Widder Restaurant in Zürich

Das Widder in der Altstadt von Zürich ist ein spezielles Hotel. Denn es besteht aus acht, ursprünglich unabhängigen, Gebäuden, die alle unter Denkmalschutz stehen. Während einem 10-jährigen Umbau, wurden diese geschickt miteinander verbunden und zu einem Hotel mit 49 Zimmern und Suiten umgebaut. Mitte der 90er Jahre eröffnete das 5-Sterne-Hotel seine Toren. Der Name stammt vom Haus, welches seit dem 15. Jahrhunder im Besitz der Metzger-Zunft Widder war.

Seit drei Jahren ist das Widder auch bei Gourmets ein Begriff. Besitzer Gratian Anda hatte nämlich keine Sekunde gezögert, als der 2-Sterne-Koch Stefan Heilemann nach dem Aus des Atlantis by Giardino Mitte 2020 auf einmal auf dem Markt verfügbar war. Mit Heilemann wechselten auch gleich weitere wichtige Personen aus der Brigade und Service an den Rennweg – so macht man Traum-Transfers! Seit Juni 2020 begrüsst also das neue Team seine Gäste – dies mit vollem Erfolg. Die Tische sind seit Beginn weg sehr begehrt und meist über Wochen komplett ausgebucht.

Wir checken an einem nassen Tag im Herbst im Hotel ein und flanieren am Nachmittag durch Zürich. Das Einzige was an diesem Tag strahlt sind unsere Gesichter, denn die Vorfreude auf den Abend ist riesig. Heilemanns Küche hat uns schon zwei Mal begeistert. Einmal im Ecco Zürich (zum Bericht) in der vorherigen Wirkungsstätte und einmal bei einem undokumentierten Dinner vor zwei Jahren am neuen Ort.

Kurz nach neunzehn Uhr betreten wir das mit 2-Michelin-Sternen ausgezeichnete Restaurant im zweiten Stock des Widders. Im vorderen Bereich befindet sich die offene Küche. Daneben der Chefs-Tabel, flankiert mit den top bestückten Wein-Schränken. Auf der anderen Seite gibt es zwei voneinander getrennte Speiseräume mit jeweils sieben Tischen. Es ist elegant-unkompliziert, die Stimmung sehr einladend und vielversprechend. Wir fühlen uns von Beginn weg sehr wohl. Dies liegt neben dem gepflegten Ambiente auch an den Gastgebern. Das kleine Service-Team macht einen super Job. Geführt wird es von Stefano Petta, einem sehr aufmerksamen Gastgeber und Sommelier.

Neben dem Menü in 6 Gängen (300 Franken) und einer Vegi-Variante steht auch eine spannende Supplement-Karte zur Verfügung. Darauf gibt es, je nach Saison, mal einen ganzen Steinbutt, Wildhase-Royal oder, so wie heute Abend, ein schottisches Moorhuhn. Die Auswahl ist extrem schwierig. Am liebsten würden wir uns einmal quer durch alle Optionen essen. Zum Glück ist man hier im Widder extrem flexibel. So modifizieren wir das Menü, wechseln das Simmentaler Rind gegen eine weitere Vorspeise aus und wählen von der Supplement-Karte das besagte Moorhuhn für den Hauptgang. Am Ende werden uns für diese Variante 340 Franken verrechnet.

Die erste Einstimmung (7/10) ist ein Heilemann-Klassiker. Die Buns eröffnen jedes Menü des 40-jährigen. Mal sind sie gefüllt mit Rind oder Schwein oder, wie heute, mit Ente. Die herzhaften Buns mit toller Koriander-Note und heissem Kern von Geschmortem sind genauso fein wie die beiden Petitessen- inklusive Entenhaut-Chip (!) – auf dem Teller. Mega auch das noch warme Brot mit feiner Butter und dem herzhaften Aufstrich.

Das zweite Amuse zeigt die eher unbekannte, leise Seite von Heilemanns Küche. Im Zentrum sind drei rohe Gamba Blanca aus Portugal (7/10) darüber deren Rogen, die bei genauem Betrachten königlich blau schimmern. Das Gericht ist crémig, knusprig und hat eine leichte Bitternote. Der Dill und die Gurken sorgen für einen erfrischenden, letzten Gruss des Sommers.

Im ersten Gang des eigentlichen Menüs serviert uns die Brigade Balfegó Thunfisch & Seeigel aus Island (8/10). Es ist optisch ein wunderschönes Gericht. Geschmacklich ist es extrem facettenreich – je nachdem wie man den Löffel mit den Köstlichkeiten kombiniert, entsteht ein anderes Geschmacksbild. Mal elegant (Toro und Kaviar) mal intensiv-wuchtig durch den Seeigel. Überraschend ist auch der gelungene Einsatz von der süss-sauren Passionsfrucht, welche gekonnt eingebettet ist und das Gericht bereichert. So bringt jeder „Tauchgang“ in den Teller viel Geschmack an die Oberfläche. Die gelben Chips auf dem Foto? Süchtig machende Süss-Saure Süsskartoffel-Chips!

Nun geht es mit richtig viel Power weiter. Der Langoustino (9/10) wird noch am Tisch mit etwas Kaffir-Limette verfeinert. Am ganzen Tisch duftet es traumhaft nach der Zitrusfrucht. Wir tauchen den Löffel in die gelbe Thai-Curry und werden von einem betörenden Elixier überrascht. Trotz der Power kann auch der hochwertige Langoustino seinen tollen Eigengeschmack entfalten. Um die Brücke zur Reginalität zu schlagen, setzt Heilemann auf Kürbis anstelle der in Asien traditionellen Papaya. Zusammen mit den Kürbiskernöl und den texturgebenden Erdnüssen ist dies ein grossartiger Teller mit extrem viel Wohlgeschmack und grossem Spassfaktor. Mega!

Der Gamba Carabinero (9/10) macht genau auf dem Niveau weiter. Wiederum gibt es die erste sensorische Begeisterung für die Nase. Unglaublich wie das alles duftet! Es riecht nach Meer, nach Zitrone, Estragon und Knoblauch – Letzteres ohne auftringlich zu sein. Alles ist exakt ausbalanciert und abgeschmeckt. Der edle Gamba ist perfekt gebraten und unglaublich im Geschmack. Das hier macht alles wiederum so unglaublichen viel Spass. Auch der letzte Tropfen der Sauce und das letzte Stück der à part servierten Knoblauch-Brötchen geniessen wir mit geschlossenen Augen

Die Algarve Rotbarbe & Tintenfisch (9/10) ist ein weiteres Highlight dieses aufwühlenden Menüs. Den tollen Fisch mit Blutwurst zu kombinieren ist mutig aber keinesfalls eine Effekthascherei. Denn Heilemann schafft auch aus dieser unorthodoxen Kombination etwas hervorragendes. Die Rotbarbe von bester Qualität ist perfekt gegart und traumhaft intensiv im Geschmack. Die Blutwurst ergänzt das Geschmacksbild um eine leicht animalische, rustikale Note – ohne sich unnötig in den Vordergrund zu stellen. Abgerundet wird das Gericht mit einer himmlischen Fenchel-Beurre Blanc.

In Hauptgang wird uns dann eines der besten Gerichte überhaupt serviert: Das schottische Moorhuhn (10/10). Vor dem Tellerservice wird uns das Produkt am Tisch präsentiert. Schon optisch lässt sich das aufwändige Handwerk erahnen. Das Tier, von bester Qualität, stammt vom passionierten Flügelhändler Alfred von Escher. Die Brust des Vogels wird gepöckelt, mit einer Entenleber sowie einer Farce vereint und mit Pilzschuppen eingefasst. Der Rest – auch das Herz – werden zu einer Sauce verkocht. Unglaublich wie das duftet – und wie das schmeckt! Die Kombination von der zarten Brust, der würzigen Farce, der nussigen Entenleber und der meisterhfaten Sauce ist einfach nur genial und atemberaubend! Ein absolut meisterhaftes und unvergessliches Gericht, dass Sommelier Stefano Petta noch aufzuwerten weiss, indem er uns ein Glas von einem jungen aber bereits genialen Grenache aus dem Hause Sine Qua Non serviert.

Für Patissiers ist es nach so einem ausgezeichneten Menü schwer eigene Akzente zu setzen. André Siedl stellt sich der Herausforderung und steuert im regulären 6-Gänge-Menü mit den beiden Desserts einen Drittel des Menüs bei. Beim ersten Dessert verwendet er Honig aus „Terreni Alla Maggio“ (9/10), dem Tessiner Partnerbetrieb. Der Geschmack nach dem süssen Gold ist perfekt eingebunden und wird von einer schönen Säurenote begleitet. Auch der Ingwer steuert eine spannende Komponente bei und sorgt so für ein grossartiges Geschmacksbild. Das schmeckt alles frisch und leicht – und macht grossen Spass. Auch beim zweiten Dessert von den Bühler Zwetschgen (8/10) schafft Siedl eine tolle Symbiose die mit der perfekten Konsistenz und tollen Aromen begeistert.

Natürlich dürfen die feinen Frindises (8/10) zum Espresse nicht fehlen. Hier überzeugen uns vor allem die tolle Cremeschnitte mit Sauerkirsche aber auch das klassische und perfekt gebackene Canelés.

Fazit: Stefan Heilemann ist einer der besten Köche der Schweiz. Er ist ein Handwerker, jemand der tolle Produkte liebt und sie auch respektvoll verarbeitet. Was er und sein Team im Widder Restaurant machen ist spitzenmässig und verdient grossen Applaus. Dies auch weil er einer der wenigen jungen Chefs ist, die neben der modernen, auch die klassische Küche beherrschen und diese auf allerhöchstem Niveau zelebrieren. Dabei setzt er konsequent auf die besten Grundprodukte und investiert tagelange Arbeit. Heilemann kann aber auch modern, denn auch mit seiner asiatisch inspirierten Küche begeistert er uns immer wieder aufs Neue. Bei ihm hat alles Power und viel Geschmack. Ein Abend im Widder macht riesigen Spass, auch dank dem tollen Team an der Front. Übrigens: die Idee mit der Supplement-Karte ist richtig genial. Damit lässt sich auch das eher kurze Menü ganz einfach erweitern. Wir können den nächsten Besuch am Rennweg kaum abwarten.

Die Brigade (v.l.n.r.): André Siedl, David Span, Lukas Witschi, Moritz Stocker, Stefan Heilemann, Fernando Lourido und Philipp Keliny (Benjamin Anderegg fehlt auf dem Foto)

Weinbegleitung: Stefano Petta begleitet das hervorragende Menü mit grandiosen Weinen und schafft unvergessliche Marriagen. Folgende Weinbegleitung wurde uns für 200 Franken serviert:

Crand’Cour Blanc / Jean-Pierre pellegrin / Genf / Schweiz / 2020 zum Balfegó Thunfisch
Hermansberg GG / Weingut Gut Hermansberg / Nahe / Deutschland / 2018 zum Langoustino
Friulano Riserva / Renato Keber / Friaul / Italien / 2014 zum Gamba Carabinero
Grain Ermitage „Président Troillet“ / Marie-Thérèse Chappaz / Wallis / Schweiz / 2019 zur Rotbarbe
Distenta I / Sine Qua Non / Kalifornien / USA / 2019 zum Moorhuhn
Rielsing Auslese Bernkasteler Doctor / Wwe. Dr. H. Thanisch / Mosel / Deutschland / 2020 zum Dessert „Honig“
Grain Noble Arvine / Marie-Thérèse Chappaz / Wallis / Schweiz / 2019 zum Dessert „Zwetschgen“

Website: https://www.widderhotel.com/

Wertung: Gourmör // Michelin // Gault-Millau

Sonderauszeichnung: Hier fühlt man sich besonders wohl // Auszeichnung für eine geniale Weinbegleitung


(Besucht im Oktober 2022)

Pavillon in Zürich

Unser erster Besuch vor vier Jahren hat uns enttäuscht. Das Essen war zwar „gut“, bei keinem der Gerichte konnten die sehr hohen Erwartungen aber erfüllt werden. Die hohe Erwartungshaltung entstand aufgrund der Top-Bewertungen durch die Restaurantführer. Der Guide Michelin vergab damals einen Stern und der Gault-Millau gar extrem hohe 18 Punkte. Als Michelin dem Au Pavillon zwei Jahre später gar den zweiten Stern verlieh, waren wir entsprechend ungläubig überrascht. Offensichtlich muss bei Laurent Eperon und seiner Brigade eine gewaltige Steigerung stattgefunden haben. Um herauszufinden ob dem so ist und um dem sympathischen Koch eine zweite Chance zu geben, ging es an einem warmen Frühlingstag zurück ins luxuriöse Baur au Lac, in dem das Restaurant untergebracht ist.

Das wunderschöne Hotel ist eines der wenigen in dieser Liga, das sich im Familienbesitz befindet. Das Haus liegt perfekt gelegen in der Nähe des Zürichsees und dem Bürklinplatz. Zu den Highlights gehören der schöne Garten mit der traumhaften Terrasse und die elegante Lobbybar „Le Hall“. Sich hier einen Afternoon-Tea oder ein Glas Champagner zu gönnen lohnt sich. Ebenfalls beeindruckend ist das top ausgebildete Personal im ganzen Hotel. Es ist richtig schön, hier Gast sein zu dürfen.

Das Zweitrestaurant Baur’s Brasserie ist mit 14 Gault-Millau Punkten ausgezeichnet und wäre ebenfalls einen Besuch wert, doch eben, heute Abend haben wir in einem von drei Zürcher Restaurants reserviert, welche mit 2 Sternen und 18 Punkten ausgezeichnet sind.

Unsere Vorfreue ist zwar noch etwas verhalten, als wir kurz nach 19 Uhr ins Restaurant geführt werden, aber das wunderschöne Interieur von Starachitekt Pierre-Yves Rochon mit seinem imposanten Blumenbouquet in der Restaurantmitte begeistert. Hier im Restaurant einen Platz zu erhalten bedarf übrigens meistens eine frühzeitige Reservation. Die Tische sind vor allem an den Wochenenden sehr begehrt.

Der Start ist dann noch etwas holprig. Der bestellte Champagner wird erst nach dem dritten Nachfragen serviert und als etwas später das Amuse Bouche aufgetragen wird, sitzen wir noch genüsslich vor den Snacks. Dies sollen aber die einzigen Fauxpas bleiben. Der Service wird uns den restlichen Abend äusserst kompetent, professionell und mit einer sehr angenehmen lockeren Art durchs Menü begleiten.

Apropos Snacks (8/10): Wurden beim letzten Besuch zum Apéro ein paar, geschmacklich eher verhaltene, Gougères serviert, zündet das Team um Laurent Eperon heute gleich zum Auftakt ein erstes Feuerwerk. Die drei Petitessen haben richtig viel Geschmack und sind handwerklich top ausgearbeitet. Vor allem die luxuriöse Marriage von der Gänseleber und dem Trüffel brilliert, weil sich beide Akteure in Szene setzen können und sich eindrücklich bereichern. Eine Wucht ist dann auch das Amuse Bouche mit Frühlingsgemüse Shabu-Shabu (8/10). Für das Zusammenspiel zwischen dem scharfen Wasabi, den knackigen Kräutern im heissen Sud mit der leicht süssen Note gibt es Applaus.

Das eigentliche Menü startet dann mit einer Vichyssoise (7/10) mit einer grossen Nocke Kaviar. Das Gericht hat ein schönes Geschmacksbild. Einziges Manko ist die Portionierung. Man muss mit dem Löffel sehr geschickt sein um die Produkte so zu kombinieren, dass dadurch die perfekt Geschmacksbalance entsteht.

Beim zweiten Gericht schaltet die Küche drei Gänge höher und serviert uns eine perfekt gebratene Entenleber (9/10). Selten, dass wir die Leber so genial inszeniert serviert bekommen. Hier stimmt alles, das süss-saure Zusammenspiel, die nussige Note und dazu der florale Geschmack von den Kräutern – genial. Beeindruckend auch, dass der Gang zwar vollmundig schmeckt aber sehr leicht und bekömmlich ist.

Grosse Begeisterung dann auch für Eperons Bouillabaisse (8/10). Der unvergessliche Duft nach dem Mittelmeer führt uns gedanklich nach Marseille, wo wir direkt am Hafen an der Sonne sitzen. Chef Eperon setzt für seine Bouillabaisse auf hochwertige Produkte. Es schmeckt nach allem was das azurblaue Meer zu bieten hat. Dazu darf natürlich auch die knusprigen Baguette Stückchen und die authentische Knoblauchsauce nicht fehlen.

Es geht sogar noch besser. Das nächste Gericht ist gar auf 3-Sterne-Niveau. Dazu brät der Chef einen wunderschönen Steinbutt (10/10) auf dessen Gräten und kombiniert dazu eine hammermässige Beurre Blanc mit unglaublicher Power und Eleganz. Dazu gesellen sich ätherisch-betörende Aromen vom Eukalyptus. Der Fisch schmeckt grandios. Da kann man nur die Augen schliessen und Bissen um Bissen geniessen. Grossartig!

Das hohe Niveau der vorherigen Gerichte wird auch im Hauptgang gehalten. Das Kalb (9/10) kommt in zwei Variationen auf den Tisch. Auf dem Hauptteller saftige Kalskopfbäckchen an einer genialen, tiefen Sauce mit reichlich Trüffel. Das hat unglaublich viel Power und macht riesen Spass. Die zweite Variante ist frühlingshaft anmutend aber nicht minder genial: wundervolle, perfekt gebratene Kalbsmilken. Dazu grüne Erbsen mit viel Gout. Eperon demonstriert eindrücklich, welch grosses Glück wir hierzulande haben, die vier Jahrzeiten und ihre kulinarischen Schätze geniessen zu dürfen.

Den Käsewagen lassen wir vorerst noch an unser vorbei rollen und werden uns erst nach den Desserts eine kleine Selektion kredenzen lassen. Der süsse Teil startet mit einem tollen und erfrischenden Fiori di latte (8/10) als pré Dessert, welches für die angekündigte Erfrischung sorgt. Danach gibt es ein leichtes, extrem geschmackvolles Yuzu Dessert (8/10). Das schmeckt alles sehr erfrischend, leicht und extrem gut. Der perfekte Abschluss vom Menü bevor es zum kräftigen Espresso noch eine Auswahl an klassischen und verspielten Friandieses (8/10) gibt.

Fazit: Heute Abend hat Laurent Eperon eindrücklich bewiesen, weshalb er die hohen Auszeichnungen an den Türen hängen hat. Das Menü war Lichtjahre besser als beim letzten Besuch vor vier Jahren und hat uns nachhaltig beeindruckt. Eperon verwandelt grossartige Produkte zu genialen Gerichten mit viel Geschmack. Wir sind sehr gespannt wie sich seine Küche weiterentwickelt und können diesmal mit grosser Vorfreude auf den nächsten Besuch blicken.

Weine: Mit Marc Almert hat man seit 2017 einen Spitzensommelier im Haus. Der 31-jährige hat vor ein paar Jahren die Weltmeisterschaft der „Association de la Sommellerie Internationale“ gewonnen. Almert hat ein grosses Fachwissen und lässt die Gäste gerne daran teilhaben. Neben der grossen Weinkarte stellt Almert zu jedem Menü zwei Weinbegleitungen zusammen. Eine Schweizer Begleitung (90 – 130 Franken) und eine internationale Weibegleitung (110 – 160 Franken). Wir haben dem Sommelier die freie Wahl gelassen und so zwischen den beiden Begleitungen hin und her gewechselt:

Loibner Klostersatz – GV Federspiel – F.X. Pichler – Wachau (AT) – 2019
Clos Habert – tendre – François Chidaine – Loire (FR) – 2017
Graves blanc – Amigne de Vétroz – Didier Joris – Wallis (CH) – 2015
Sous-Frétille – Pernand-Vergelesses – Burgund (FR) – 2019
Cims de Porrera – Classis – Porrera – Priorat (ES) – 2013
Sommelier’s Choise – Portwein
Yuzu Sake – Fukuku – Hyogo – Japan

Website: www.aupavillon.ch

Wertung: Gourmör // Michelin // Gault-Millau

Sonderauszeichnungen: Hier fühlt man sich besonders wohl // Auszeichnung für eine tolle Weinbegleitung

(Besucht im März 2022)

Einstein Gourmet in St. Gallen

Endlich wieder Spitzengastronomie! Die Restaurants sind zwar auch in der Schweiz seit vier Monaten wegen dem grassierenden Corona-Virus geschlossen, doch für Foodies auf Entzug gibt es hierzulande eine Möglichkeit doch noch zum Stoff zu kommen: Hotel-Restaurants! Denn Hotels dürfen ihre Restaurants für Hotelgäste weiterhin öffnen. Wir unterstützen die Massnahmen für die Bekämpfung der Pandemie und sind auch schweren Herzens den geöffneten Skipisten ferngeblieben, doch ein Essen in einem Spitzenrestaurant gönnen wir uns nach 16 Wochen selber kochen.

Als Medizin um die Sehnsucht zu stillen, wählen wir mit dem Einstein in St. Gallen eines der besten Restaurants der Schweiz aus. Noch vor sechs Jahren war das Restaurant im Herzen von St. Gallen keinem Gourmet ein Begriff. Doch bereits seit dem zweiten Betriebsjahr, zählt die Adresse zu den Top-25 der Schweiz. Dies ist Sebastian Zier zu verdanken. Der gebürtige Schwarzwälder kochte auf Sylt bevor er 2015 in St. Gallen anheuerte. Ausser Zier glaubten beim Start wohl nur die Wenigsten, dass er aus dem etwas angestaubten Restaurant eine Top-Adresse entwickeln kann. Doch bereits wenige Monate nach dem Start holte die Brigade den ersten Stern und 17 Punkte vom Gault-Millau. Zwei Jahre später gab es von Michelin den zweiten Macaron und vom gelben Guide den 18. Punkt. In der Zwischenzeit wurde auch das Restaurant etwas aufgehübscht, die Weinkarte beeindruckend vergrössert und der Service ausgebaut.

Der Besuch vor zwei Jahren hat uns nachhaltig begeistert. Damals auch wegen der orientalischen Note, welche Moses Ceylan, der zweite Küchenchef neben Sebastian Zier, ins Menü brachte. Ceylan verliess im letzten Jahr das Einstein. Als wir an diesem sonnigen am kühlen März-Tag das Restaurant betreten sind wir entsprechend gespannt wie sich die Küche nach dem Weggang von Ceylan verändert hat. Unsere Vorfreude ist auf jeden Fall riesig.

Ein Lift führt uns von der Lobby in den 5. Stock. Wir werden freundlich willkommen geheissen und an unseren Tisch begleitet. Bereits sind fast alle Tische besetzt – wissen die Gäste, dass die Hotelrestaurants aufgrund der aktuellen Situation spätestens um 23 Uhr schliessen müssen. Pro Abend kommen circa 24 Personen in den Genuss der 2-Sterne-Küche. Die Abstände zwischen den Tischen sind grosszügig. Dies bringt nicht nur aus pandemischer Sicht Vorteile, sondern ist auch für alle die einen gemütlichen Abend geniessen wollen ein angenehmer Pluspunkt. Der Service ist von Beginn weg sehr aufmerksam und freundlich. Das junge Team ist elegant-lässig gekleidet und führt sehr professionell durch den Abend. Die sieben Tische sind edel eingedeckt. Da sieht man als Gast auch gerne über den etwas biederen Teppich hinweg. Wir fühlen uns hier im Einstein von Beginn weg sehr wohl.

Kaum ist das bestellte Glas Champagner serviert, legt auch schon die Küche mit den ersten Apéro-Häppchen (9/10) los. Diese demonstrieren was uns optisch und geschmacklich in den nächsten 3 Stunden erwartet. Die visuelle Handschrift ist unverkennbar. Fast jeder Teller ist eine Augenweide. Bei uns steht der Geschmack zwar weit vor der Optik, aber wenn man beides haben kann, gerne! Und geschmacklich gibt man definitiv Vollgas. Dabei setzt man weniger auf Eleganz dafür umso mehr auf mutig abgeschmeckte Kompositionen. Auch mit dem Salzgehalt bewegt man sich immer mutig am Limit. Meistens wird der Einsatz belohnt, bei einzelnen Komponenten ist es derweil etwas zu wagemutig. Zum Beispiel bei der Krustentier-Bisque bei der die salzige Note für unseren Geschmack etwas zu stark sind. Dafür sind die beiden andere Happen so richtig brillant. Der Kalbskopf zeigt die Genialität von Zier am besten. Wahnsinns Geschmack, perfekte Säure, leicht knusprig, wunderbar buttriges Brötchen – wir wünschen uns schon jetzt, dass dieser Abend nie mehr enden soll. Ebenfalls sackstark das Ei gefüllt mit einem Chorizo-Sud mit geflämmter Jakobsmuschel und dem Geschmack nach sonnnengereiften Peperoni. Absolut wahnsinnig. Sollte ein Gast vor den Apéro-Häppchen noch überlegt haben, in welchem Umfang er das Menü bestellen soll (es gibt keine Auswahl à la carte), wird seine Wahl nach dem genialen Auftakt garantiert auf die komplette Variante in 6-Gängen fallen.

Die nun gereichte Weinkarte ist sehr umfangreich, besticht mit einer guten Jahrgangstiefe und ist fair kalkuliert. Der Fokus liegt auf den Ländern Schweiz, Italien, Spanien, Österreich, Deutschland und Frankreich. Bei letzterem mit Fokus auf Bordeaux. Für die Bordeaux-Weine hat man erst kürzlich einen neuen Weinkeller bauen lassen – fragt beim Besuch unbedingt, ob ihr diesen während dem Abend einmal anschauen könnt – es lohnt sich! Wir überlassen die Wahl der passenden Weinen Restaurantmanager Loris Lenzo, seine Begeisterung für Weine ist spürbar und wir sind sicher, dass wir bei ihm in den richtigen Händen sind.

Der lange Fussmarsch durch St. Gallen hat hungrig gemacht, entsprechend freuen wir uns auf das servierte Brot. Beide Sorten sind ungewöhnlich, aber extrem gut. Begleitet wird es von einer leicht gesalzenen Butter, sowie einem ausgezeichneten Hollandaise-Aufstrich. Schade, dass man dem Gast nicht ein paar Minuten Zeit lässt sich dem Brot zu widmen. Wie schon beim letzten Besuch wird nämlich fast zeitgleich das Amuse Bouche (9/10) serviert. Und die Aufmerksamkeit wird dann sehr rasch darauf gelenkt. Zum einen, weil das Gericht wunderschön präsentiert wird und zum anderen wegen dem absolut hervorragenden Geschmacksbild. Das Gericht aus Quinoa schmeckt unglaublich frisch und spannend. Wir sind beeindruckt. Da hätte es den Show-Einsatz mit dem Trockeneis nicht gebraucht – der wuchtige Geschmack ist Show genug. Ein Blick in die begeisterten Gesichter an den Nachbartischen legiimiert den Einsatz dieses etwas aus der Mode gekommenen Stilistik.

Mit dem Carabinero (8/10) startet das eigentliche Menü. Zier setzt auf die mittelgrossen Exemplare und bezieht das rote Krustentier aus den Gewässern vor Portugal. Der Carabinero wird über Holzkohlen gegart. Das Raucharoma ist dabei einen Tick zu intensiv und schmeckt dadurch etwas unnatürlich. Hier wäre etwas weniger mehr gewesen. Aber das ist Klagen auf hohem Niveau, denn ansonsten ist das wiederum ein ausgezeichnetes Gericht. Geschmacksvoll beschreibt dann auch das nächste Gericht mit dem coolen Namen Eggs Benedict (8/10) einer unserer Lieblings-Frühstücks-Optionen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass vor uns ein Teller Pasta steht, es handelt sich jedoch um Eigelb in Form von Nudeln. Es ist ein Gericht zum Reinknien. Das schlotzige Gericht ist voller Power und der Speck sorgt für eine süchtig machende Note.

Dass die Brigade auch mit Fisch umgehen kann, beweisen sie anschliessend eindrücklich mit dem genialen Zander (9/10). Der Fisch ist perfekt gegart und von allerbester Qualität. Begleitet wird der aus dem Lago Maggiore stammende Zander von einer hervorragenden Nussbutter-Beurre-Blanc. Ebenfalls uneingeschränkt grossartig ist der Hauptgang mit dem US-Flanksteak (9/10). Das Fleisch ist zart und hat viel Geschmack. Die Sauce ist eine Wucht und hat viel mehr Power als sie Optisch den Eindruck macht. Das ist ganz grosses Kino und macht unglaublich viel Spass.

Wir würden am liebsten den ganzen Abend weiteressen. Die Küche im Einstein macht unglaublich viel Spass. Zum Glück gibt es noch einen Gang vor den Desserts: der Käsegang. Während beim letzten Besuch noch ein Käsewagen seine Runden drehte, hat der neue Küchenchef Richard Schmidtkonz ein Käsegericht mit Mimolette (8/10) konzipiert. Überflüssig zu erwähnen, dass auch dieser Gang powert. Die Kombination aus dem Käse und der Trüffel-Crème ist genial.

Nun gehört die Bühne Patissier Alexander Fink. Er kann das extrem hohe Niveau der salzigen Gänge halten und auch optisch spielt das Gebotene ebenfalls in der Champions-League. Geschmacklich hat das Pré Dessert (9/10) die Nase vorn. Die erfrischenden Komponenten aus Milcheis, Limette und Birnen schmeckt phänomenal. Ebenfalls top ist das Hauptdessert (8/10) in Form von verschiedenen Kugeln Passionfrucht, Schokolade – in perfekter Harmonie.

Zum Abschluss serviert man uns noch traumhaft schöne und geschmacklich wundervolle Petit Fours (8/10). Wobei wir uns nach dem super Bananen-Häppchen die Frage stellen, weshalb die gelbe Frucht in Gourmet-Restaurants nicht öfters zum Einsatz kommt.

Fazit: Kurz vor halb elf sitzen wir überglücklich am Tisch. Das hohe Niveau vom letzten Besuch konnte eindrücklich bestätigt werden. Es ist beeindruckend in welch hoher Konstanz die 5-köpfige Brigade solch phänomenale Gerichte schickt und dabei optische Kunstwerke schaft die man nur ungern mit Messer und Gabel zerstört. In unseren Erinnerungen werden sie auf jeden Fall weiterexisiteren. Handwerklich ist alles perfekt und die geschmackliche Power beeindruckt. Wir sind entsprechend auch nach dem zweiten Besuch extrem glücklich und können allen Gourmets eine Reise nach St. Gallen wärmstens ans Herz legen.

Weine: Als Gast wählt man aus einer der grössten Weinkarten der Schweiz. Ebenfalls bietet man eine Weinbegleitung (6 Gänge für 110 Franken). Restaurantleiter Loris Lenzo begleitete unser Menü mit folgenden Weinen:

2019 Saumur les Moulins – Domaine Guiberteau – Loire, Frankreich
2015 Gründer Veltliner Lamm – Weingut Bründlmayer – Kamptal, Österreich
2016 Riesling Terra Montosa – Weingut Georg Breuer – Rheingau, Deutschland
2014 Les Epalins Syrah – Domaine La Rodeline – Wallis, Schweiz
Brut Rosé – Weingut Obrecht – Graubünden, Schweiz
2014 Riesling Spätlese Schlossgut Diel – Nahe, Deutschland


Wertung: Gourmör // Michelin

Sonderauszeichnung: Hier fühlt man sich besonders wohl // Auszeichnung für eine tolle Weinbegleitung

(Besucht im März 2021)