Tantris, München (D)

Als der Schweizer Architekt Justin Dahinden, das im Jahr 1971 erbaute ‚Tantris‘ plante, ahnte er noch nicht welch Bedeutung dieses Restaurant 40 Jahre später haben wird.  Zuerst schuf es dem Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann eine Plattform für sein Handwerk. 1979 übernahm dann die Kochlegende Heinz Winkler die Küchenbrigade und erkochte 1982 als jüngster 3-Sterne-Koch, im Alter von 33 Jahren den dritten Stern (Andreas Caminada erkochte sich ebenfalls mit 33 Jahren den 3. Stern jedoch war er beim Erhalt ein paar Monate älter als Winkler). Diese 3 Sterne behielt das ‚Tantris‘ eine ganze Dekade. Nach dem Abgang von Winkler übernahm der damalige Sous Chef Hans Haas und dieser führt noch heute die Küche und hält 2 Sterne im Guide Michelin und 18 Punkte im Deutschen Gault Millau.

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Bei dem grossen Weinkeller von über 50’000 Flaschen empfiehlt es sich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Da wir das ‚Tantis‘ an einem heiss-schwülen Donnerstagmittag besuchten, freuten wir uns auf einen schön klimatisierten Raum. Zumal man sich gemäss Reservationsbestätigung „angemessen kleiden“ sollte. Die Krawatte liessen wir zwar im Auto aber das lange Hemd wurde trotz Hitze angezogen. Umso ernüchternder dann die Information beim Eintreffen, dass man das Essen heute im Garten servieren wird.

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Wobei man Garten in Gänsefüsschen schreiben müsste da dieser Teil des Restaurants sichtlich wenig mit einem solchen gemein hat. Stattdessen sitzt man auf (schön designte) Plastikstühlen und diese stehen wiederum auf einem grünen Tartan-Boden den man von der Laufbahnen kennt. Wirklich gemütlich ist dieser Teil des Restaurants nicht. Dazu kamen die 33 Grad Sommerhitze welche sich unter den heruntergefahrenen Sonnenstoren anstauten. Ich war nicht der Einzige dem es die Schweissperlen auf die Stirn trieb. Dass man dem Gast alternativ auch einen Platz drinnen anbietet würde wäre sehr wünschenswert.

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Dass wir uns im tüppigen Garten mit den unschönen Messingpfeilern trotzdem wohl fühlten ist dem tollen Service zu verdanken. Trotz der höchsten Professionalität hat es immer wieder Platz für einen Spruch oder einen kurzen Schwatz. Beim Gang auf die Toiletten sah man dann auch die eindrucksvolle Innenarchitektur des Restaurants. Unglaublich wie zeitlos und modern die Einrichtung ist (Fotos gibt es am Ende des Berichts). Ebenfalls aufgefallen sind mir die vielen Tische. An einem ausgebuchten Abend werden hier über 100 Gäste bewirtet.

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Brot und Butter [5/10]

Das Brot war zwar fein, mochte mich aber nicht zu begeistern. Auch die Butter war einfach „nur“ normal. Zumindest eine gesalzene Variante hätte ich begrüsst.

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Sardine in Sepia eingefärbtem Knuspermantel frittiert auf Curry [7/10]

Unser Menü startete mit einem kleinen Gruss aus der Küche. Eine frittierte Sardine in einer mit Sepia-Tinte gefärbten Kruste. Der Fisch war sehr fein und hatte trotz frittiertem Mantel ein schönes Eigenaroma. Die toll abgeschmeckte Currysauce passte super zum Fisch. Die weisse Crème-Frâiche hätte es nicht gebraucht.

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Pochierte Terrine von Gänseleberparfait mit Mispeln, Sellerie und Brioche [8/10]

Ein schöner und wunderbar in diese Jahreszeit passender Gang. Die Terrine hatte ein gutes Aroma und der Geschmack nach Gänseleber kam immer wieder durch. Zusätzlich wurden in der Küche auf ein etwas zu trockenes Brioch, modische Gänseleberspäne geraffelt. Diese schmeckte aber eher nach Speck und Rauch als nach Leber. Apropos geräucherter Speck, eine solche Scheibe von der Ente lag ebenfalls auf dem Teller.

Dem Gericht die Krone aufgesetzt haben die vielen süssen Komponenten auf dem Teller welche die Leber-Terrine vorzüglich begleiteten. Die fruchtigen Dressings und die tollen Mispeln. Einzig der Komponente „Sellerie“ setzte keine Akzente.

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Ausgelöster Hummer mit Sepiaravioli und Artischockencrème [7/10]

Der Hummer war so wie die Natur ihn schuf – also ungewürzt und dadurch eher fad. Leider war er auch etwas gummig. Viel besser, ja sogar richtig genial dann der Ravioli mit Sepia-Tinte (Sepia zum Zweiten). Die Füllung hatte einen tollen Eigengeschmack – der Inhalt selber wurde nicht angekündigt aber das war vom Aroma und Konsistenz her kein Sepia sondern eher Flusskrebs. Auf jeden Fall absolut toll! Auch die perfekt zubereitete Aubergine überzeugte sehr. Das Ganze lag in einem sehr feinen Sud in dem auch noch ein paar Spinatblätter ihren Auftritt hatten. Das schwarze Chips ist übrigens aus Kartoffeln und hat die Farbe… genau von der Sepia-Tinte (zum Dritten). Geschmacklich erinnerte der Chip übrigens sehr stark an die neuen Zweifel Graneo.

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Sautiertes Kalbsbries mit Kopfsalatpürée und Trüffeljus [8/10]

Beim lesen von Trüffeljus dachte ich zuerst an Trüffel Öl aber zum Glück kommt so etwas gar nicht in Haas Küche. Hier wurde nämlich schwarzer Trüffel eingekocht. Kleine Stückchen dieser Rarität schwammen dann auch im Jus. Leider konnte man auch mit der höchsten Aufmerksamkeit keine Geschmacksnuancen von dieser Edelknolle ausmachen. Zum Glück schmeckte der Jus aber auch so sehr fein – wenn auch nicht so intensiv wie erwartet.  Das Kopfsalatpürée war alles andere als spannend. Klar ist es schwierig ein Gemüse das aus über 90% aus Wasser besteht zu einem kulinarisch hochstehenden Pürée zu verwandeln aber wenn es so schmeckt wie hier, lässt man es besser sein.

Ganz den Erwartungen entsprachen die tollen Milken. Für mich immer noch total unverständlich, dass so viele Menschen diese Innereien (Kalbsdrüsen) nicht mögen respektive nicht einmal probieren. Die schmecken einfach wunderbar, vor allem wenn sie so toll zubereitet werden wie diese hier. Ach ja, im Jus hatten auch ein paar Spinatblätter ihr Revival (zweiter Auftritt).

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Gebratener Seeteufel mit Gnocchi und Bouillabaissesud [8/10]

Als mir der Hauptgang serviert wurde war ich schon ziemlich enttäuscht. Wieder ein Sud, wieder die Sepia-Tinten (zum Vierten)-Chips (Teil 2) und schon wieder Spinat (dritter Auftritt) – sogar die Optik war gleich wie bei den beiden vorherigen Gerichten. Hat man vom Vorabend noch Restbestände? Wird das Menü so oft gewechselt, dass man schon innerhalb einer Menüabfolge die Übersicht verliert? Sogar der Sud erinnerte mich extrem an die Hummervorspeise. Dieser Hauptgang war dann leider auch die erste Speise in einem Sternerestaurant welche ich nach den ersten paar Bissen am liebsten stehen gelassen hätte. Nicht weil es nicht gut schmeckte sondern weil es total langweilig und uninspirierend war X-Mal das Selbe zu essen.

Eigentlich sehr schade für den toll zubereiteten Seeteufel. Der Garpunkt wurde voll getroffen. Zudem war der Fisch super abgeschmeckt. Im Kontext zum ganzen Menü gäbe es hier nur einen Punkt auf meiner Skala und zwar für den überzeugenden Fisch und die super tollen Gnocchi. Unabhängig gewertet, also als hätte man nur diesen einen Teller geordert, ist das Gebotene klar auf dem 7 Punkte Niveau.

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Dessert aus Himbeeren und Champagner [7/10]

Wir konnten uns beim Dessert nicht entscheiden und so überraschte uns der Maître gleich mit zwei Nachspeisen. Eine sehr tolle Geste, vielen Dank! Das Himbeeren Dessert stammte aus einer feinen Himbeer-Schnitte, eingelegten Himbeeren (zu wenig reif/süss), einem caramellisierten Vanilleküchlein in einer tollen Tartelette und zu guter Letzt aus einem Sauerrahm Glacé mit wenig Geschmack. Der Auftritt vom Champagner blieb unbemerkt.

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Mascarponesoufflé mir Pfirsichen und Vanilleeis [7/10]

Das Soufflé darf auf der Dessertkarte des ‚Tantris’ nie fehlen. Und so zauberte die Küchencrew eine perfekte und schön warme Variante auf den Tisch wie man sie nur noch selten bekommt. Der Zitronengeschmack war zwar nicht angekündigt passte aber sehr gut. Dazu gab es reifen Pfirsich in Erdbeersauce und eines der besten und intensivsten Vanille-Glacé das ich jemals essen durfte.

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Friandises [7/10]

Zum besten Kaffee den mir jemals serviert wurde (eigene Bohnenmischung) gab es dann noch eine Auswahl an Friandis. Am Nebentisch, an dem vier Leute assen, gab es noch eine viel grössere Auswahl. Die Patisserie scheut also überhaupt keinen Aufwand. Bei den verschiedenen Küchlein überzeugten vor allem die bereits erwähnten tollen Tartelettes und beim Blaubeerenstück die super Füllung. Das Himbeer-Kokos Häppchen ist noch erwähnenswert da die Mischung recht speziell war aber sehr gut passte. Und auch das sehr feine Schokoladen Häppchen mit Fruchtgelée Füllung war ein Genuss.

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Fazit: Die beiden Desserts und die Friandises konnten nicht über den Fauxpas der Küche, betreffend des Vorhergehende hinweg trösten. Ich habe mich auf ein tolles Menü in einem schönen Restaurant gefreut am Ende war das Gebotene spätestens nach der dritten Wiederholung langweilig und das Ganze ass man zudem in einer viel zu heissen Umgebung. Die Enttäuschung über das Menü hat aber überhaupt nichts mit den einzelnen Speisen zu tun sondern mit der oben erwähnten Einfallslosigkeit und den damit verbundenen Wiederholungen. Wie will man nach dem dritten Repetieren noch begeistert vor dem Teller sitzen?

Abgesehen von der Menüfolge waren die einzelnen Gänge auf sehr hohem Niveau und konnten allesamt überzeugen. Alles war sehr präzis und harmonisch auch wenn die einzelnen Saucen noch einiges intensiver hätten sein dürften. Zudem hat man immer wieder gemerkt, dass noch mehr drin liegt und dass man hier zum Mittag nicht das volle Können abruft. Zum Sichergehen ob dem so ist und ob die konsequente Sorgfalt der Menü-Zusammenstellung erst am Abend zum Zug kommt, benötigt es einen zweiten Besuch. Leider ist München nicht gerade mein regelmässiges Revier. Da die Speisen aber sehr überzeugten würde ich hier gerne wieder einmal einkehren. Dann werde ich mich aber für ein Abendessen entscheiden und einen Regentag abwarten um ganz sicher zu gehen, dass man uns diesmal ins Innern des ‚Tantris‘ setzt.

Menü: Das Mittagsmenü wird in drei Gängen zu 65 € und in 5 Gängen zu 100 € angeboten dazu kommt eine kleine Auswahl an einzelnen Gerichten. Im 5 Gang Menü kann man sich bei einer Vorspeise, im Hauptgang und beim Dessert jeweils zwischen zwei Varianten entscheiden. Am Abend gibt es neben einer à la carte Auswahl ebenfalls ein 5 gängiges (140 €) sowie ein 8 gängiges (165 €) Gourmetmenü. Das Menü wird bei jedem Service neu zusammen gestellt. Wie man aber aus verschiedenen Berichten liest, wiederholen sich einzelne Elemente sehr oft.

Wein: Zum kleinen Mittagsmenü gab es für 20 € zwei korrespondierende Weine, beim grossen Menü gab es kein fixes Angebot. Das neue Sommelier-Team stellte uns aber gerne zu jedem Gang ein passendes Glas zusammen. Die Auswahl überzeugte fast durchgängig  und wurde mit 89 € verrechnet.

Online: Die Homepage ist toll gestaltet und zeigt die Schönheit des Restaurants. Da das Menü regelmässig wechselt gibt es keine aktuelle Karte sondern lediglich Beispiele. Auch Bilder der Speisen vermisst man auf der Website.

Wertung: Gourmör / Michelin / Gault-Millau

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