Griggeler Stuba (Burg Vital Hotel), Lech (A)

Einen sonnigen Tag auf der Skipiste und am Abend ein Diner in einem 18 Punkte Restaurant? Das hatten wir schon einmal und zwar in Saas-Fee als wir nach einem Tag im Schnee ein tolles Menü im Fletschhorn geniessen durften (zum Bericht). Auch im genialen Skigebiet Lech (Österreich) gibt es ein 18 Punkte Restaurant welches bis zum Ausstieg von Michelin in Österreich auch einen der begehrten Sterne tragen durfte. Das passende Michelin-Schild hängt übrigens immer noch wehmütig an der Eingangstür.

Die Griggeler Stuba gehört zum schönen Burg Vital Hotel. Thorsten Propost, Jahrgang 1973, kocht hier seit Jahren für alle Halbpansion-Hotelgäste sowie die Besucher der Griggeler Stuba, dem Gourmet Bereich. Der Österreicher ist dafür bekannt mit Zutaten aus der Region zu kochen. Er zieht die Süsswasserfische aus Zug (Nachbardorf von Lech) einem Lobster aus der Bretagne vor. Seine grösste Passion gilt aber den Kräutern. Er kennt sie alle und er weiss auch mit welchem Kraut er den jeweiligen Gang verfeinern kann. Und so hat auf jedem Teller ein anderes Kraut seinen Auftritt. Zum besseren Verständnis wird dazu jeweils das passende Grün samt Topf auf den Tisch gestellt.

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Zuallererst durften wir mit der Sommelière in den schönen Weinkeller (wir haben im Voraus angefragt). Über 1’600 verschiedene Flaschen warten hier unten auf ihre Kredenzung. Der erste Weisswein musste dann auch gleich dran glauben. Der servierte Pichler-Krutzler schmeckte genial und man hörte dem Fachwissen der aufgestellten Tanja Gohrke gleich gleich noch freudiger zu.

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Das eigentliche Gourmetlokal, die Griggeler Stuba, ist vom restlichen Hotelrestaurant nicht abgeschnitten sondern nur leicht abgetrennt. Dadurch wurden wir auch eine Zeitlang vom Kindergeschrei aus dem vorderen Restaurant begleitet. Der Gourmetteil besitzt gerade mal fünf Tische wovon bei unserem Besuch, nach der Hauptsaison, deren vier unbesetzt blieben(!). Für die Stimmung sicher kein Pluspunkt, denn es ist schon etwas speziell so im Fokus zu stehen. Dank dem professionellen aber auch sehr freundlichen Service hat sich dieses Unbehagen aber bald ein wenig gelegt.

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Vor dem Essen kam der Chef persönlich an den Tisch und brachte einen kleinen Happen mit. Dieser schmeckte sehr spannend und steigerte die Vorfreude aufs Menü. Dieses wird als Überraschung in 6 oder 7 Gängen serviert. Wir entschieden uns für die grössere Variante und warteten gespannt auf den Start. Davor bot man uns aber noch vier feine Brote [4/6] an. Diese wurden nach der Wahl zurecht geschnitten und mit einer silbernen Zange auf den Teller gelegt. Dazu gab es gesalzene Butter und vier verschiedene Salze.

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Die Säfte: Erbse (Affila Kresse) / Erbse (Mustard) / Erbse (Pimpinelle) [5 /10]
Damit man sich an das Thema mit der Kräuterwürzung besser herantasten konnte, gab es zum Start drei Gläser mit kühlem Erbsenjus. Jeder wurde mit einem anderen Kraut verfeinert. Dazu lag vor jedem Glas ein kleines Müsterchen. Vom Maître wurden wir aufgefordert das Kraut zuerst ein wenig zu kauen und dann den Jus zu trinken. Ich war beim zerbeissen der Kräuter sehr überrascht wie intensiv diese schmeckten. Das Eine hatte eine starke Wassermelonen Note – das Andere einen intensiven Senfgout mit der dazu gehörenden Schärfe. Verfeinert mit den Erbsen war das Aroma im Glas aber schon wesentlich milder. Dieses Manko, dass die Kräuter zwar „nackt“ intensiv schmeckten aber im einzelnen Gericht trotzdem nicht richtig herausstachen, begleitete das ganze Menü.

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Der gedämpfte Hecht mit Karfiolcreme und Radicchio (Wilder Ysap) [- /10]
Die erste Enttäuschung! Der Fisch war fad und langweilig. Dem stand die Begleitung in Form von Karfiolcreme (Blumenkohl) sowie Radicchio in nichts nach. Zudem war die Portion, obwohl sie hier auf dem Bild nicht so aussieht, sehr (!) klein. Ich würde sehr gerne etwas Positives schreiben aber bis auf die Tatsache, dass der Fisch tadellos zubereitet war, gibt es leider nichts zu loben.

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Das Felchen mit Saubohnen in der Grünen Veltinersuppe (Indischer Borretsch) [6 /10]
Dieser Fisch war besser, aber immer noch zu fad. Zum guten Glück wurde das Felchen aber noch in einen unglaublich tollen „See“ gebettet. Der Service leerte stilvoll ein bisschen grüne Veltinersuppe ins Porzellan. Die Suppe war wunderbar abgeschmeckt und schmeckte sehr, sehr gut. Schade nur, dass man uns keinen Löffel reichte. Die Saubohnen waren übrigens ebenfalls toll und passten wunderbar!

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Der gebratene Zander auf cremigem Spinat und Morcheln (Toon) [5 /10]
Man hat uns zu Beginn darauf aufmerksam gemacht, dass der Koch nur sehr zurückhaltend würzt. Deshalb bin ich beim dritten Fisch über meinen Schatten gesprungen und habe zum ersten Mal in einem Restaurant zum Salz gegriffen. Der Fisch selber war sehr gut gebraten. Die Kruste kross, das Fleisch innen saftig. Der Spinat schmeckte nach nichts, die feinen Morcheln dominierten. Doch trotz der Morcheln und der knuspriger Haut wird mir dieser Gang nicht lange in Erinnerung bleiben.

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Der Rücken vom Schaf mit roten Linsen (Schnittlauch & Kren) [5 /10]
Endlich (!) etwas anderes als Fisch. Das Schaf war wunderbar. Man roch, dass man kein Kuhfleisch isst und trotzdem war der Geschmack weit vom „böckelen“ entfernt. Der Kren (Meerrettich) wird in Österreich oft aufgetischt. Dieser hier war einer der milderen von denen wir an diesem Wochenende gegessen hatten. Die Linsen schmeckten sehr gut! Übrigens, das spannendste an diesem Gang war für mich die Erfahrung, dass zu einem solchen Fleisch ein Weisswein trinken kann. Dieser wurde uns nämlich hier kredenzt.

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Das Goderl vom Hanseler Hof Schwein mit zweierlei von der Topinambur (Sariette) [5/10]
Das „Goderl“ ist ein Teil vom Schweinehals und es besteht fast ausschliesslich aus Fett. Wer sich auf das Experiment einlässt wird überrascht sein wie toll so etwas schmecken kann. Das Fett war natürlich fast flüssig, also kein kauen. Und logischerweise war die Fettmasse auch äusserst geschmacksintensiv! Da ging die fade und zu wässrige Topinambur leider unter.

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Der Rücken vom Hanseler Hof Kalb mit Selleriecreme und roter Zwiebel (Olivenkraut) [5/10]
Auch dieser Gang war in Ordnung. Aber leider wie so viele seiner Vorgänger nicht mehr als das. Das Fleisch war zart, die Sauce aber ohne Tiefe. Die Selleriecreme sah optisch aus wie die Topinambur auf dem vorderen Teller und wie die Blumenkohlcreme unter dem Hecht. Auch der Geschmack war tragischerweise in etwa der Gleiche. Die roten Zwiebeln setzten ebenfalls keine Akzente.

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Als Pré-Dessert [8/10] wurde uns dieser Teller mit eingelegten Rhabarber, kleinen Panna cotta und dem Merengue präsentiert. Mit einem solchen Dessert hätte ich überhaupt nicht mehr gerechnet. Es schmeckte richtig spannend und sah zudem auch viel moderner aus als das bisher servierte. Toller Rhabarbergeschmack. Fein die kleinen Details!

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Dazu wurde noch ein Rhabarber Drink serviert – natürlich begleitet mit dem dazugehörigen Kraut. Der Drink war richtig toll!

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Die Schokolade von Valrhona mit Passionsfrucht, Kurkuma, Mandel (Ananas Salbei) [9/10]
Dann war es Zeit für das Hauptdessert. Auch hier mit modernen Zubereitungsarten – ob sinnvoll oder nicht – Air und Pulver à la Adrian Ferran (so wurde es uns angekündigt). Auch das Passionsfruch-Seeli war fein. Daumen hoch für den feinen Brownie mit weisser Schokoladen Haube,  so schmecken 18 Punkte! Das Highlight schlummerte aber auf einem zusätzlichen Tellerchen. Unter Blattgold und einem weichen Deckel verbarg sich eine unglaublich feine Schokoladenflüssigkeit. Durch und durch überzeugend. Einzig die Orangenkomponente (Air) hätte ich hier nicht gebraucht.

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Zum Espresso wurden die Friandeses [6/10] aufgetragen. Vor allem das weisse Praline mit Pfeffer gefiel mir.

Hier noch ein Schälchen mit Safran-Marshmelows.

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Fazit: Vor dem Besuch hoffte ich natürlich, dass ich hier ein ähnliches tolles Menü essen darf wie damals im Fletschhorn. Von der Bewertung her müsste es ja passen. Auch die Tatsache, dass beide Köche zwei Jahr vor meinem jeweiligen Besuch „Koch des Jahres“ in ihrem Land waren erhöhte meine Vorfreude. Die Hoffnung habe ich aber bereits nach dem dritten Fischgang begraben. Der Funke wollte einfach nicht überspringen. Die Würzung in den Hintergrund zu stellen und dafür auf Kräuter zu setzen welche der Gast womöglich noch nie zuvor gegessen hat und die er dann rausschmecken sollte, halte ich für gewagt. In meinem Fall gelang das Experiment nicht.  Auch eine beissfeste Begleitung habe ich vermisst. Stattdessen stand nur der Hauptdarsteller auf dem Teller umgeben von irgendeiner, meist ausdruckslosen,  Sauce oder einem Püree.

Terroir-Küche ist toll, aber dann müssen die Zutaten aussergewöhnlich sein und auch von einer charaktervollen Sauce begleitet werden. Im Fall von der Griggeler Stuba war aber leider fast alles fad und geschmacklich unspektakulär. Für mich gab es keinen Gang den ich nochmals essen möchte – bis vielleicht auf die Veltinersuppe.

Eine starke Steigerung gab es erst nach dem Hauptgang. Die tollen Desserts zauberten uns dann doch noch ein Lachen ins Gesicht, die Pâttisserie werkelte klar auf Sternennivau! Zu dem Zeitpunkt sass Propost aber bereits im vorderen Teil des Restaurants bei einem Kaffee.

Ist es schlicht nicht mein Restaurant? Oder hat man für nur einen gebuchten Tisch nicht den voll Einsatz gegeben?

Online: Auf der Homepage der Griggeler Stuba erfährt man viel über Thorsten Probost und die Philosophie seiner Küche. Ebenfalls kann man auch sein schönes Kochbuch virtuell durchblättern. Leider fehlen Beispielmenüs.

Rechnung: 7 Gänge à 119.80 € / Weinbegleitung (7 Gläser Wein) 66 €

Wertung: Gourmör / Gault-Millau 

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2 Gedanken zu “Griggeler Stuba (Burg Vital Hotel), Lech (A)

  1. Es tut mir Leid, dass Sie so enttäuscht waren, Ihre Erwartungen nicht erfüllt wurden. Das Besondere an der Probost-Küche ist aber genau jener Purismus, mit dem Sie Schwierigkeiten hatten. Fisch als Fisch und nichts anderes, von untadeliger Frische, und deshalb so behutsam begleitet, die Kräuter nur als Unterstützung. Diese Küche zwingt dazu, sich mit der Subtilität der Zutaten auseinanderzusetzen, da sie eben nicht in gewohnter Hochküchenweise vermengt werden. Für mich ist es ein sehr schwebendes Essen dort, eine sehr individuelle Küchensprache.
    Aber ich kann verstehen, dass, wenn Erwartungshaltung und Gebotenes nicht übereinstimmen, die Enttäuschung das Erleben bestimmt. Dennoch schön, dass Sie den Abend so ausführlich dokumentiert haben!

  2. Interessant: Ein Spitzenrestaurant wo die Patisserie besser als das eigentliche Essen zu sein scheint! Strange, dass sie keinen richtig wirksamen Umgang mit diesen Gewürzen verstehen.
    Mir läuft’s kalt über den Rücken wenn jemand seine Patisserie als Ferran Adria-Nachahmerei präsentieren muss – schrecklich!
    Immerhin sehen die Friandises sehr mampfhaft aus!

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