Usagiyama (Hotel Ryokan Hasenberg), Widen

Das Usagiyama auf dem Hasenberg gilt als eines der bestes japanisches Restaurant auf dem europäischen Festland. Es ist auch eines der wenigen mit einem Michelin Stern. Der japanische Geschäftsmann Masafumi Kurahayashi hat das Ryokan (japanische für Gaststätte) im Jahr 2003 gebaut und sich für eine authentische japanische Küche entschieden. Doch bis es soweit war mussten noch einige Steine aus dem Weg geräumt werden. Zuerst galt es den Gemeinderat zu überzeugen, dass ein solches Hotel und Restaurant überhaupt auf den Hasenberg passt. Der hatte dann auch per Verordnung dafür gesorgt, dass das Restaurant weiterhin auch Schweizer Speisen anbieten musste – zum Glück wurde diese Auflage mittlerweile sistiert.

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Die nächste Aufgabe bestand darin einen Koch zu finden der die Fähigkeit besass Kaiseki Menüs zuzubereiten. Um diese Kunst zu erlernen muss ein Koch über zehn Jahr bei einem Meister in die Ausbildung. Dass man nach einer solch strengen und langen Ausbildung in Japan ein gefragter und bewunderter Koch ist, erklärt sich von selbst. Umso schwieriger war es einen solchen Mann zu überzeugen in die Schweiz zu kommen, in ein Land wo man japanischem Essen nur mit Sushi assoziiert. Doch die grösste Hürde stand noch bevor: den Koch zu überzeugen in der Schweiz zu bleiben. Wie auf der Homepage zu lesen ist, stellte sich der nämlich schon bald die Frage wozu man sich diesen ganzen Aufwand antut wenn es die Gäste sowieso nicht schätzten. Er war nämlich der Meinung die Schweizer bevorzugten die industriell hergestellte Sojasauce seiner selbstgemachten und würden es nicht wertschätzen, dass man das Wasser zum kochen aus einer externen Quelle bezieht weil das Hahnenwasser zu hart sei. Zum Glück hat man das Vorhaben aber nicht aufgegeben. Mittlerweile hat man nämlich einen sehr guten Ruf und die Gäste kommen von weit her um diese spezielle Küche zu kosten. Heute steht Kenichi Arimura mit einer Handvoll japanischer Jungköchen in der Küche und zelebriert die japanische Kochkunst.

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Das Konzept wurde seit dem Start ein paar Mal geändert. Zuerst hat man die aufwendigen Kaiseki Menüs auch im regulären Restaurant angeboten. Vor zwei Jahren konnte man diese nur noch in den japanisch eingerichteten Hotelzimmer geniessen. Dies hatte den Nachteil, dass diese oft durch Übernachtungsgäste besetzt waren. Kurahayashi hat dem nun Abhilfe geschaffen indem er seinen Hofschreiner Sugiyama beauftragt hat im EG drei neue Séparées zu schreinern. Zwei sind für 2 – 4 Personen und das Grosse für eine Gruppe bis ca. 10 Personen. Da dieser lange Tisch auch für mehrere zweier Gruppen vergeben wird empfehle ich beim Reservieren anzumerken, dass man in einem der Kleinen speisen möchte. So oder so, man fühlt sich sofort ins 9’500 km entfernte Land der aufgehenden Sonne versetzt. Denn nicht nur das Essen ist authentisch sondern auch der Service. Die immer lächelnden Damen tragen alle einen Kimono und ziehen vor dem servieren ihre Schuhe aus. Auch die Geste werden aufgefordert sich vor dem betreten der Séparées von ihrem Schuhwerk zu trennen. Für den Gang auf die Toilette stehen dann Hausschuhe parat.

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Tofu in Saiko-Miso (Sojabohnenpaste) einelegt // Spargel mit Bauernspeck // Aji Makrele in Essig und Peperoncini // Aronwurzelpaste mit Senf // Tintenfisch und Meerlattich gerollt und frittiert [7/10]

Der erste Blick gilt den vielen Details. Alles ist mit feinster Kleinarbeit zubereitet. So zum Beispiel die feinen Schnitte in der Aronwurzel oder der Meerlattich der kunstvoll in den Tintenfisch gerollt wurde.

Für mich war das geschmackliche Highlight der frittierte Spargel mit Speckaroma – einfach wunderbar! Der Tintenfisch war extrem zart, bei der Aronwurzel machte sich eine schöne Senfschärfe (schmeckte eher nach Wasabi?) breit. Auch die Makrelen im Peperonicini hatten eine angenehme Rasse und gaben ein schönes Mundgefühl. Ähnliche Schärfe gab es bei den Folgegängen nicht mehr.

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Klare Japanische Suppe mit Dashi / Tofu aus Fisch und Ei / Bambussprössling, Kirschblumen, Karotte [-/10]

Was für ein Tempo! Gerade mal 6 Minuten nachdem uns die Vorspeise serviert wurde erreichte uns bereits die Suppe.  Auch bei den weiteren Gängen wurde jeweils beim Abräumen gleich die nächste Kreation auf den Tisch gestellt.  An diesen speditiven Ablauf mussten wir uns zuerst gewöhnen.

Die Dashi, klare Suppe, gehört zur schwierigsten Aufgabe eines Kochs und ist so etwas wie die Visitenkarte. Für mich war der Geschmack der Suppe zu schwach. Man musste sich stark konzentrieren um ein leichtes Aroma wahrzunehmen. Diese milden Aromen ziehen sich wie ein roter Faden durch die japanische Küche. In dessen der Grundgeschmack des Produkts im Vordergrund steht. Mit Gewürzen geht man hier sehr zurückhaltend um oder verzichtet ganz darauf.

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Komposition von Sashimi dekoriert für Kirsch (Sakura)-Fest. Thunfisch, Loup de mer, Jakobsmuscheln, Tintenfisch, Dünn geschnittenes Gemüse, Wasabi, Sojasauce mit Dashi [6/10]
Ein Bijou! Diese Farben, diese Detailarbeit! Der erste Bissen war dann auch gleich eine Offenbarung. Zwei Jakobsmuschelteile mit einem kleinen Zitronenschnitz. Den einen Ecken in die hausgemachte Sojasauce dunken und einfach geniessen! Das zweite Highlight lag, versteckt unter einem Kirschbaumblatt, in einem Glas: Tintenfischstreifen, mariniert mit ein paar knackigen Fischeiern. Die beiden Edelfische (Tuna und Wolfsbarsch) waren sehr frisch und zart für meinen Geschmack wurden sie aber viel zu kühl serviert und waren geschmacklich zu belanglos.

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Crevette mit Brotkrusten fritiert / Zitronenscheibe, Salz mit Currypulver [8/10]

Ufff… was würde ich nicht alles machen um nochmals ein solches Stück essen zu können. Als dieser Gang am Nachbartisch aufgetragen wurde, hatte ich sogar mit dem Gedanken gespielt die Dinger in einem Sturmangriff zu erobern. Einzig die Sorge aus dem Restaurant geworfen zu werden ohne die weiteren Gänge zu essen hielt mich von diesem abenteuerlichen Vorhaben ab. Dafür genoss ich meine zwei Exemplare umso mehr; streute eine Prise Currysalz drauf, presste die Zitrone so behutsam, dass nur ein einziger Tropfen die feine Kruste traf und genoss dann intensiv!

Sakuramushi die Symbolspeise zur Kirschblütenzeit aus Kaisekiküche. Klebreis mit Rouget Barbet gedämpft, Sauce aus Pfeilwurzelmehl, Wasabi [-/10]

Der gedämpfte Rotbarbe lag eingewickelt im Klebreis. Das Wasabi war für die Schärfe zuständig. Ich wäre froh gewesen, wenn mir jemand erklärt hätte wie man so etwas genau isst. Auf jeden Fall war ich froh, dass mich dabei niemand beobachtete. Geschmacklich ging die Sache in Ordnung, wirklich überzeugend war es aber nicht.

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Rolle aus Lachs, Gurke und Yamwurzel. Dressing: Essig und Sesam [5/10]

Auch dieser Fisch war für mich zu kalt. Das wird auch der Grund gewesen sein, weshalb der Lachs zu wenig Geschmack hatte. Dafür stach der Gurkengeschmack schön heraus. Das Dressing war sehr speziell und lecker. Es erinnerte mich irgendwie an ein Haselnussjoghurt.

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Rindsfilet grilliert, an japanischer Sauce aus Sake-Hefe. Rettich in Kirschblumenform [5/10]

Ich hatte mich schon gefragt wie das Rindsfilet serviert wird damit ich es mit meinen Stäbchen essen kann. Die Lösung lag auf der Hand, es war in vier mundgerechte Happen geschnitten. Das Fleisch war medium-rare gebraten und extrem zart. Einzig die Tatsache, dass auch dieses Fleisch kühl serviert wurde, überraschte mich. Die Sauce passte sehr gut zum Fleisch und war wiederum wenig dominant damit der Eigengeschmack des Fleisches nicht verloren ging. Der Rettich war sehr speziell und erinnerte Geschmacklich überhaupt nicht an die Rettiche die ich bisher kannte.

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Sushi-Reis mit Krabbenfleisch in der grossen Tasche aus Ei,  Schwarzwurzel, Karotte, Ingwer // Misosuppe [5/10]
90 Minuten nachdem wir das Restaurant betreten haben, wurde bereits der letzte Gang aufgetragen. Die servierte Miso schmeckte mir besser als die erste Suppe, sie hatte mehr Aroma. Der Sushi-Reis war gut, vor allem überzeugte die feine Ei-Tasche und der frische Ingwer.

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Sakura-Mochi mit eingelegtem Kirschblatt (Klebreiskugel mit süsser Mungabohnenpaste) / Hausgemachte Glace mit Honig / Tofu aus Milch / Browniekuchen aus Schokolade / Früchte der Saison [6/10]

Fangen wir bei der Rangliste mal hinten an: Früchte der Saison… Erdbeere? Nun ja, ein bisschen Geschmack hatte sie. Die Melone war leicht besser, die Ananas war richtig reif. Das Sakura-Mochi war gut, für meinen Geschmack hätte aber mehr Mungabohnenfüllung rein gehört. Diese Füllung war nämlich sehr fein, ging wegen dem vielen Reis aber ein wenig unter. Der Tofu aus Milch war sehr lecker, die zwei Stück Brownie ebenfalls. Auch hier verwendete man wenig Zucker und Schokolade, aber es war sehr fein und sehr frisch! Platz 1 ging an die Honig-Glace, einfach genial! Während ich Löffel für Löffel auf der Zunge zergehen lies, frage ich mich weshalb es eigentlich so wenig Glace mit diesem Aroma gibt?

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Zur Rechnung wurde uns noch ein Origami geschenkt.

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Fazit: Wir hatten im Usagiyama einen schönen und interessanten Abend. In der Küche wird mit viel Liebe gekocht. Ein solches Restaurant zu bewerten ist sehr schwierig denn ich habe überhaupt keine Vergleichsmöglichkeiten. Ich esse zwar für mein Leben gerne Sushi das hat aber mit der Kaiseki Küche gleich viel gemeinsam wie Schnitzel Pommes in einem Fine Dining Restaurant. Das Einzige was ich bewerten kann ist der Geschmack und das ist schlussendlich das Wichtigste. Die Köche und Ihre Dashi in Ehren, aber würde mir die Suppe in einem anderen Restaurant serviert würde ich den Koch fragen ob er vergessen hat zu würzen. Und diese erwarteten Geschmacksexplosionen vermisste ich auch in vielen anderen Gängen. Ich brauche keine Schärfe und auch keine Bratensauce, aber schlussendlich will man ja einfach etwas tolles schmecken.

Die geschmacklichen Highlights hat es natürlich auch gegeben. Die Vorspeisevariation war zum Beispiel sehr toll. Auch die eine Hälfte der Sashimis (Tintenfisch und Jakobsmuscheln) waren genial! Unvergesslich bleiben auch die frittierten Crevetten im Brotmantel und die tolle Honigglace!!

Vom freundlichen Service wurden wir total alleine gelassen. Ich hätte es begrüsst wenn man uns zu Beginn das Konzept und den Ablauf erklärt hätte. Auch hätte es uns interessiert welche Getränke zum Essen passen würden. So bestellten wir zu Beginn einen Tee und wurden danach nicht mehr gefragt. Die Wein/Sake-Gläser wurden vor dem Dessert ungebraucht abgeräumt. Es lag sicher auch daran, dass die Bedienung kein Wort Deutsch sprach. Hier würde sich aber empfehlen, dass man einen Maître hätte, der mindestens zu Beginn zum Gast geht und das Menü bespricht.

Unter dem Strich war es eine schöne, neue Erfahrung. Wie geschrieben war jedoch für mich der Geschmack oft zu schwach, die Menüabfolge viel zu schnell (wir hätten das Restaurant während der Abenddämmerung verlassen, wenn wir das Dessert nicht um 40 Minuten verzögert hätten) und die Portionen zu klein. Auf dem Weg zum Ausgang hätte ich gerne noch einen Halt an der Sushi-Bar gemacht. Ich muss nicht der Völlerei frönen, jedoch mag ich es auch nicht noch leicht hungrig ein Restaurant zu verlassen.

Neben dem Michelin-Ausgezeichneten Restaurant Usagiyama gibt es übrigens auch noch ein à la carte Restaurant. Dort sitzt man an normalen Tischen und kann von der japanischen Alltagsküche ordern. Zu guter Letzt darf natürlich auch eine Sushi-Bar nicht fehlen. Die frischen Sushis bewegen sich auf einem Band am Gast vorbei und man kann sich wie gewohnt selber bedienen. Die Sushis sind hier von überdurchschnittlicher Qualität.

Online: Eine Homepage muss den Gast im Vorfeld informieren und ihm einen Eindruck über das Restaurant verschaffen. Besonders bei einem solch unalltäglichen Esserlebnis wie hier. Doch leider ist der Internetauftritt wirr und unübersichtlich. Es gibt Widersprüche und viele offene Fragen. Auch die Auskunft in welchem Raum man die Kaiseki Menüs essen kann wird nicht schlüssig beantwortet. Die Investition in eine schöne und übersichtliche Homepage würde sich bestimmt lohnen.

Übrigens empfiehlt es sich telefonisch zu reservieren. Die Reservationen per Mail werden nämlich nicht rückbestätigt! Auf Nachfrage wurde mir mitgeteilt, dass dies zu aufwändig wäre, deshalb melde man sich nur, wenn die Reservation nicht gemacht werden kann… ungewohnt und vor allem kundenunfreundlich!

Menü: Bei unserem Besuch standen drei Menüs zur Auswahl. Diese wechseln monatlich und sind einem speziellen Thema gewidmet. Bei unserem Besuch stand in Japan das Kirschfest an, deshalb prägte dies das Menü. Kurama für Fr. 169.- (wie oben beschrieben). Im Menü Daigo gibt es zusätzlich Toro vom Thunfisch (Fettreiches Teil vom Fisch – vor allem bei Japanern sehr beliebt) und statt dem Rindsfilet das edle Wagyu Beef (100 gr.) Preis Fr. 305.- also ein Upgrade von 136 Franken. Zu guter Letzt gibt es für 140 Franken noch eine abgespeckte Version des Kurama Menüs – davon würde ich aber abraten. Zum Essen bestellten wir Tee welcher jeweils mit 5 Franken verrechnet wurde.

Wertung: Gourmör / Michelin / Gault-Millau

6 Gedanken zu “Usagiyama (Hotel Ryokan Hasenberg), Widen

    • Vielen Dank Kim für den Hinweis. Absolut korrekt, es gibt noch weitere Restaurants mit einem Michelin Stern. Der Beitrag wurde entsprechend angepasst. Kulinarische Grüsse aus der Schweiz!

  1. Danke für diesen interessanten & informativen Bericht! Schön länger ist das Ryokan auf meiner Liste der potentiellen „to do’s'“, nun kann ich mir unter dem dargebotenen zumindest mehr vorstellen. Ob’s nun dadurch ein „must“ geworden ist, sei dahingestellt, Dein Bericht hat ja Stärken und Schwächen aufgezeigt… aber vielleicht ergibt es sich ja dennoch mal, japanisch mit Michelin Stern klingt einfach interessant!

  2. Wirklich schade, dass die Küche im Ryokan dir nicht mundete. Die Patisserie sieht ja auch nicht gerade weltbewegend aus. Freue mich auf weitere Beiträge!
    Süsse Grüsse
    Brian

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