The Omnia (Restaurant) in Zermatt

Als sein Telefon im letzten Herbst klingelte war Hauke Pohl erst vor drei Monaten vom Sous-Chef zum Küchenchef befördert worden. Als er den Hörer abnahm erfuhr er von seiner geschockten Freundin, dass sie – immerhin auf dieser Seite – gelesen hatte, dass sein Restaurant den Michelin-Stern verloren hat. Ein harter Schlag für den Deutschen. Doch vermutlich lag die Streichung der begehrten Auszeichnung nicht an seinen Kochkünsten, sondern am unglücklichen Zeitpunkt für den Chef-Wechsel (die Michelin-Inspektoren haben es vermutlich nicht mehr nach Zermatt geschafft). Und da das Hotel bereits zum dritten Mal innerhalb wenigen Jahren einen Wechsel am Chefposten bekannt gab, wird man bei Michelin den nächsten Besuch abwarten wollen.

Auch wenn das Ziel nicht so formuliert ist, muss man keine grossen Menschenkenntnisse haben um zu wissen, dass Hauke den Stern möglichst rasch wieder ins The Omnia zurückkochen will. Den vielen Vorschusslorbeeren von anderen Gastronomen in der Region nach zu urteilen, sollte dies dem 32-Jährigen und seiner Brigade bereits mit der nächsten Ausgabe gelingen. Wir sind jedenfalls sehr gespannt auf den Abend, als wir das Restaurant an diesem Samstag besuchen. Noch besser das Gefühl als wir an der Reception vorbei gehen und mitbekommen, dass gerade eine Familie vertröstet werden muss, da das Lokal – wie so oft – ausgebucht ist – ein gutes Zeichen!

Den Abend könnte man in der schönen Lounge vor dem offenen Kamin starten. Als wir das Restaurant betreten sitzt dort aber bereits eine grosse Gruppe mit einer Handvoll Kindern. In vielen anderen Ländern, müsste man sich jetzt auf einen lauten Abend gefasst machen. Hierzulande machten wir aber noch nie schlechte Erfahrungen mit Kindern in der gehobenen Gastronomie und das wird sich auch an diesem Abend nicht ändern.

So geniessen wir unseren Apéro an unserem Granitstein-Tisch. Die langen Tische sind ungewohnt für ein Restaurant. Aber kaum hat man Platz genommen, schätzt man den üppigen Platz, der diese bieten. Wir erhalten nun vom charmanten Service-Team die Speisekarte und finden darauf ein Menü mit Fisch und Fleisch sowie eine rein vegetarische Variante. Ergänzt werden die Menüs durch eine kleine à la carte-Auswahl. Wir entscheiden uns für das Menü mit allen sieben Gängen und bestellen dazu ein Glas Champagner.

 

Häppchen I (7/10)

Den kulinarischen Auftakt macht eine Häppchen-Trilogie auf einer Glasplatte, welche die Messlatte schon mal nach oben setzt. Das Süsskartoffelröllchen mit der orientalischen Note ist mit einem crèmigen, geräucherten Frischkäse und Rindstatar gefüllt. Uns gefällt der leicht süss-salzige Touch der uns die Petitesse an den Gaumen zaubert. Gar noch besser ist der Zwiebel-Chip mit der wundervollen Senfnote, die für einen langanhaltenden Abgang sorgt. Komplettiert wird das Trio von einem etwas gar fragilen, aber feinen Praliné aus Foie Gras-Glace mit Trüffelmayonnaise und Perigord Trüffel.

 

Häppchen II (5/10)

Da viele ausländische Gäste gerne einen Einblick in die lokale Walliser Küche erhalten möchten, hat sich Hauke entschieden vor dem Menü eine kleine Auswahl an regionalen Gerichten im Miniformat zu servieren. Sofort ins Auge springt der aufwändig zubereitete „Walliser-Teller“ in Dreiecksform. Dieser besteht abwechselnd aus einer Schicht Trockenfleisch und Bergkäse. Die Cholera ist eine weitere Spezialität aus dem Wallis. Der Gemüsekuchen mit Kartoffeln, Käse und Äpfeln wird hier im The Omnia in Form eines geschmacklich etwas ausdruckslosen Macaron serviert. Auch das Kalbskopf-Praliné dürfte mutiger abgeschmeckt sein. Da uns auch die geschäumte Gerstensuppe, aufgrund ihrer schleimigen Konsistenz, kein Lächeln ins Gesicht zaubert, buchen wir diese Häppchenwelle als „gute Idee mit Potential nach oben“ ab.

 

Amuse Bouche: Lauwarmer Hummer (9/10)

Gänzlich hervorragend das Geschmacksbild dann aber beim Amuse Bouche. Hauke Pohl schafft eine geniale Symbiose zwischen dem Fenchel, der erdigen Note vom Selleriefond und dem tollen, lauwarmen Hummer, der mit seinem typischen Geschmack begeistert. Das Aroma auf dem Teller ist charaktervoll, herausfordernd und in vielen Punkten anders als vieles was wir zuvor je geschmeckt haben. Beeindruckend! Auch ganz stark wie die Brigade das Spiel mit den verschiedenen Konsistenzen und Temperaturen beherrscht.

 

Brot

Das Brot stammt von der Bäckerei Biner unten im Dorf. Die drei Brotsorten sind sehr frisch, wundervoll knusprig und sehr fein im Aroma. Richtig toll schmeckt das Gebäck in Kombination mit den verschiedenen Brotaufstrichen. Es gibt selbstgemachte Butter und ein wundervoller Haselnuss-Frischkäse.

 

Auster // Blätterteig / Kaviar / Spargel (7/10)

Anschliessend eröffnet die prächtige Gillardeau-Auster das eigentliche Menü. Die Muschel ist von ausgezeichneter Qualität und wird von einer Nocke Ossetra-Kaviar begleitet – ein absolut delikates Vergnügen! Die meerige Kombination wird auf dem Hauptteller fortgesetzt. Hier kommt mit dem buttrigen Blätterteig – als kleine Kissen und in Form von einem genialen Glacé (!) – ein spannender und ungewohnter Protagonist hinzu. Der buttrige Geschmack passt überraschend gut zur jodigen Auster und dem wundervollen Kaviar. Die Spargeln sind schliesslich die erster Frühlingsboten, obwohl man sich in unseren Augen, aufgrund des noch fehlenden Geschmacks, für ein anderes Produkt hätte entscheiden müssen. Aber wir haben Verständnis, dass es für einen Koch am Ende des langen Winters sehr verlockend ist, den Gästewünschen nach dem Frühlingsgemüse Folge zu leisten.

 

Foie Gras // Kaisergranat / Rotes Curry / Koriander (8/10)

Beim nächsten Gericht zaubert Hauke Pohl wieder ein besonderes Aroma auf den Teller. Die Kombination zwischen der Gänseleber (welche noch intensiver sein dürfte), dem köstlichen Kaisergranat und den asiatischen Aromen von Curry, Koriander sowie dem sagenhaften Ingwer-Galgant-Eis ist ausgezeichnet. Die gepufften Tapioka mit rotem Curry sorgen für eine crunchy-spicy Textur. Exotisch und trotzdem überraschend bodenständig.

 

Forelle // Escabèche / Karotte / Meerrettich (5/10)

Nach dem intensiven Menüauftakt folgt mit der Forelle ein eher subtiler Zwischengang. Der Fisch liegt in einem angenehm süssen Escabeche Fond und wird von Rüebli, Forellenrogen und Peperoni begleitet. Für uns schmeckt die Komposition etwas zu eindimensional. Trotzdem haben wir unsere Freude mit dem saftigen Süsswasserfisch.

 

Kohlrabi // Bärlauch / Morchel / Amalfi Zitrone (6/10)

Dass Hauke Pohl auch vegetarisch kochen kann, beweist er mit diesem auf Salz gegartem Kohlrabi. Die eine Hälfte ist mit herrlichem Bärlauch gratiniert – das grüne Wildgemüse passt sehr gut zum Kohlrabi. Die andere Hälfte des Kohls ist mit Champignons, Morcheln und Pilzcrème bedeckt. Wobei uns die ersten Morcheln der Saison geschmacklich überhaupt nicht zu begeistern vermögen – dazu fehlt ihr typischer Geschmack. Begeistern vermag uns dafür der eindrückliche Gemüsejus der den feinen Kohlrabi mächtig unterstreicht und eindrücklich demonstriert wie viel Power ein vegetarisches Gericht haben kann.

 

Kalb // Erbse / Kartoffel aus dem Albulatal / Sauerampfer (8/10)

Im Hauptgang dreht die Brigade nochmals auf und zaubert eine aufwändige Kalbsvariation auf den Teller. Im Hauptteller liegt ein Tafelspitz in vollendeter Form. Noch nie wurde uns dieses Stück Fleisch so zart und geschmacksintensiv serviert. Grossartig auch die glasierten Milken, die feinen Röllchen von der Kalbszunge und die wunderbar süssen Erbsen. Die geschmacksintensiven grünen Perlen wurden auch noch zu einer genialen Hollandaise mit Sauerampfer verarbeitet. Der süss-herbe Kontrast passt hervorragend zum feinen Tafelspitz.

À part gibt es noch eine traumhafte Erbsenschaumsuppe mit getrocknetem Kalbsherz-Chip und auf einem zweiten Schälchen eine geschmorte Kalbsbacke mit einer ausgezeichneten Sauce und einem etwas zurückhaltend abgeschmeckten Kartoffelschnee.

 

Käse

Vom gut sortierten Käsewagen bestellen wir eine kleine Selektion. Dazu reicht man uns einen Teller mit Honig, feinem Früchtebrot, Nüssen und Dörrfrüchten.

 

Rhabarber // Zitronenmelisse / Pistazie (6/10)

Das Dessert ist sehr schön inszeniert. Es ist verspielt und der goldene Milchchip funkelt wunderschön im Licht. Am Tisch wird noch ein rosafarbener Rhabarberfond über die Zuckerwatte gegossen, wodurch diese schmilzt. Geschmacklich dreht sich alles um die Rhabarber. Begleitet wird die Frucht mit der schönen – aber etwas dominanten – Säure von etwas Kokos und ebenfalls säurebetonter Zitronenmelisse. Am besten gefällt uns die Komposition auf dem kleinen Schälchen neben dem Teller. Der gefrorene Rhabarber-Sponge mit dem Rhabarber-Gel und dem genialen Melissenblatt schmeckt zeitgleich intensiv und erfrischend und stellt auch geschmacklich die Rhabarber sehr schön ins Zentrum.

 

Apré-Dessert (7/10)

Statt dem üblichen pré Dessert gib es heute Abend ein apré Dessert. Und dieses legt gegenüber dem Hauptdessert sogar noch einen Zacken zu. Dazu greift die Pâtisserie auf die exotische Frucht Atemoya zurück um daraus ein Griess-Flan zu zaubern. Dazu gibt es ein sehr gutes Kokosnuss-Sorbet, knackige Schokoladenchips sowie caramelisierte Ananas.

 

Friandieses (6/10)

Zum Finale dürfen wir am Tisch noch Marshmallows bräteln. Da man weiss, dass die meisten Gäste nach dem süssen Abschluss oftmals keinen Hunger mehr haben, gibt man die feinen Friandises in einer praktischen Box mit nach Hause.

 

Fazit: Wir verbrachten im The Omnia einen wundervollen Abend. Die Stimmung ist nicht nur wegen dem warmen Cheminée-Feuer richtig schön gemütlich, sondern auch dank der ruhigen Stimmung und dem sehr freundlichen und aufmerksamen Service. Das Team um Restaurantleiterin Cornelia Brändli macht einen sehr guten Job. Doch der Hauptgrund, weshalb sich ein Besuch im Restaurant hoch über Zermatt lohnt sind natürlich die Speisen. Hauke Pohl und seine Brigade geben mächtig Gas. Bei jedem Gericht spürt und schmeckt der Gast die Leidenschaft mit der in der Küche gearbeitet wird. Hochwertige Produkte und aufwändige Zubereitungsmethoden werden verwendet um spannende Geschmacksbilder zu zeichnen. Highlights waren das Amuse Bouche und der Hauptgang, die uns nicht nur Produkte in Referenzqualität boten (Tafelspitz) sondern auch neue Geschmackskombinationen offenbarten. Jetzt muss man es nur noch schaffen das hohe Niveau der einzelnen Gerichte und Komponenten aufs Ganze Menü auszudehnen. Denn zum Teil standen einem hervorragenden Geschmackserlebnis nur Kleinigkeiten im Weg. Wir sind sehr gespannt wie sich der junge Chef entwickelt und sind überzeugt, dass im nächsten Winter wieder ein Stern über dem Restaurant leuchten wird. Das The Omnia ist übrigens das einzige Spitzenrestaurant in Zermatt, welches auch im Sommer geöffnet hat.

Hauke Pohl, Diogo Filipe, Tony Rudolph, Pietro Schmid, Natalie Kiernan, Johannes Wolf, Muriel Bussard, Timm Hagelmann, Cornelia Brändli, Markus Rösch, Lena Baas, Lukas Kaufmann (v.l.n.r.)

Speisekarte: Zwei verschiedene Menüs stehen zur Auswahl. Eines mit Fleisch und Fisch, das andere ein rein vegetarisches. 4 Gänge kosten 139 Franken, 5 Gänge 153 Franken, 6 Gänge 174 Franken und 7 Gänge 185 Franken. Die vegetarische Variante ist leicht günstiger. Alternativ gibt es noch eine Auswahl à la carte. Die Vorspeisen kosten 23 und 39 Franken, die Hauptgänge zwischen 57 und 75 Franken. Die Desserts kosten 23 Franken.

Wein: Zu den Menüs bietet man auch eine extra darauf abgestimmte Weinbegleitung an. Diese kostet 75 Franken bei 4 Gängen bis 106 Franken bei 7 Gängen. Alternativ steht auch eine grosse Auswahl an Flaschenweinen zur Verfügung. Diese Weinbegleitung wurde uns für 106 Franken serviert:

Franciacorta ca del bosco, Lombardei (I)
2015 Riesling Spätlese, Weingut Schloss Lieser, Thomas Haag, Mosel (D)
2015 Merlot Bianco, Les Tonneliers, Robert Gillard, Wallis (CH)
2013 Syrah, Alexandre Delétraz & Dominique Derisbourg, Wallis (CH)
2011 Merlot und Cabernet Franc, Château Larmande Grand Cru classé, Saint-Emilion (F)
2007 Syrah, Val Fado, Cave Biber, Wallis (CH)
2015 Chardonnay Beerenauslese, Gruber Röschitz, Weinviertel, (Ö)

Zeit: Das grosse Menü wurde in 3.5 Stunden serviert.

Website: https://www.the-omnia.com/

Wertung: Gourmör / Gault-Millau

Sonderauszeichnung: Hier fühlt man sich besonders wohl / Auszeichnung für eine tolle Weinbegleitung

(Besucht im April 2018)

Da Vittorio – St. Moritz in St. Moritz

Zum Da Vittorio – St. Moritz gibt es eine neue Kritik. 

 

In St. Moritz fliesst Champagner in Strömen und der Konsum von Edelprodukten wie Trüffel und Kaviar sind rekordverdächtig. Restaurants in der kulinarischen Spitzenliga findet man indes nur wenige. So leuchtet über der weltberühmten Destination, gerade einmal einer der 122 Schweizer Michelin Sterne. Für Gourmets umso erfreulicher, dass man pünktlich zum Saisonstart 12/13 im Hotel Carlton kulinarisch aufrüstete. Die Familie Cerea, Betreiberin des mit 3 Michelin Sternen ausgezeichneten Da Vittorio in Italien, eröffnete im Nobelhotel eine Dependance. Diese hat während den Wintermonaten Dezember bis März geöffnet.

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Bereits diese vier Monate stellen die Familie Cerea vor eine logistische Herausforderung. Ihr Restaurant in Brusaporto ist während dieser Zeit nämlich ebenfalls geöffnet. Da man in St. Moritz nicht nur mit dem Namen wirbt, sondern das Engagement auch personell sehr ernst nimmt, pendeln die einzelnen Familienmitglieder zwischen den zwei Standorten hin und her. Die Chance ist also gross, dass man auch einen der beiden bekannten Brüder Enrico oder Roberto hier antrifft.

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Wir sind gespannt wie sich das Restaurant in den ersten Monaten entwickelt hat und reservieren an einem Märzwochenende einen Tisch. Das Wetter ist wieder einmal viel besser als es die Wetterstationen zuvor prognostiziert hatten. Der Tag auf der Piste ist entsprechend lang und kräfteraubend. Anschliessend freuen wir uns auf ein tolles Abendessen im Da Vittorio – St. Moritz.

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Das Interieur wurde vom vorherigen Restaurant Tschinè übernommen. Für Anpassungen blieb keine Zeit, denn der Vertrag für das neue Gourmetrestaurant wurde erst kurz vor Saisonstart unterschrieben. Modifikationen sind aber auch nicht nötigen, denn die Einrichtung ist sehr hochwertig, stilvoll und deckt sich mit unserer Vorstellung von einem edlen italienischen Restaurant.

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Auf der eleganten, grossformatigen Menükarte finden wir neben dem Degustationsmenü auch einige à la carte Gerichte. Wie erwartet sind die Preise sehr hoch, gar höher als im Haupthaus in Italien. Wir entscheiden uns für das Menü (290 Franken) und erhalten als erstes hausgemachte Grissini auf den Tisch.

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Brot

Weiter geht es mit einer kleinen Brotauswahl, bei der uns das luftige Salzbrötchen sehr gut gefällt. Die anderen drei Sorten schmecken etwas ausdruckslos. Ein Aufstrich wird nicht angeboten.

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Das Menü startet mit einem Gruss aus der Küche:

Gamberetti et pomodoro [5/10]

Die frischen Crevetten sind beeindruckend. Wir wähnen uns in einem Restaurant irgendwo am Meer. Mit diesem Amuse demonstriert die Cerea-Crew eindrücklich die gute Beziehung zu den Mailänder Fischhändler. Eine solche Produktqualität ist eine Steilvorlage für jeden Koch. Diese hat man hier nicht konsequent genug genutzt. Die Kombination mit Tomate, Pesto und einer Art Polenta ist zwar fein, geschmacklich wirkt das Ergebnis aber eher unharmonisch.

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Spaghettini di tonno con bagna cauda e crumble di pistacchi [5/10]

Weiter geht es mit einem sehr feinen Tunfisch. Dieser ist von einer tollen piemontesischer Pistazien Sauce umgeben. Die Kombination zwischen dem subtilen Fisch und der charaktervollen Sauce harmoniert wenig – dem Fisch bleiben neben der wuchtigen Sauce keine Entfaltungsmöglichkeiten.

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Calamaretti spillo con spuma prezzemolo e olive taggiasche [-/10]

Die Calamaretti sind wunderbar, jedoch naturgemäss von subtilem Geschmack. Deshalb ist es für uns unverständlich, weshalb man sie mit diesem, wiederum sehr geschmacksintensiven, Espuma aus Petersilie und Oliven, kombiniert.

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Scampo al burro nocciola con crema die mandorle e roveja [-/10]

Das nächste Gericht enttäuscht. Der Scampo ist unangenehm pampig und wird von einem komplett geschmacksneutralen Pürée aus Mandeln und Knoblauch begleitet. Dies ist bereits das dritte Gericht in Folge, welches von einem eher schweren Purée dominiert wird und dabei vom Hauptakteur ablenkt anstatt ihn zu unterstreichen.

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Paccheri alla Vittorio [-/10]

Das Pasta Gericht gehört zu den Signature Dishes und wird am Tisch, mit gut gereiftem Parmesan, vollendet. Wir haben Glück, Roberto „Bobo“ Cerea ist anwesend und gibt uns die Ehre, dieses Gericht für uns zuzubereiten. Das Ergebnis lässt sich sehen. Al dente gekochte Paccheri an einer feinen Tomatensauce. Der Parmesan sorgt für die passende Note. Etwas mehr Basilikum – auf unserem Teller gerade mal ein Blatt – würde das Gericht bestimmt um eine weitere Facette bereichern. Doch auch so ist es ein überzeugender Pastateller wie man ihn bei einem guten Italiener erwartet und auch meistens serviert bekommt.

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Rombo con meringa di baccalà e salsa miele e acciughe [-/10]

Zeit für den Hauptgang. Unter einem Baiser vom Kabeljau, finden wir einen gebackenen Steinbutt mit feinem Eigengeschmack. Während uns auf dem Teller der spannend gewürzte Salat sehr gut gefällt, vermissen wir beim Fisch die Harmonie und Eleganz. So wirkt diese Komposition wegen dem Baiser unausgewogen und schwer.

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Pré Dessert [6/10]

Die Erfrischung in Form von einem grünen Apfelsorbet, kommt gerade richtig. Uns gefällt die säurehaltige Frucht, in Kombination mit dem Caramel und der Schokolade, sehr gut.

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Luftschokolade, Haselnuss-Parfait, kalte Schokoladen Crème und Eiskaffee [8/10]

Genial dann das Hauptdessert. Die abwechslungsreichen Texturen, die Kombination aus Schokolade und Caramel, die leicht caramelisierten Nüsse und der frisch darüber geträufelte Espresso sind schlicht genial. Ein spannendes und sehr abwechslungsreiches Dessert.

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Friandises [5/10]

Zeitgleich mit dem letzten Dessert werden auch die Häppchen serviert. Die feinen Friandises, eine Kombination aus Italienischen Spezialitäten und modernen Kreationen, schliessen das Menü ab.

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Schokolade

Ganz zum Schluss dürfen wir aus den grossen Glasbehältern ein paar Schokoladenköstlichkeiten auswählen.

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Fazit: Es wäre blauäugig zu erwarten, dass man hier innerhalb von lediglich vier Monaten ein 3 Sterne Restaurant installieren konnte. Jedem Gast, der sich auch nur annähernd für die Spitzengastronomie interessiert, wird klar sein, dass es für eine solche Auszeichnung viel mehr Zeit braucht. Dementsprechend betraten wir das Restaurant mit hohen, aber erfüllbaren Erwartungen. Dass diese nicht alle erreicht wurden, liegt zum Grossteil an der fehlenden Raffinesse bei der Zubereitung der Speisen. Fast durchgehend waren die Gerichte schwer und wenig ausbalanciert. Begeisterung herrschte nur über die hohe Qualität der Meerestiere und die tollen Desserts.

Unser Besuch in St. Moritz hat gezeigt, dass man im Da Vittorio – St. Moritz auf dem richtigen Weg ist, dieser aber noch sehr lange ist. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich das Restaurant in der zweiten Saison entwickelt. Denn während man für die ersten vier Monate fast keine Vorbereitungszeit hatte, kann man für die nächste Periode detailliert planen und auf die gewonnenen Erkenntnisse aufbauen. Dank der hervorragenden Ausgangslage (Know-how, Produkte, Finanzen) steht dem Ableger in St. Moritz grundsätzlich nach oben alles offen – auch 3 Sterne.

Menü: Das Degustationsmenü in 6 Gängen, mit Amuse Bouche, Pré Dessert und Friandises wird mit 290 Franken verrechnet. À la carte kosten die acht Vorspeisen zwischen 40 – 160 Franken, die vier Hauptgerichte 75 – 120 Franken und eine handvoll Desserts zwischen 35 – 40 Franken.

Zeit: Die Abstände zwischen den einzelnen Gerichten sind recht kurz. Im Schnitt warteten wir lediglich 12 Minuten auf den nächsten Teller. Was bei einem umfangreichen Menü passt, endet hier etwas gar früh. Nach 2 Stunden und 15 Minuten war das Dîner bereits zu Ende.

Wein: Offensichtlich fragen hier nur die wenigsten Gäste nach einer Weinbegleitung. Entsprechend überfordert war dann auch der Sommelier mit unserem Wunsch. Ergebnis: der kredenzte Weisswein begleitete uns drei Gänge lang, der Rotwein stammte, etwas uninspiriert, aus dem Offenangebot von der Carlton-Bar.

Online: Die Website des Carlton ist toll. Auch die Unterseite für das Da Vittorio – St. Moritz ist sehr einladend und bietet viele Informationen.

Wertung: Gourmör O0

Sonderauszeichnung:   Fumoir vorhanden

(Besucht im März 2013)

Kreuzwirt in Leutschach (Österreich)

Die hügelige Landschaft Südsteiermarks ist unglaublich schön und erinnert uns an Jacksons Interpretation des Auenlands. Dass an diesen steilen Hanglagen einige weisse Trauben vorzüglich gedeihen, beweisen Besuche bei Weinbauern wie Peter Skoff, Hannes Sabathi und Tement. Dabei hat uns ein 11 jähriger Savignon Blanc so stark begeistert, dass wir überzeugt sind, in Zukunft vermehrt Erzeugnissen aus dieser Region kredenzt zu bekommen.

Wir sind auf dem Weg nach Leutschach, einem kleinen Dorf inmitten von Rebbergen. Dort besuchen wir das Restaurant ‚Kreuzwirt‘, welches an einer schönen Hanglage steht. Neben dem Restaurant findet man auf dem „Gut Pössnitzberg“ auch ein Hotel mit 40 modernern Zimmern sowie eine eigene Sektmanufaktur.

Am Herd des Haubenlokals ‚Kreuzwirt‘ steht seit sechs Jahren Gerhard Fuchs und begeistert landauf und landab die Gastro-Guides. So hält er 18 Punkte im Gault-Millau und war 2004 deren „Koch des Jahres“. Im Guide Michelin gab es, bis zur letzten Österreich Ausgabe im Jahr 2008, einen Stern.

Obwohl unsere Uhr fast 19 Uhr zeigt, ist das Restaurant noch komplett leer. Der Maître scheint ob unserer Ankunft etwas überrascht – bittet uns dann aber gerne ins Restaurant. Die Einrichtung gefällt uns sehr. Die Symbiose zwischen Holz und Glas ist gelungen. Dank der grossen Fensterfront hat man hier im Sommer bis in den späten Abend eine stimmige Aussicht auf die Rebberge. Wir erhaschen immerhin noch einen Blick auf das Abendrot und geniessen die Stimmung. Einzig die kleinen Fruchtfliegen, die hier überall herumschwirren, nerven etwas. Angelockt von den süssen Trauben, treffen wir die Winzlinge überall in der Steiermark an.

Wir ignorieren die Viecher und ordern ein Glas „Leutschach-Champagner“, mit dem uns auch gleich ein paar Häppchen erreichen:

Herbstliche Grüsse [-/10]

Drei typisch steirische Produkte, welche uns in dieser Jahreszeit überall in der Gegend begegnen, werden aufgetischt: Kastanien, Sturm und Kürbiskerne.

Die Kastanien sind von sehr guter Qualität und leicht karamellisiert. Kaum ist die erste im Mund, wird uns blitzartig bewusst weshalb wir diese Jahreszeit so sehr lieben.

Der Sturm ist eine weitere steirische Spezialität. Ein Erzeugnis aus früh gelesenen Trauben, welches an den in der Schweiz bekannten Sauser erinnert. Der Sturm ist jedoch etwas markiger und saurer.

Kürbiskerne sind in der Umgebung ebenfalls omnipräsent. An jeder Ecke bieten Bauern Kürbiskernöl an (unbedingt zugreifen!). Hier haben die Kerne den Auftritt in einem knusprigen Gebäck.

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Auf der gereichten Menükarte finden wir die Menüs „Kreuzwirt“ und „Steirischer Herbst“, Zudem wird uns ein Überraschungsmenü angeboten, welches wir gerne ordern.

Brot

Das hausgemachte Brot sieht zwar optisch nicht gerade vielversprechend aus, schmeckt aber sehr gut. Das mit Mozzarella und Tomaten gefüllte Gebäck „Galzone“ wirkt dagegen ausdruckslos und fad. Da gefällt uns die rassige Salami vom Freilandschwein viel besser! Eine gesalzene Butter und das geniale Kürbiskernöl runden das Angebot ab.

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Sauer marinierte Grammeln auf Polenta mit Ei & Kürbiskernöl [-/10]

Etwas Säure, eine knusprige Textur, viel Schnittlauch… vielleicht noch Ei? So schmeckt der Gruss aus der Küche. Uns lässt dieses langweilige Gericht mit Stirnrunzeln und der Hoffnung nach einer markanten Steigerung zurück.

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Calamari aus der Bucht von Piran, Karfiol & Mohn [-/10]

Zum Glück gibt es auf unseren kulinarischen Reisen fast keine Teller, die wir lieber in die Küche zurückschicken, anstatt sie bis auf den letzten Bissen zu geniessen – dieser hier gehört aber leider dazu. Das Gericht schmeckt schleimig und unausgereift. Die Gänseleber ist wässrig und geradezu eklig – eigentlich das ideale Instrument für eine Pfadfinder-Aufnahmeprüfung, aber bestimmt nicht um sie einem Gast vorzusetzen! Auch der Calamari ist viel zu fad. Zu guter Letzt hat man auf unserem Teller auch noch den annoncierten Mohn vergessen.

Die tollen, dazu gereichten Brioche mit Estragon stimmen uns etwas versöhnlich.

Gerhard Fuchs gibt sich eine zweite Chance, denn das Gericht wird in zwei Gängen serviert. Diesmal ist die Gänseleber karamellisiert – das schmeck viel besser. Jedoch lässt sich auch hier die schwache Produktqualität nicht verbergen. Der Leber fehlt es klar an Aroma. Beim Calamari können wir zur vorherigen Zubereitungsart keinen Unterschied ausmachen – auch bei der Würzung gibt es keine Verbesserung. Immerhin hat man diesmal den Mohn nicht vergessen – geschmacklich trägt dieser aber wie erwartet, nicht zu einem verbesserten Geschmacksbild bei.

Ein Gericht in zwei Gängen zu servieren kann sehr spannend sein. Hier wollte Fuchs verschiedene Zubereitungsarten- und Formen zeigen. Wir taxieren dieses Vorhaben als gescheitert – da passt zu vieles nicht zusammen.

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Der Karpfen aus dem Vulkanland & Kürbis [5/10]

Hier in der Gegend schwimmt fast in jedem Teich ein mächtiger Karpfen und viele Fischer machen Jagd auf die Pfundskerle. Dieses Exemplar stammt aus dem steirischen Vulkanland. Uns gefällt sein angenehmes Aroma und die schonende Zubereitung die Fuchs gewählt hat. Zusammen mit der Zitronenemulsion entsteht ein leichtes Säurespiel. Der süsse Kürbis geriet zwar etwas trocken, überzeugt uns aber Dank dem lieblichen Aroma. Der zweite Kürbis am Tellerrand, schmeckt zwar traumhaft nach Butter, aber etwas gar wenig nach Kürbis. Alles in allem ein schönes Gericht.

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Freilandei & Trüffel aus Istrien [-/10]

Langsam fragen wir uns, weshalb auf jedem Teller etwas Schaum liegt?! Vielleicht zur Ablenkung? Denn auch dieses Gericht ist fad und belanglos. Der Einsatz vom Parmesan ist viel zu minimalistisch und der geschmacksarme Trüffel aus Istrien kaum der Rede wert. Schade, gerade von dieser Kombination haben wir uns sehr viel versprochen.

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Der Ox aus dem Vulkanland [6/10]

Die gekochte Ochsenbrust gibt endlich etwas Power in das Menü. Das Fleisch ist sehr gut. Die herbstlichen Aromen vom Steinpilz, Grause Glucke, die Kräutern aus dem Garten, sowie der Waldfrüchtejus passen vorzüglich dazu. Auch das gut dosierte Kren (Meerrettich), welches sich wie ein dünner Vorhang über das Gericht legt, überzeugt und gibt dem Ganzen eine spannende Facette.

Zum Glück wird auch dieser Hauptgang in zwei Episoden serviert. Denn auch das Filet im Speck kann uns begeistern. Starke Aromen, hochwertige Produkte. Der Waldpilz und die Bohnen werden nicht einfach zur Beilage degradiert, sondern werten das Gericht auf. Nur auf den zahnlosen Bohnen-Frischkäse-Raviolo hätten wir getrost verzichten können. Dieser ist wiederum ausdruckslos und wir fragen uns, weshalb man so etwas aus der Küche lässt.

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Frischkäse von der Remschnigg, Melanzani & Apfel [5/10]

Die Mischung aus Dessert und Käse überzeugt. Dieser Teller demonstriert jedoch auch exemplarisch, dass in der Küche nicht mit vollster Sorgfalt gearbeitet wird. So ist das Eis, als es unseren Tisch erreicht, schon recht stark geschmolzen und der Boden, der sonst feinen Apfeltarte, ist weich und pampig.

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Holundersorbet mit Sekt [5/10]

Simpel, aber gut. Die Aromen sind klar, die Erfischung spürbar. Hier kann sich der hausgemachte Sekt auch noch einmal gut in Szene setzen.

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Sernauer Topfen & Zwetschken [5/10]

Selbstverständlich wird das Menü mit einer Schaum-Dekoration abgeschlossen. In die Tellermitte platziert man am Tisch ein Soufflé. In einem zusätzlichen Schälchen gibt es Traubeneis. Das Soufflé ist handwerklich top, geschmacklich gut. Auch die restliche Komposition gefällt uns.

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Friandises [-/10]

Zum Espresso geniessen wir Marshmallows, feines Mandelgebäck und Kürbiskern-Nougat.

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Fazit: Gleich vorweg, der ‚Kreuzwirt‘ ist bis dato einer unserer enttäuschendster Restaurantbesuche. Und das, obwohl wir mit gedrosselten Erwartungen zu Tisch gegangen waren, nachdem uns vor einem Jahr bereits ein anderes österreichisches, ebenfalls vom Gault-Millau mit 18 Punkten ausgezeichnetes, Restaurant etwas ratlos zurückgelassen hatte.

Bis auf den Schaum auf jedem Gericht, war die Küchenleistung rein optisch, sehr ambitioniert. Geschmacklich bewegte sich das Menü jedoch zwischen langweilig und belanglos. Wir waren schon zu Beginn, beim „Calzone“-Häppchen etwas skeptisch – so etwas fades darf keine ambitionierte Küche verlassen. Aber auch das restliche Menü war mehrheitlich schwach und enttäuschend. Licht in das sonst triste Menü brachte lediglich der Hauptgang. Dieser war zwar ebenfalls nicht auf top Niveau, aber Dank den klaren und starken Aromen das Beste Gericht des Abends.

Die Produktqualität ist ein weiteres Manko der ‚Kreuzwirt‘-Küche. Denn auf einen geschmacksneutralen Trüffel können wir genau so gut verzichten, wie auf eine fade und wässrige Gänseleber. Der Service im ‚Kreuzwirt‘ ist zwar etwas unpersönlich, sorgt aber ansonsten für einen schönen Abend, in stilvollem Ambiente. Wer neben der Atmosphäre auch kulinarisch etwas Besonderes sucht, ist hier an der falschen Adresse.

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Menü: Zur Auswahl stehen die Menüs „Kreuzwirt“ in 6 Gängen zu 101.60 € und „Steirischer Herbst“ in 5 Gängen zu 92.60 €. Zudem wird ein Überraschungsmenü in 6 Gängen zu 101.60 € angeboten (alle Preise inklusive den 3.60 € fürs Gedeck). Dazu gibt es Häppchen, ein Amuse und Friandises. Das Essen dauerte angenehme 4 1/2 Stunden.

Online: Auf der Website findet man ein paar wenige Informationen. Die Menüs sind zwar online, jedoch oft nicht aktuell.

Bewertung: Gourmör / Gault-Millau

(Besucht im Oktober 2012)