Funky Gourmet ist das zweite und jüngste 2-Sterne-Restaurant in Athen. Die begehrte Auszeichnung wurde erst im letzten Jahr verliehen. Eröffnet wurde es vor sechs Jahren. Am Herd stehen Georgianna Hiliadaki und Nick Roussos. Das Lokal liegt etwas ausserhalb des Stadtkerns, weshalb sich eine Anreise mit dem Taxi empfiehlt. Die Fahrtkosten betragen hier in Athen sowieso nur zwischen drei und sechs Euro. Wie schon vorgestern im Spondi, bleibt das Taxi auch heute wieder vor einem weissen Gebäude stehen. Draussen wartet ein schwarz gekleideter Portier, der den Gästen den Weg ins minimal beschriftete Restaurant zeigt und – falls man mit dem eigenen Auto anreist – auch den Wagen parkiert.
Im Erdgeschoss befindet sich eine kleine Bar. Im oberen Stock ist der nur leicht beleuchtete Speiseraum. Eine breite Fensterfront gibt den Blick nach Draussen auf die alten Gebäude frei. Das Restaurant ist trendig und schlicht eingerichtet, die Stimmung etwas kühl. Das Serviceteam agiert zwar äusserst professionell, aber auch distanziert und unpersönlich. Die sonst übliche Gast-Service-Beziehung wird den ganzen Abend nicht entstehen. Dies hat damit zu tun, dass es hier recht speditiv vorwärts geht und die meisten Tische zwei Mal pro Abend vergeben werden. Dadurch bleibt wenig Zeit für Smalltalk. Auch unseren Platz dürfen wir nur für zweieinhalb Stunden für uns beanspruchen – um 23 Uhr treffen die nächsten Gäste ein. Wir mögen dieses Konzept eigentlich nicht, doch wenn Michelin sagt, dass es sich lohnt, nehmen wir auch das auf uns.
Kaum haben wir am dunklen, tischtuchlosen Tisch Platz genommen, erhalten wir in einem kleinen Mäppchen die drei verschiedenen Menüs. Das Grösste umfasst cirka 17 Speisefolgen und wird für 135 € verrechnet. Das abgekürzte Menü kostet 100 € und ein vier Gänge Menü wird für 70 € angeboten. Wir entscheiden uns für die grösste Option. Nachdem wir beim Sommelier auch noch die aufgelistete Getränkebegleitung bestellt haben, geht es bereits los.
Sea-urchin – Eggs in Egg [8/10]
Wir starten mit einer Komposition vom Seeigel, mit einem Hauch von Trüffel und himmlischen Limetten-Noten. Wir sind begeistert von dem extrem harmonischen und wunderbar nach dem Meer duftenden Häppchen – bitte mehr davon.
Greek bottarga with white chocolate [8/10]
Hätte uns vor zwei Minuten jemand gesagt, dass uns die Kombination von rohem Fisch und weisser Schokolade begeistert, hätten wir ihn glatt ausgelacht; aber genau das tut es nun – und wie! Perfekt dosiert und richtig temperiert, schaffen die beiden konträren Produkte eine unvergessliche Marriage.
Τaco [8/10]
Schon folgt der nächste Happen. Auch dieser knusprige Taco mit seiner herzhaften fleischig-intensiven Füllung und dem peppigen Koriander begeistert uns.
Pastitsio [7/10]
Neben dem Mousaka ist das Pastitsio eines der bekanntesten griechischen Gerichte. Hiliadaki und Roussos haben den beliebten Auflauf neu interpretiert. Auch hier geht der Daumen klar nach oben. Der angebratene Käse hat ein wunderbares Aroma und in Kombination mit den Makkaroni und der braunen Butter entsteht ein süffiges Zusammenspiel.
Picnic [8/10]
Zum Picknick lädt man die Gäste schon seit Jahren. Dieser Signature Dish wird dann auch toll inszeniert. Zuerst wandern Steine auf den Tisch, denen folgt die kleine rot-weiss karrierte Decke. Danach werden die Knabbereien kurz vorgestellt und aufgetragen. Da wäre das Baguette, welches man in der luftigen und süchtig machenden Mayo-Knoblauch Sauce dippt, dann gibt es das gekochte Wachtel Ei, welches man kurz mit dem Essig-Spray benetzt, dann die wunderbar gerösteten Cashewnüsse im essbaren Säckchen, anschliessend ein mit Gelée gebasteltes Mini-BLT-Sandwich mit Weissbrot, Tomate, Speck und Salat (absolut beeindruckend wie genial man diesen Geschmack hinbekommt) und abschliessend das beste uns jemals servierte Fleischbällchen – aussen kross innen saftig – unvergesslich! Dazu serviert man uns – absolut passend – ein kühles Bier.
Coulouri bread and Cretan buttermilk
Als Brotgang reicht man uns einen weiteren griechischer Klassiker, wie man in überall auf den Strassen angeboten bekommt: das Coulouri – ein Hefeteiggebäck mit Sesam. Dazu reicht man uns allerfeinste Buttermilch von der Ziege sowie Fleur de sel.
‚Kakavia‘ fish soup Shabu [7/10]
Die rohen und dünn geschnittenen Wolfsbarsch-Tranchen tunkt man mit einer Holzpinzette in der heissen Fischbrühe und gart den Fisch damit nach eigenem Gusto. Koriander und andere subtil eingesetzte Gewürze begleiten den edlen Wolfsbarsch. Dazu wird man aufgefordert, dazwischen immer wieder einen kleinen Schluck von der herzhaft intensiven Brühe, mit der angenehmen Schärfe vom Ingwer, zu nehmen.
Langoustine from Chios [6/10]
Puristisch geht es weiter. Nun liegt ein köstlicher Kaisergranat vor uns. Begleitet wird das edle Krustentier von einer leichten, mit Sepia gefärbten, Mayonnaise. Mehr braucht es bei dieser sehr guten Qualität nicht um zu überzeugen.
Snails with earthy aromas [8/10]
Fantastisch dann der Spaziergang durch den Wald. Dieser gelingt durch die verschiedenen Aromakombinationen wunderbar facettenreich. Stark die geschmacksvollen Pilze, super die Schnecken mit ihrem erdigen Aroma und köstlich der wohlduftende Trüffel, welcher direkt am Tisch über das Gericht geraffelt wird. Dazu Gerste an einer Kräutersauce. Ein äusserst delikates und sehr spannendes Gericht.
Greek Salad
Mit dem „Griechischen Salat“ folgt ein weiterer Signature Dish. Und auch hier werden wir von einem tollen Aroma überrascht, welches tatsächlich 1:1 nach dem originalen Vorbild schmeckt. Da sind Gurken, Oliven, Zwiebeln, Feta – wir sind schwer beeindruckt, dass eine eisige Masse so facettenreich und authentisch schmecken kann – Hut ab.
Rib eye tartare [5/10]
Das crèmige Tatar ist fein. Schön auch die leichte Schärfe vom Chili. Dennoch fehlt uns nach den vielen ausgezeichneten Gerichte der letzte Kick. So bleibt hier die erhoffte Offenbarung aus.
Rib eye on the stone [5/10]
Für den Hauptgang wandert ein heisser Stein in die Tischmitte. Darauf werden die einzelnen Fleischstücke gebraten. Uns gefällt die Idee und die Inszenierung sehr gut – auch wenn durch den Stein am Nachbartisch schon vorher das ganze Restaurant nach Rosmarin duftete. Das Fleisch ist sehr gut. Die Sauce angenehm rassig.
The Feta cheese that wished to be a beetroot [-/10]
Auch der Käsegang ist wiederum schön in Szene gesetzt und besitzt mit der Rande und dem Feta eine schöne Geschmackskombination. Nur schade, dass das rote Gemüse viel zu klein portioniert ist (lediglich eine halbe Millimeter dicke Schicht aus Gelée) und so niemals eine wahre Chance gegen den Käse hat. Erst nachdem wir das ganze Akribisch auseinander nehmen erschliesst sich uns das Gericht. Mit etwas mehr Feintuning, zum Beispiel durch einen zusätzlichen Randenkern, wäre hier viel mehr möglich gewesen.
‘Dipla’ [5/10]
Viel besser gefällt uns das griechische Weihnachtsgebäck mit dem knusprigen Kern und der kalten Vanille-Füllung.
Milk Skin Bracelet [-/10]
Die samtige Schatulle wird elegant vor uns geöffnet. Darin befindet sich ein goldener Armreif. Glücklicherweise ist es kein echter Schmuck sondern ein weiteres kleines pré-Dessert aus Milchhaut. Die Konsistenz ist zwar absolut ungewohnt aber gleichzeitig faszinierend. Das Aroma schmeckt angenehm nach Zimt.
Chocolate soup [9/10]
Anschliessend folgt das Hauptdessert und dieses ist schlicht grossartig. Zuerst zerschlagen wir mit dem Löffel die Schokoladekugel aus der eine flüssige, milchige Schokolade herausfliesst. Diese ist, wie auch der Teller, schön kühl und dadurch angenehm leicht und trotzdem schokoladig intensiv. Mit den darunterliegenden caramelisierten Nüssen gibt es ein traumhaftes Zusammenspiel. Schön auch das leichte Kirscharoma und die spannende Textur.
‘Melomacaron’ [5/10]
Ein feines Zimt-Nelken Macaron schliesst das Menü ab. Der französische Klassiker ist sehr fein, die Inszenierung eindrücklich und wohlduftend zimtig.
Fazit: Es ist zwar bedauerlich, dass der Abend wegen des Zeitdrucks eine Spur zu hastig verlief, jedoch war die kulinarische Leistung so stark, dass wir einen Besuch wärmstens empfehlen können. Denn genau so muss avantgardische Küche sein: Optisch spannend inszeniert, aber trotz der Kreativität immer klar auf den Geschmack fokussiert. Und so bot man uns an diesem Abend nicht nur handwerklich perfekt umgesetzte Gerichte, sondern offenbarte uns auch spannende Kontraste und wunderbare Aromawelten, welche bis heute nachklingen.
Zeit: Das Menü dauerte sehr kurze 2 Stunden und 45 Minuten. Danach wurden wir gebeten, das Digestiv unten in der kleinen Bar zu geniessen, wo die nächsten Gäste bereits auf ihren Tisch warteten.
Menü: Es gibt drei Optionen. Das grosse Menü für 135 €. Die etwas abgekürzte Variante für 100 € und ein Menü in vier Gängen für 70 €.
Wein: Neben der Weinkarte gibt es auch eine Weinbegleitung. Diese umfasst beim grossen Menü 9 Gläser und kostet 65 €. Schön, dass man nicht nur Weine kredenzt, sondern je nach Speise auch Mal ein passendes Bier oder einen hausgemachten Likör. Leider wandert pro Getränk nur ein sehr kleiner Schluck ins Glas. Wir sind keine Fans von Weinorgien, wie sie durch Weinbegleitungen manchmal entstehen, aber mehr als ein Probierschluck müsste bei dem Preis schon drin liegen.
Hier unsere Begleitung:
Tselepos Estate, Amalia Brut Sparkling Wine Moschofilero
Fresh Chios Beer
Gavalas Winery, Santorini Natural Ferment, Assyrtiko, 2014
Domaine Gerovassiliou, Sauvignon Blanc Fumé, 2013
Hahn Winery, Pinot Noir, 2013
La Tour Melas, Merlot-Cabernet Franc- Petit Verdot, 2012
Domaine Zafeirakis, Limnionas, 2011
Homemade liquer with Delamain Cognac
Argyros Estate, Vinsanto, 2007, 4 y.o
Online: Auf der neu aufgeschalteten Website findet man alles Wissenswerte über das Restaurant. Auch das aktuelle Menü ist dort zu finden.
(Besucht im Januar 2015)