „Tradition“ Domaine de Ballaury 1993
Ximenez-Spinola „Exceptional Harvest“

Die Weinbegleitung wurde mit 100 Franken verrechnet.

Online: Die Website ist zwar etwas unübersichtlich dafür sehr umfangreich und stilvoll.

Wertung: Gourmör O10 / Michelin M2 / Gault-Millau GM18

Sonderauszeichnung: Top-Service, hier kann man die Seele so richtig baumeln lassen

(Besucht im Mai 2013)

5 Gedanken zu “Anne-Sophie Pic in Lausanne

  1. Wir gingen mit grossen Erwartungen Anfang Mai 2019 im ASP im BRP zum Dinner. Leider wurden unsere Erwartungen nicht so ganz erfüllt. Der Service funktioniert zwar tadellos, aber das Essen war nicht auf 2. Sterne Niveau wie wir fanden. Im Vergleich zu anderen 2. und 3. Sterne Häusern waren die Portionen auch winzig. Es scheint, als würde man sich etwas auf den Lorbeeren ausruhen.

    • Unser Restaurant in Lausanne gehört zu den besten Essen überhaupt. Sehr schade zu lesen, dass du nicht die gleichen Erfahrungen gemacht hast. Diesen Sommer sind wir im Haupthaus von Madame Pic in Valence.

  2. Hallo,
    ich kann Eure Begeisterung nur bestätigen. Selbst habe ich das andere Menü gegessen und war einfach überzeugt. Das Restaurant ist ein Hochgenuss!

  3. Das sieht fantastisch aus! Bitte erlaube mir ein paar kleine Anmerkungen:

    „Kaisergranat“ ist die einzig korrekte Bezeichnung für das Tier, das im französischen „Langoustine“ und im italienischen „Scampi“ heißt. Langusten sind völlig andere Tiere, „Langustinos“ gibt es nicht und „Langostinos“ wären Shrimps, also Garnelenartige.

    Viele Grüße! ;)

    • Lieber Julien

      Vielen Dank für deinen Hinweis. Du hast natürlich absolut Recht, das edle Tier heisst Kaisergranat. Ist korrigiert.

      Viele Grüsse!

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