Obwohl der letzte Besuch im Homann’s drei Jahre zurückliegt, sind die Erinnerungen an diesen Abend noch immer sehr präsent. Wir waren damals restlos begeistert über die Kochkunst der Brüder Horst und Daniel Homann. Einige der hervorragenden Gerichte können wir noch heute förmlich auf den Zungen schmecken. Und so war es eine klare Sache, dass wir bei der erneuten Reise nach Samnaun auch gleich einen Tisch im zweifach besternten Lokal reservieren.
Der heutige Skitag war traumhaft. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite und die Pisten waren absolut hervorragend. Die Vorfreude auf den heutigen Abend begleitete uns den ganzen Tag. Es ist nun halb acht und wir stehen vor dem unauffälligen 3-Sterne-Hotel, dem man von aussen nicht ansieht, dass es eines der besten Restaurants des Landes beherbergt. Das Engadinerhaus mit den 30 Zimmern haben Horst und Daniel vor 12 Jahren von ihren Eltern übernommen. Das Hotel hat viele Stammgäste. Die meisten von ihnen schätzen die hochstehende Küche, welche den Gästen auch im Rahmen der Halbpension, jeden Abend angeboten wird.
Das Highlight ist aber das Gourmetrestaurant. Jeweils von Donnerstag bis Sonntag verwöhnt man hier abends maximal sechzehn Gäste – eine exklusive Sache! Die aufwendigen Menüs sind dem Gault-Millau nicht nur 18 Punkte wert, sondern brachten vor drei Jahren auch die begehrte Auszeichnung „Aufsteiger des Jahres“. Dies ist dann auch die einzige Tafel die der Gast von aussen sieht.
Das Restaurant hat sich seit unserem letzten Besuch nicht verändert. Noch immer stehen nur eine Handvoll Tische, im mit Arvenholz verkleideten Speisesaal. An dreien sitzen Hotelgäste und geniessen das Halbpension Menü. Das ist gut für die Stimmung, denn wir sind heute die einzigen externen Gäste. Die einzige Veränderung betrifft den Service. Wie wir später erfahren werden, hat man sich nach unserem letzten Bericht für eine neue Lösung entschieden. Heute leitet Fabian Heistinger motiviert und freundlich durch den Abend. Unterstütz wird er von Daniel Homann, der während dem Service die Küche seinem älteren Bruder überlässt und stattdessen den Gästen mit seiner natürlichen Art die Gerichte präsentiert und so die Küchenphilosphie dem Gast näher bringt.
Im Homann’s gibt es lediglich zwei Menüs: Das Überraschungsmenü und ein Fischmenü. Und da man sich bereits bei der Reservation für eine der beiden Speisefolgen entscheiden muss, entfällt das Studieren der Speisekarte. So bestellen wir zum Start lediglich ein Glas Champagner von Bollingers Special Cuvée und erhalten sogleich die ersten Snacks.
Restaurantleiter Fabian Heistinger
Snack 1 [8/10]
Schon der erste Akt ist eine Ansage. Vier kleine Petitessen bilden eine Ansammlung feinster Aromen. Wunderbar saftig ist das Wienerschnitzel mit einem Hauch von Trüffel; sehr gut die Kürbismosserolle mit dem herrlichen Caramelgeschmack. Simpel aber stark der Samnauner Lolly mit selbstgeräuchertem Speck und dem wunderbaren 13 Monate gereiften Alpkäse. Aber auch das Tatar mit der eleganten Senfnote begeistert.
Snack 2 [9/10]
Der zweite Teil ist gar noch raffinierter. Der intensive Fischburger ist schlicht ein Traum. Perfekt balanciert und mit einem wunderschönen Mundgefühl. Das „Haus-Krabbenbrot“ mit Jakobsmuscheltatar, Apfel- und Gurkengelée lässt uns tief ins Meer eintauchen. Die knusprige Poulet-Praliné ist nicht nur himmlisch zart, sondern in der Kombination mit Kokosnuss und Erdnuss hochgradig süchtig machend!
Kaltes Amuse Bouche: Thunfisch-Saiblin [7/10]
Das Amuse vom Lachs und dem Tuna wird auf einem speziellen Geschirr auf zwei Ebenen serviert. Jede ist für sich eine stimmige Kombination, mit einer auffälligen Frische und einem intensiven Fischaroma. Der Thunfisch wird von Avocado, Gurke und einem Passionsfrucht-Gurken-Glacé begleitet. Der saftige Saibling kommt mit rassigem Peperoni, knusprigen Chips und einer ausgezeichneten Fischkugel daher. Diese Sphäre lassen wir am Gaumen zerplatzen wodurch ein Fischfond mit einem delikaten Fenchel-Tomaten-Aroma freigesetzt wird.
Brot
Die Brotauswahl ist dann etwas vom Besten das uns bis dato serviert wurde. Eine aufwändige und geschmacksvolle Variation die uns auch als in sich geschlossenes Abendessen durchaus glücklich machen würde. Auf dem Tisch finden wir ein noch warmes Brioche, delikate Sesam-Cracker, hauchdünne und geschmacksvolle Kreuzkümmel-Bretzeli sowie Brot mit Tomate, Speck und Kartoffel. Auch die Aufstriche sind grossartig. So gibt es nicht nur gesalzene und ungesalzene Butter, sondern auch Butter mit Oliven und Peterli.
Gänseleber – Rande x 3 [8/10]
Die Kombination mit der perfekt schmelzenden Gänseleber, der leicht süssen Rande und der hauchdünnen Bitterschokolade verdient grossen Applaus. Dazu kombinieren die Brüder einen perfekt dosierten Apfelgelée und etwas Ziegenfrischkäsemousse. Alles ist geschmacksvoll und aufwendig kombiniert. Jeder Bissen ist ein Hochgenuss. Beeindruckend auch das separat gereichte Tellerchen, mit dem wunderbar temperierten Gänseleber-Glacée und dem Randengelée. Daumen hoch auch für das sehr feine Macadamia-Brot.
Warmes Amuse Bouche: 60 Minuten Eigelb [9/10]
Als wäre der bisher praktizierte Aufwand nicht schon gross genug, servieren die Homann-Brüder seit dieser Saison auch noch ein warmes Amuse Bouche – und was für eines! Das Bratkartoffelespuma ist nicht nur hervorragend im Geschmack sondern auch angenehm leicht. Das im 61 Grad warmen Wasserbad gekochte Eigelb ist angenehm wachsartig und das prominente Speck-Aroma eine Wucht, dazu gesellt sich ein perfekt dosierter Zwiebelgeschmack, etwas weisser Wurzelschaum und angenehme Bitternoten vom Babyspinat.
Das letzte Amuse Bouche ist durch und die Uhr zeigt bereits 21.50 Uhr. Das Homann’s ist kein Ort für gestresste Menschen. Man muss hier dem Genuss fröhnen wollen und dazu genügend Zeit mitbringen. Wir werden zwar gefragt ob wir zwischen den Gängen kürzere Pausen wünschen, doch da der Wetterbericht für morgen nichts gutes Prophezeit und wir uns im Moment im kulinarischen Himmel befinden, sehen wir keinen Grund an der jetztigen Situation etwas zu ändern.
Kaisergranat [9/10]
Damit die Stimmung so gut bleibt, dafür sorgt auch dieser hochwertige Kaisergranat, der sich als weiteres Highlight entpuppt. Das edle Krustentier mit dem authentischen Eigenaroma ist schlicht ein Traum. Auch an das mit Kaisergranat gefüllte Praliné und das geniale Krustentiersüppchen werden wir noch lange denken. Der dazu servierte, angenehm süsse Mais, der geniale Popcorn-Chip und das Ur-Rüebli bereichern den Kaisergranat ungemein. Stark wie die Küchenbrigade hier die Klaviatur mit den verschiedenen Aromen spielt und das Ganze im Gaumen in einer ganzen Symphonie gipfelt. Hummer Süppchen mit leichten Maisnoten.
Die letzten Stücke vom Kaisergranat finden wir in der separat gereichten, toll abgeschmeckten Krustentier-Consommé.
Bouillabaisse [8/10]
Nicht nur der Duft dieser Bouillabaisse ist beeindruckend, sondern auch das äusserst geschmacksvolle Bouquet im Mund. Neben den geschmacklich Ton angebenden Miesmuscheln, finden wir im Teller noch zweierlei Fisch. Der Skrej (Kabeljau) ist mit sous-vide glasig gegart. Die delikate Seezunge schön heiss gebraten. Die Bouillabaisse ist von edler Perfektion mit voller Harmonie.
Brust vom Schwarzfederhuhn [9/10]
Jetzt wird es animalisch. Der Duft vom Geflügel und der korrespondierenden Zwiebel verbreitet sich am ganzen Tisch. Die Brust vom Schwarzfederhuhn ist perfekt zubereitet. Das zarte Stück erinnert von der Konsistenz eher an ein Stück Kalb. Eindrücklich auch das Zusammenspiel mit der Zwiebel. Der Zwiebelsirup und die geschmorte Zwiebel verleihen dem Gericht viel Charakter ohne aufdringlich zu sein. Ein süffiges Gericht mit viel Geschmack.
„Milchkälbli“ [9/10]
Die Homann-Brüder verarbeiten von einem Tier nicht nur die „Edelstücke“, sondern auch die wahren Delikatessen. Heute Abend wird uns eine arbeitsintensive Variation vom Milchkalb aufgetischt. Neben dem zarten Filet werden wir auch mit der geschmorten Backe beglückt. Aber auch die Zunge und die wunderbaren Milken dürfen nicht fehlen. Der Höhepunkt ist aber die grossartige Haxen-Krokette (was würden wir nicht alles tun um davon noch ein Zweite zu bekommen). Abgerundet wird die zauberhafte Variation von einem wundervollen Jus, frischem Trüffel aus Périgord sowie Stangensellerie-Püree und mit Meersalz gebackener Knollensellerie.
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Erfrischung
Eine witzige Idee: Nach dem Hauptgang bietet man uns eine kleine Erfrischung in Form dreier verschiedener Köstlichkeiten an. Jeder Gast darf davon eine wählen. Wir lassen die Eisschnitte und das Exotic-Eis-Praliné schweren Herzens liegen und entscheiden uns einstimmig für das Magnum à la Homann’s mit seiner äusserst delikaten und erfrischenden Mandel-Glacé Füllung. Eine schöne Kombination welche wir jederzeit dem Original vorziehen würden.
Pré Dessert: Vanille-Yuzu-Eis [9/10]
Wie schon vorhin bemerkt, gehört die Pâtisserie zu den Stärken der ehrgeizigen Brüder. So setzt auch gleich das pré Dessert mit seiner fruchtigen Kombination ein erstes Ausrufezeichen. Wir mögen die süsse Vanille, die Säure von der Yuzu und die fruchtigen Komponente von der Quitte. Letztere gibt es geschmort, als Püree, Gel und als knuspriges Chip.
Kaffee – Schokolade – Kardamom – Ananas [9/10]
Das Dessert ist nicht nur stilvoll angerichtet, sondern auch geschmacklich eine Wucht. Spannend und elegant die Tonkabohnen-Schokolade-Kardamom-Schnitte in Kombination mit der Ananas. Uns offenbart sich ein grosser Wohlgeschmack. Für die Erfrischung sorgt auf einem separaten Teller ein säurebetontes Ananassorbet. Auf dem dritten Teller begeistert uns eine köstliche Kaffee-Kombination mit einem Mousse, Espuma und einem Kaffee-Kardamom-Glacé sowie etwas Pistazienstaub.
Friandises [10/10]
Für die Friandises werden wir nach draussen in die Lobby gebeten. Dort warten nicht nur die von uns bestellten Espressi, sondern auch ein komplett eingedeckter Gabentisch mit unzähligen Süssigkeiten. Ein wahrer Dessert Traum! Wir entdecken darauf ein grossartiges, überdimensionales Himbeer-Macaron gefüllt mit Vanille, verschiedenen Zuckerlollis, geschmacksvolle und perfekt zubereitete Pralinés, eine Wäscheleine mit Esspapier und daneben hausgemachte Nutella mit Orangengoût, die man auf die Butterkekse streichen kann. Als wäre das nicht genug, wartet auch noch ein dekonstruierter Bananensplit auf uns. Eindrücklich, dass hier trotz der hohen Quantität, jeder einzelne Happen mit einem perfekten Handwerk und viel Geschmack begeistert. Ein perfekter Abschluss eines langen und traumhaften Menüs.
Fazit: Und wieder erlebten wir im Homann’s ein umfangreiches und fantastisches Menü das uns von A-Z begeisterte. Es ist beeindruckend welch unglaublicher Aufwand hier betrieben wird. Und so macht es grosse Freude zu bestaunen was die beiden Brüder, angetrieben von ihrer grossen Leidenschaft, hier in einem 5 Stunden andauernden Feuerwerk servieren. Doch um auf einem solch hohen Niveau kochen zu können, benötigt es nicht nur viel Herzblut und ein starkes Team, sondern auch richtig viel Talent. Und das ist hier offensichtlich vorhanden. Die Gerichte zeugen dann auch von einem hochstehenden Handwerk, sind wunderschön inszeniert und haben auch richtig viel Geschmack. Einziger Wermutstropfen ist die grosse Distanz nach Samnaun. Wir können aber allen empfehlen die nächsten Wander- oder Skiferien im schönen Samnaun zu planen und dabei einen Abend bei den talentierten Brüdern zu verbringen. Die Beiden gehören zu den ganz Grossen der Schweiz.
Daniel Homann, Christian Seidel, Petra Wielander, Horst Homann
Zeit: Unser Dinner dauerte 5 Stunden und 30 Minuten. Man hat uns dazwischen angeboten die Gänge schneller servieren zu lassen.
Menü: Schon bei der Reservation muss man sich für eines der beiden Menüs entscheiden. Wir empfehlen das Überraschungs-Menü. Dies wird in 6 Gängen (209 Franken), 5 Gängen (184 Franken) und 4 Gängen (161 Franken) serviert. Zusätzlich kann man für 59 Franken zwei zusätzliche Surprise-Gänge bestellen. Daneben gibt es auch ein Fisch-Krustentier-Menü in 5 Gängen zu 185 Franken. Dazu serviert werden zwei Snacks, zwei Amuse Bouches, ein pré Dessert und eine grosse Auswahl an Friandises.
Wein: Die Weinkarte ist sehr umfangreich und mit Fachwissen aufgebaut. Auch eine Weinbegleitung bietet man an.
Unsere Weinbegleitung welche für 100.- verrechnet wurde:
Sauvignon Blanc AOC, J.-P. Pellegrin, Sauvignon Blanc, 2012
Riesling Braunberger Juffer Sonnenuhr Auslese, Weingut Fritz Haag, Braunberg, Riesling, 2008
Unplugged Chardonnay „Homann’s Edition“, Hans Reeh, Österreich, Burgenland, Chardonnay, 2013
Meursault Les Narvaux, Piette-Yves Colin – Morey, Frankreich, Chardonnay, 2011
Rotgipfler Top Selektion, Weingut K. Alphart, Thermenregion, Traiskirchen, Rotgipfler, 2011
Matassa Blanc VdP, Domaine de Matassa, Frankreich, Côtes Catalanes, Macabeu, Grenache Gris, 2008
Clos Martha, Familie Sina & Matthias Gubler, Maisprach, Blauburgunder 2010
Kollwentz Steinzeiler, Weingut Römerhof, Markt Grosshöflein, Cabernet Sauvignon, Zweigelt, 2009
Maury Rouge, Domaine de Fagayra, Grenache Gris, Maccabeau, 2009
Tipp: Wer auch die restlichen Ferientage in den kulinarischen Genuss der beiden Brüder kommen will, bucht am besten ein Zimmer im Hotel Homann’s. Es wird jeden Abend ein liebevoll zubereitetes 5 Gänge Menü im Rahmen der Halbpension serviert. Dieses wird auch externen Gäste für 44 Franken angeboten.
Online: Auf der Website findet man einige Fotos und Preise zu den Menüs. Die Wein- und die Speisekarte sind indessen nicht online verfügbar.
Wertung: Gourmör / Michelin
/ Gault-Millau
(Besucht im Januar 2015)