Denis Martin ist einer der grössten Verfechter der molekularen Küche. Auch heute, nachdem fast alle ehemaligen Molekularköche das Trockeneis im Keller verstaut haben, ist er überzeugt dass dieser Kochtechnik eine grosse Zukunft bevorsteht.
Für eine Sache einzustehen und zu kämpfen ist sich Martin gewohnt. Mit 14 schmiss er die Schule und begann eine Kochlehre. Bei verschiedenen Spitzenköchen lernte er das Handwerk. Bekannt für sein grosses Talent bei der Zubereitung von Fischen, wurden auch die Gastroführer auf ihn aufmerksam und zeichneten ihn mit Punkten und Sternen aus. 1997 ist ein Schicksalsjahr für den damals 41 Jährigen, sein Restaurant La Taverne du Château in Yvorne muss Konkurs anmelden. Unterstützt von seiner Frau rappelt er sich auf und wagt in Vevey den Neuanfang.

Um die Jahrtausendwende entdeckt er sein zukünftiges Idol: Ferran Adrià, den Avantgardisten aus Spanien. Von diesem inspiriert, halten 2003 die ersten experimentellen Gerichte Einzug auf Martins Karte. Nach und nach befreit er sich von bisherigen Standards wie Käsewagen und Brotservice und setzt dafür auf immer umfangreichere Menüs. Anfänglich von den Restaurantkritikern noch mit Skepsis beäugelt, erkochte er 2006 seinen 18. Gault-Millau Punkt und durchbrach mit seinem Menüpreis erstmals die 300 Franken Mauer. 2008 kam der 2. Michelin Stern dazu, welcher ihm jüngst wieder abgenommen wurde.

Seine avantgardistischen Kreationen interessieren uns schon seit Jahren. Bis anhin hat uns jedoch der hohe Menüpreis von aktuell 360 Franken (!) und die weite Reise nach Vevey stets abgehalten. In Verbindung mit einem Aufenthalt am wunderschönen Genfersee, haben wir uns endlich durchgerungen, dem Molekularkoch einen Besuch abzustatten.

Das Restaurant liegt nur wenige Meter vom Seeufer entfernt. Restaurantparkplätze sucht man vergebens. Wir drehen deshalb noch einmal eine Runde durch die Strassen. Wir sind etwas spät dran. Normalerweise stellt das bei Schweizer Restaurants kein Problem dar, da die Tische nur einmal pro Abend vergeben werden. Doch wir haben uns heute bei Denis Martin für eine Demonstration in der Küche angemeldet. Für einen Aufpreis von 90 Franken pro Person, gewährt man den Gästen einen eineinhalbstündigen Einblick in die molekulare Welt.

Ein paar Minuten verspätet, haben wir es dann doch geschafft. Wir betreten das von aussen eher bieder wirkende Restaurant und treffen innen auf ein dunkles, rot gestrichenes Kellergewölbe. Die 16 Tische sind auf zwei Speiseräume verteilt. Auf jedem Stuhl wartet ein flauschiges Lammfell, auf den Tischen stehen bunte Setzteller und in jeder Tischmitte eine Muh-Dose – wir sollen gleich erfahren weshalb. Eine grosse, elegant gekleidete Servicebrigade serviert den Gästen um uns herum den Apéro.

Für die Demonstration haben sich über die Hälfte der heutigen Gäste angemeldet. Nach kurzer Zeit werden wir alle ins Labor gebeten. Der kleine Raum grenzt direkt an die Küche, hier stehen jedoch keine Pfannen und Gewürze, sondern moderne Geräte, Reagenzgläser und Schläuche. Monsieur Martin ist sichtlich gut gelaunt und räumt gleich zu Beginn mit etwaigen Vorurteilen auf. Seine Küche basiere auf der französischen Küche und habe nichts mit Chemie oder aditiven molekularen Zutaten zu tun. Er habe sich mit der bestehenden Technik auseinander gesetzt und Vorteile ausgearbeitet. Er vergleicht das mit einem Pferd und einem Ferrari. Beide werden mit PS angetrieben, wobei Letzterer viel schneller am Ziel ist.

Martin demonstriert verschiedene Geräte, zeigt wie er die Essenz von x-beliebigen Nahrungsmitteln gewinnt, erklärt weshalb unsere Erinnerungen bestimmen was wir gerne essen und beweist, dass er in nur 15 Sekunden ein Gericht lediglich mit Hilfe der Mikrowelle zubereiten kann. Alles wirkt so überzeugend, gekonnt und sympathisch, dass er locker ein eigenes TV-Format füllen könnte. Nach kurzweiligen 90 Minuten (wäre da nur nicht das Hungergefühl), applaudieren die Gäste und lassen sich vom Chef zurück ins Restaurant bitten. Doch vorher offenbahrt er uns, weshalb auf jedem Tisch eine Muh-Dose steht. Er möge keine steifen Restaurants und setzte zur Aufklockerung seit ein paar Jahren auf dieses Gimmick.

Ein Blick in die Küche welche direkt ans Labor angrenzt
Am Tisch angekommen erhalten wir die Weinkarte. Die Auswahl ist knapp und mehrheitlich auf Flaschen ab einem dreistelligen Betrag limitiert. Eine Speisekarte ist obsolet, denn hier wird ausschliesslich das 26 Gänge umfassende Menü serviert. Auf Allergien und Unverträglichkeiten wird eingegangen. Wir sind bei der Weinauswahl, mit Blick auf das abwechslungsreiche Menü, überfordert und wünschen uns eine passende Weinbegleitung. Eine solche bietet man überraschenderweise nicht an, weshalb wir uns für ein Glas vom einzigen Weisswein im Offenausschank entscheiden.

Das Serviceteam würden wir, anders als Denis Martin es vorhin noch propagierte, als formal bezeichnen. Die Herren tragen Anzug und Kravatte, die Damen dunkle Deux-pièce. Die logistische Herausforderung, 40 Gästen jeweils 26 Gänge zu servieren, meistert die Crew mit Bravour. Aufmerksam gleiten sie durch die beiden Speisesäle und servieren die Gerichte mit einem angenehmen zeitlichen Abstand. Nebenher werden den austretenden Gästen neue Servietten verteilt und ihnen bei der Rückkehr an den Tisch der Stuhl zurecht geschoben. Durch das grosse Volumen an Speisefolgen, über 1’000 Teller pro Service(!), ist es den ganzen Abend etwas wuselig. Stören tut es nicht, doch als gemütlich würden wir das Denis Martin nicht bezeichnen.
Unsere Uhr zeigt mittlerweile 20.50 Uhr. Das Abenteuer „La Suisse – Les Sens dessus-dessous“ kann beginnen:
La bleue des glaciers [-/10]
Unter einem Schaum, der wie angekündigt nach „rien“ schmeckt, finden wir Absinth in halbflüssiger Konsistenz. Ein netter Auftakt – die grosse Offenbarung ist das aber noch nicht.

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Une boule de Berlin qui devient Pékin [5/10]
Für uns ist zwar nicht ganz klar, weshalb man diesen Happen als Berliner bezeichnet, schmecken tut er aber sehr fein. Uns gefällt die süffige Masse mit dem asiatischen Touch und dem knackigen Stangensellerie.

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Le Schweppes est „Suisse“ [-/10]
Dieses Schweppes würde auch gut als Dessert durchgehen. Die Kombination aus Joghurt und Zitrusfrüchten ist fein. Dies kann man, vorausgesetzt man hat zu Hause Joghurt und Orange, aber auch gut selber zubereiten.

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L’omble chevalier, comme un taillé aux greubons [-/10]
Das Netz aus Schweinefett hat einen angenehm animalischen Goût, der darunter liegende Fisch aus dem Genfersee ist fad und ausdruckslos. Von den vorhin im Labor angekündigten hochwertigen Produkten, spüren wir hier nichts.

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Ravioli au vacherin Fribourgeois, eau de basilic [-/10]
Der Raviolo duftet nach feinem Basilikum. Am Gaumen erinnert er uns an die Convinience Version aus der Migros. Mit dem Unterschied, dass dieser hier weitaus wässriger schmeckt, als die ebenfalls eher ausdruckslose Variante vom Detailhändler.

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Die ersten 5 Gerichte sind durch und etwas konsterniert sitzen wir am Tisch. Bis hierhin gab es noch kein einziges Highlight. Etwas enttäuscht drehen wir die Muh-Dose auf unserem Tisch – die Stimmung mag das aber nicht merklich zu steigern.
Le traditionnel Birchermuessli de foie de canard [6/10]
Zeit für einen signature Dish von Martin. Das Gericht steht seit 2008 auf seiner Karte. Wir tauchen den Löffel in die Schale und führen das Müsli an den Gaumen. Dort schmilzen die Leberperlen langsam und setzen ein sehr feines Aroma frei. Sofort wird es von den Säurenoten der getrockneten Himbeere und Passionsfrucht flankiert. Ein sehr gutes und harmonisches Gericht, bei dem wir uns lediglich ein etwas intensiveres Leber-Aroma wünschten. Zudem vermissen wir die vom Gault-Millau erwähnte „Explosion am Gaumen“. Die kleinen Leber-Stückchen schmelzen zu langsam um eine solche Wirkung zu erzeugen. Trotzdem, bis jetzt klar das beste Gericht – so darf es weitergehen!

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Claude Nobs [-/10]
Bis zu seinem unerwarteten Tod Anfang des Jahres, war Claude Nobs Stammgast bei Denis Martin. Der Gründer des Montreux Jazz Festival kam so oft vorbei, dass man ihm, um ihn zu überraschen, einige Gerichte jeweils spontan in das Menü einbaute. Dieses Gericht ist eine Hommage an ihn und daher an jedem Abend anders – sehr originell wie wir finden. Wir haben heute Abend aber etwas Pech. Denn das heutige Gericht besteht aus einem frittierten Fischbällchen unter einem Zwiebelgeflecht und ist von entäuschender Qualität – nicht besser als das, was man beim Take-Away Stand um die Ecke erhält.

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Neige de colza Suisse, crabe et rhododendron [5/10]
Viel besser dann das süffig-feine, leicht süsse Mousse, welches wunderbar nach Rapsöl und Estragon schmeckt. Solche Aromen machen Spass.

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Fricasson Vaudois [5/10]
Das nächste Gericht ist simpel, gefällt uns dank der knusprigen Textur und dem Brataroma am Basmati-Reis sehr gut.

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Tout Tomate [-/10]
Das Gericht mit dem verheissungsvollen Namen, wird mit etwas Brot serviert. Erst beim zweiten Blick bemerken wir, dass es sich um kein echtes Gebäck handelt. Die Begeisterung über die real wirkende Optik, muss schnell der Enttäuschung über das befremdliche Aroma am Gaumen weichen. Die Konsistenz erinnert an Isoliermatte, der Geschmack ist künstlich und seelenlos. So stellen wir uns eine Tomate vor wie man sie in der Postapokalypse essen wird.
Das Gericht auf dem Hauptteller ist marginal besser, schmeckt aber auch konträr zu unseren Vorstellungen von „Tout Tomate“. An den „unechten“ Aromen sind die Essenzen schuld. Diese riechen zwar in der Nase aber schmecken nicht auf der Zunge. Im Moment würden wir alles für eine echte Tomate geben…

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Sii de Savièse & Langoustine [-/10]
Auffallend, zum ersten Mal am heutigen Abend verbreitet sich im Restaurant ein angenehmer Duft nach gutem Essen. Ein toller Kaisergranat an leicht geröstetem Sesam wird serviert. Eigentlich ein wunderbares Gericht, wäre da nicht dieses befremdliche Rotweinpulver, welches überhaupt nicht zum Krustentier passen will und ihm damit die Chance raubt das Highllight des Abends zu werden.

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Roesti, Polenta Lyophilisée et sorbet Yuzu [5/10]
Auch das sehr gutesJoghurt-Eis mit Yuzu-Öl könnte gut als Dessert durchgehen. Ergänzt wird das Gericht, indem wir die Bisquit-Füllung mit gefriergetrocknetem Mais darüber leeren. Das Geschmacksbild ändert sich zwar nicht, jedoch wird das Ganze um eine Textur reicher.
Im Anschluss widmen wir uns dem etwas tangigen Cornet, welches sehr fein nach Speck und Zwiebeln schmeckt.

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Sachet coca „ïne“ [-/10]
Der nächste Happen wurde uns bereits bei der Demonstration im Labor präsentiert. Jetzt dürfen wir ihn selber probieren. Etwas befremdlich ist es schon, sich ein täuschend echt wirkendes Plastiktütchen in den Mund zu stecken. Zum Glück verflüchtigt sich die Tüte aber recht schnell und setzt eine Brause à la Cola-Tiki frei. Wir schauen uns am Tisch an und beginnen zu schmunzeln – aber weniger wegen dem Effekt sondern mehr wegen der unfreiwilligen Komik. „Tiki“ kennen wir zwar aus unserer Kindheit und noch heute ist die Brause eine schöne Erinnerung an diese Zeit. Doch anscheinend gehören wir nicht zu der Art Menschen die 250 Kilometer fahren um sich dann über ein solches Pulver zu freuen.

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Saucisson vaudois [5/10]
Dampf mit Liebstöckelgeschmack schwebt über unseren Tisch. Der Porzelanlöffel vor uns verschwindet im Nebel und taucht wenige Augenblicke später wieder auf. Ist der Löffel erstmals im Mund, verbreitet sich ein sehr facettenreiches und sich schnell änderndes Aroma. Wir mögen die Saftigkeit des Fleisches und die pikante Schärfe. Dazu ein subtiler Geschmack von Zitronengras.

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Chrysalide de Tête de moine et croquant Dézaley [6/10]
Auch das nächste Gericht ist eines der Highlights des heutigen Abends. Der in Zuckerwatte gehüllte Tête de moine harmoniert überraschend gut mit der Süsse. Auch der „Weissweinkorken“, auf dem zweiten Teller, ist richtig fein und harmonisch.


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L’oeuf coque de Gruyère [-/10]
Weitaus weniger gut funktioniert dieses Gericht. Es erinnert uns an ein kaltes Käsefondue. Das angekündigte Ei und den Schuss Kirsch schmecken wir nicht.

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Rosée du matin & Sous-bois [-/10]
Eine knusprige Textur, ein facettenreicher Geschmack nach Pilzen und Wald und dazu ein Löffel der nach Harz schmeckt. Eigentlich gute Voraussetzungen für einen spannenden Spaziergang durch das Unterholz, doch irgendwie will der Funke bei uns nicht überspringen. Uns stört vor allem die salzig, weisse Sülze. So ist dieses Erlebnis weitaus weniger genussreich als die Version die wir bei Heston Blumenthal vor ein paar Jahren erleben durften.

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Pigeon voyageur [5/10]
Originell wie die Taube den Weg auf unseren Teller findet: Der Service tritt mit einem Korb an unseren Tisch, greift ins Innere und streckt uns ein Couvert mit der Aufschrift „Luftpost“ entgegen. Darin wiederum finden wir eine Plastiktüte. In dieser wurde die Taube in der Mikrowelle fertig gekocht, nachdem man sie zuvor in der Pfanne scharf angebraten hatte. Mit der gereichten Schere öffnen wir den Beutel und leeren den Inhalt auf unseren Teller.
Während die Optik auf dem Teller – nachvollziehbarer Weise – etwas kläglich wirkt, macht das geschmackliche Ergebnis Spass. Der hochwertige Vogel ist perfekt gegart, entsprechend zart und wild im Geschmack. Auch die süssliche Sauce, mit dem leichten Rosmaringeschmack, überzeugt.

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Le cochon de la St. Martin [5/10]
Zeit für den letzten Gang vor den Desserts – Auftritt für den Bunsenbrenner. Gekonnt wird die dünne Kuppel über dem Gericht zu einer Sauce geschmolzen und das darunterliegende Schweinefleischbällchen freigesetzt. Das an eine Dim-Sum Füllung erinnernde Fleisch gefällt uns sehr, weniger die wässrige Sauce und der verkochte Lauch.

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Etolie des neiges „Pommes & Ricola“ [-/10]
Den Auftakt der süssen Armada machen frittierte Apfelschnitze an Zimtgewürz. Dazu ein Püree das tatsächlich sehr stark nach Ricola schmeckt.

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L’inconnu sur le thème du Läckerli de Bâle [-/10]
Auch der zweite Happen schlägt die Brücke zu seinem originalen Basler Vorbild. Einzig der Rotweingeschmack wirkt etwas befremdlich.

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Bâton de Cannelle
Die hauchdünne Schokoladenrolle schmeckt zwar wider Erwarten nicht nach Zimt, dafür unglaublich gut nach Milchschokolade.

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Tourte au Kirsch de Zoug [-/10]
Nun geht es kulinarisch in die Zentralschweiz. Bei dieser modernen Interpretation der Zugerkirschtorte vermissen wir das Wichtigste: einen guten Kirsch. Abgesehen davon, gefällt uns das Dessert, welches wegen den knusprigen Elementen an das Rückteil der Original-Torte erinnert.

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Langsam wird das Menü etwas gar stark in die Länge gezogen. Denn wie schon auf die bisherigen Gänge, warten wir auch jetzt jeweils zehn Minuten auf das nächste Dessert. Da diese aber immer kleiner werden, würde es in unseren Augen mehr Sinn machen, wenn man die Nascherien vereint auf einem Teller servieren würde.
Caramel „Mou“ [-/10]
Der Caramel Cubus hat eine Geleeartige Konsistenz und wird geschmacklich von der gerösteten Nuss überstimmt. Witzig, das Papierchen kann man ebenfalls essen.

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Toblerone [5/10]
Und nochmals kommt der Bunsenbrenner zum Einsatz. Die Schokolade ist sehr fein. Dank dem Einsatz des wunderbaren Honigs, schafft man klare Assoziationen zur dreieckigen Schokolade.

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Wir haben nun Lust auf einen Espresso und geniessen diesen im kleinen Salon, in dessen Mitte ein massiver Holztisch steht. Neben dem guten Kaffen serviert man uns hier auch das Finale, Gericht Nummer 26.
La fille d’Einstein [-/10]
Der Effekt, mit dem sich selber aufblasenden Ballon, ist eindrücklich. Der Inhalt, zwei Bisquits die nach Sanddorn schmecken, sind es weniger – dafür sind sie zu trocken. Unsere Hoffnung, zum Schluss noch ein Highlight serviert zu bekommen, zerplatzten genau so schnell wie zuvor der schwarze Ballon.




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Fazit: Die Show ist Denis Martin gelungen. Vier Stunden lang hat es um uns herum geblitzt, geraucht und geknallt. Dabei kam lediglich einer am Tisch nicht auf seine Kosten: der Gaumen. Viele der Gerichte konnten, die zurecht hohen kulinarischen Erwartungen, nicht erfüllen. Zu vieles schmeckte belanglos und unausbalanciert. Klar, auch wir waren unter anderem beeindruckt, wie täuschend echt das Brot beim „Tout Tomate“ aussah, nur erinnerte dabei geschmacklich überhaupt nichts an das eigentlich tolle Gemüse.
Die Küche von Denis Martin polarisiert. Wir gehören zu der Art von Gästen, die eine gute Praliné, serviert auf einer simplen Papierserviette, jederzeit einem trockenen Bisquit, welches aus einem imposanten Ballon fällt, vorziehen. Wir mögen zwar überraschende Effekte, aber nur dann, wenn sie auch einen kulinarischen Nutzen haben. An diesem Abend hinkten aber die meisten Speisen geschmacklich weit hinter der Visualisierung her und oft hatten wir das Gefühl, dass der Goût, bei der Rezeptur, nur eine kleine Nebenrolle spielt.
Dass Martin auch Geschmack auf den Teller bringen kann, hat er bei einzelnen Gerichten demonstriert. Die Foie Gras Kompositon war intelligent und geschmacklich sehr interessant. Auch die Taube und drei, vier andere Gerichte haben uns richtig gut gefallen. So sind wir überzeugt, dass er durch eine Reduktion seines Menüs viel mehr herausholen könnte. Davon hätten am Schluss alle mehr. Martin, weil er nicht mehr diese Flut an Teller schicken müsste (und dadurch auch die Optik näher an seine Internetbilder führen könnte), die Servicebrigade, die sich mehr Zeit für die Gäste nehmen könnte und am Ende die Gäste, die von besser ausbalancierten, auf den Geschmack fokussierten Gerichten sowie einem aufmerksameren Service profitieren würden.
Martin will mit seiner Küche in erster Linie verblüffen und unterhalten. Gäste die einen etwas anderen Restaurantbesuch erleben möchten dürfen gerne einen Blick riskieren. So gab es auch um uns herum einige Paare, die sich offensichtlich bereits seit Jahren nichts mehr zu sagen hatten und dank den diversen Effekten ins Gespräch kamen oder wegen der Muuh-Dose wieder einmal herzhaft lachen konnten. In diesem Sinne hat Denis Martin sein Ziel erreicht.
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Menü: Zur Auswahl steht ein grosses Menü. Dieses besteht, je nach Saison aus ca. 22 bis 26 Gängen. Verrechnet wird dieses für 360 Franken.
Zeit: Das Menü dauerte 4.5 Stunden.
Wein: Eine Weinbegleitung wird nicht angeboten. Auf der kleinen Weinkarte findet man mehrheitlich Flaschen über 100 Franken. Offene Weine werden, abgesehen von je einem Weissen und Roten, nicht angeboten.
Online: Die tolle Website ist sehr schön und beinhaltet alles Wissenswerte.
Wertungen: Gourmör
/ Michelin
/ Gault-Millau 
(Besucht im April 2013)
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