Da Vittorio – St. Moritz in St. Moritz

Zum Da Vittorio – St. Moritz gibt es eine neue Kritik. 

 

In St. Moritz fliesst Champagner in Strömen und der Konsum von Edelprodukten wie Trüffel und Kaviar sind rekordverdächtig. Restaurants in der kulinarischen Spitzenliga findet man indes nur wenige. So leuchtet über der weltberühmten Destination, gerade einmal einer der 122 Schweizer Michelin Sterne. Für Gourmets umso erfreulicher, dass man pünktlich zum Saisonstart 12/13 im Hotel Carlton kulinarisch aufrüstete. Die Familie Cerea, Betreiberin des mit 3 Michelin Sternen ausgezeichneten Da Vittorio in Italien, eröffnete im Nobelhotel eine Dependance. Diese hat während den Wintermonaten Dezember bis März geöffnet.

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Bereits diese vier Monate stellen die Familie Cerea vor eine logistische Herausforderung. Ihr Restaurant in Brusaporto ist während dieser Zeit nämlich ebenfalls geöffnet. Da man in St. Moritz nicht nur mit dem Namen wirbt, sondern das Engagement auch personell sehr ernst nimmt, pendeln die einzelnen Familienmitglieder zwischen den zwei Standorten hin und her. Die Chance ist also gross, dass man auch einen der beiden bekannten Brüder Enrico oder Roberto hier antrifft.

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Wir sind gespannt wie sich das Restaurant in den ersten Monaten entwickelt hat und reservieren an einem Märzwochenende einen Tisch. Das Wetter ist wieder einmal viel besser als es die Wetterstationen zuvor prognostiziert hatten. Der Tag auf der Piste ist entsprechend lang und kräfteraubend. Anschliessend freuen wir uns auf ein tolles Abendessen im Da Vittorio – St. Moritz.

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Das Interieur wurde vom vorherigen Restaurant Tschinè übernommen. Für Anpassungen blieb keine Zeit, denn der Vertrag für das neue Gourmetrestaurant wurde erst kurz vor Saisonstart unterschrieben. Modifikationen sind aber auch nicht nötigen, denn die Einrichtung ist sehr hochwertig, stilvoll und deckt sich mit unserer Vorstellung von einem edlen italienischen Restaurant.

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Auf der eleganten, grossformatigen Menükarte finden wir neben dem Degustationsmenü auch einige à la carte Gerichte. Wie erwartet sind die Preise sehr hoch, gar höher als im Haupthaus in Italien. Wir entscheiden uns für das Menü (290 Franken) und erhalten als erstes hausgemachte Grissini auf den Tisch.

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Brot

Weiter geht es mit einer kleinen Brotauswahl, bei der uns das luftige Salzbrötchen sehr gut gefällt. Die anderen drei Sorten schmecken etwas ausdruckslos. Ein Aufstrich wird nicht angeboten.

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Das Menü startet mit einem Gruss aus der Küche:

Gamberetti et pomodoro [5/10]

Die frischen Crevetten sind beeindruckend. Wir wähnen uns in einem Restaurant irgendwo am Meer. Mit diesem Amuse demonstriert die Cerea-Crew eindrücklich die gute Beziehung zu den Mailänder Fischhändler. Eine solche Produktqualität ist eine Steilvorlage für jeden Koch. Diese hat man hier nicht konsequent genug genutzt. Die Kombination mit Tomate, Pesto und einer Art Polenta ist zwar fein, geschmacklich wirkt das Ergebnis aber eher unharmonisch.

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Spaghettini di tonno con bagna cauda e crumble di pistacchi [5/10]

Weiter geht es mit einem sehr feinen Tunfisch. Dieser ist von einer tollen piemontesischer Pistazien Sauce umgeben. Die Kombination zwischen dem subtilen Fisch und der charaktervollen Sauce harmoniert wenig – dem Fisch bleiben neben der wuchtigen Sauce keine Entfaltungsmöglichkeiten.

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Calamaretti spillo con spuma prezzemolo e olive taggiasche [-/10]

Die Calamaretti sind wunderbar, jedoch naturgemäss von subtilem Geschmack. Deshalb ist es für uns unverständlich, weshalb man sie mit diesem, wiederum sehr geschmacksintensiven, Espuma aus Petersilie und Oliven, kombiniert.

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Scampo al burro nocciola con crema die mandorle e roveja [-/10]

Das nächste Gericht enttäuscht. Der Scampo ist unangenehm pampig und wird von einem komplett geschmacksneutralen Pürée aus Mandeln und Knoblauch begleitet. Dies ist bereits das dritte Gericht in Folge, welches von einem eher schweren Purée dominiert wird und dabei vom Hauptakteur ablenkt anstatt ihn zu unterstreichen.

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Paccheri alla Vittorio [-/10]

Das Pasta Gericht gehört zu den Signature Dishes und wird am Tisch, mit gut gereiftem Parmesan, vollendet. Wir haben Glück, Roberto „Bobo“ Cerea ist anwesend und gibt uns die Ehre, dieses Gericht für uns zuzubereiten. Das Ergebnis lässt sich sehen. Al dente gekochte Paccheri an einer feinen Tomatensauce. Der Parmesan sorgt für die passende Note. Etwas mehr Basilikum – auf unserem Teller gerade mal ein Blatt – würde das Gericht bestimmt um eine weitere Facette bereichern. Doch auch so ist es ein überzeugender Pastateller wie man ihn bei einem guten Italiener erwartet und auch meistens serviert bekommt.

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Rombo con meringa di baccalà e salsa miele e acciughe [-/10]

Zeit für den Hauptgang. Unter einem Baiser vom Kabeljau, finden wir einen gebackenen Steinbutt mit feinem Eigengeschmack. Während uns auf dem Teller der spannend gewürzte Salat sehr gut gefällt, vermissen wir beim Fisch die Harmonie und Eleganz. So wirkt diese Komposition wegen dem Baiser unausgewogen und schwer.

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Pré Dessert [6/10]

Die Erfrischung in Form von einem grünen Apfelsorbet, kommt gerade richtig. Uns gefällt die säurehaltige Frucht, in Kombination mit dem Caramel und der Schokolade, sehr gut.

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Luftschokolade, Haselnuss-Parfait, kalte Schokoladen Crème und Eiskaffee [8/10]

Genial dann das Hauptdessert. Die abwechslungsreichen Texturen, die Kombination aus Schokolade und Caramel, die leicht caramelisierten Nüsse und der frisch darüber geträufelte Espresso sind schlicht genial. Ein spannendes und sehr abwechslungsreiches Dessert.

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Friandises [5/10]

Zeitgleich mit dem letzten Dessert werden auch die Häppchen serviert. Die feinen Friandises, eine Kombination aus Italienischen Spezialitäten und modernen Kreationen, schliessen das Menü ab.

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Schokolade

Ganz zum Schluss dürfen wir aus den grossen Glasbehältern ein paar Schokoladenköstlichkeiten auswählen.

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Fazit: Es wäre blauäugig zu erwarten, dass man hier innerhalb von lediglich vier Monaten ein 3 Sterne Restaurant installieren konnte. Jedem Gast, der sich auch nur annähernd für die Spitzengastronomie interessiert, wird klar sein, dass es für eine solche Auszeichnung viel mehr Zeit braucht. Dementsprechend betraten wir das Restaurant mit hohen, aber erfüllbaren Erwartungen. Dass diese nicht alle erreicht wurden, liegt zum Grossteil an der fehlenden Raffinesse bei der Zubereitung der Speisen. Fast durchgehend waren die Gerichte schwer und wenig ausbalanciert. Begeisterung herrschte nur über die hohe Qualität der Meerestiere und die tollen Desserts.

Unser Besuch in St. Moritz hat gezeigt, dass man im Da Vittorio – St. Moritz auf dem richtigen Weg ist, dieser aber noch sehr lange ist. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich das Restaurant in der zweiten Saison entwickelt. Denn während man für die ersten vier Monate fast keine Vorbereitungszeit hatte, kann man für die nächste Periode detailliert planen und auf die gewonnenen Erkenntnisse aufbauen. Dank der hervorragenden Ausgangslage (Know-how, Produkte, Finanzen) steht dem Ableger in St. Moritz grundsätzlich nach oben alles offen – auch 3 Sterne.

Menü: Das Degustationsmenü in 6 Gängen, mit Amuse Bouche, Pré Dessert und Friandises wird mit 290 Franken verrechnet. À la carte kosten die acht Vorspeisen zwischen 40 – 160 Franken, die vier Hauptgerichte 75 – 120 Franken und eine handvoll Desserts zwischen 35 – 40 Franken.

Zeit: Die Abstände zwischen den einzelnen Gerichten sind recht kurz. Im Schnitt warteten wir lediglich 12 Minuten auf den nächsten Teller. Was bei einem umfangreichen Menü passt, endet hier etwas gar früh. Nach 2 Stunden und 15 Minuten war das Dîner bereits zu Ende.

Wein: Offensichtlich fragen hier nur die wenigsten Gäste nach einer Weinbegleitung. Entsprechend überfordert war dann auch der Sommelier mit unserem Wunsch. Ergebnis: der kredenzte Weisswein begleitete uns drei Gänge lang, der Rotwein stammte, etwas uninspiriert, aus dem Offenangebot von der Carlton-Bar.

Online: Die Website des Carlton ist toll. Auch die Unterseite für das Da Vittorio – St. Moritz ist sehr einladend und bietet viele Informationen.

Wertung: Gourmör O0

Sonderauszeichnung:   Fumoir vorhanden

(Besucht im März 2013)

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