Der schöne Gasthof ‚Sternen‘ steht seit über 150 Jahren in Walchwil, direkt am Zugersee. Christine und René Weder übernahmen das Restaurant vor 16 Jahren und führten es mit viel Engagement bis an die Spitze. Mit einem Michelin Stern und 16 Punkten im Gault-Millau, ist das Restaurant seit einigen Jahren das höchst Bewertete im Zentralschweizer Kanton.
Zu Beginn von René Weders Karriere hätte noch niemand geglaubt, dass er jemals um Punkte und Sterne kochen wird. Weder entschied sich nämlich zuerst für eine Lehre als Tiefbauzeichner. Erst auf dem zweiten Bildungsweg hat er sich zum Koch ausbilden lassen (wir danken!).
Wir besuchten den ‚Sternen‘ an einem der wenigen kühlen Mai -Tage. Die Strasse von Zug aus schlängelt sich am Ufer des Zugersees entlang. Unser Blick schweifte während der Fahrt immer wieder auf den See, dessen spezielle Farbe mit den dunklen Wolken für eine mystische Stimmung sorgte. Uns war zwar bewusst, dass diese Regenwolken ein Abendessen auf der Terrasse direkt am See verunmöglichen werden, doch wir freuten uns genau so auf einen Abend in den gemütlichen Stuben.
Vor dem Restaurant angekommen, begann es dann auch zu regnen. Schwere Tropfen trafen auf unsere Windschutzscheibe und zerplatzten dort mit einem dumpfen Geräusch. Wie in einem kitschigen Film, öffnete sich in dem Moment die Restauranttür. Eine junge Servicemitarbeiterin lächelte uns entgegen und hielt uns die Tür auf, damit wir uns in den Gasthof retten konnten. Dort wurden wir von weiteren Mitarbeitetenden und vielen frischen Blumen begrüsst. Wir waren die ersten Gäste und wurden sogleich in die schöne „Sternen Stube“ begleitet.
Christine Weders Servicemitarbeiterinnen sind aufmerksam und freundlich. Ihr Service-Herzstück war Somelier Jürg Hasler. Seine natürliche und sehr freundliche Art begleitete uns den ganzen Abend. Hasler übernahm auch die Auswahl der Weinbegleitung, bei der er ein sehr gutes Händchen bewies.
Doch zuerst mussten wir uns für die Speisen entscheiden. Dafür wurde uns die Karte gereicht und zugleich gefragt, ob wir Lust auf ein Überraschungsmenü hätten. Als wir dann die Karte öffnen wollten, um zu sehen was sonst noch zur Auswahl stand, mahnte man uns, dass darin das „Überraschungsmenü“ detailliert aufgelistet sei. Das „Überraschungsmenü“ entpuppte sich als „saisonales Menü“, welches auch auf der Internetseite aufgeschaltet war und in vier bis sieben Gängen angeboten wird.
Wir bestellten mit Augenzwinkern das „Saisonale-Überraschungsmenü“ und ahnten da noch nicht, welche Auswirkungen dies haben wird…
Zuerst erreichte uns aber eine schöne und abwechslungsreiche Brotauswahl. Dazu servierte man uns Butter, feines Olivenöl und rosa Salzflocken.
Wenig später wurde uns dann der Gruss aus der Küche serviert:
Thunfisch an Senfhonigsauce, Tomatenmousse Windbeutel, orientalisches Couscous, Kürbischutney und dreierlei Nüsse [6/10]
Eine kurz angebratene Scheibe vom Thunfisch lag auf der Tellermitte. Der Fisch war zwar unerwartet kühl, jedoch frisch und sehr fein. Die rassige Dijon-Senfsauce war ebenfalls lecker, doch zum Wohle des Eigengeschacks, liessen wir diese nur in mikroskopischer Dosierung an den fast rohen Tuna. Dass Weders Küche nicht nur klassisch sondern auch kreativ ist, dies bewies der luftige Windbeutel, welcher mit Tomatenmousse gefüllt war sowie auch die drei Nüsse mit unterschiedlicher Ummantelung (Wasabi / Schokolade / Honig).
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Meeresfrüchte mit Spargel [7/10]
Auf einem biederen Glasteller wurde anschliessend der erste Gang serviert. Der Duft nach frischen Spargeln stieg gleich in die Nase. Vom Frühlingsgemüse gab es zwei Sorten, die grünen Wilden sowie die aromatischen Weissen aus Baden. Raffiniert und sehr überzeugend war die Vermählung mit der Orange (!). Dafür wurde der weisse Spargel seitlich aufgeschnitten und mit Orangenschale und – Saft betreufelt. Toll!
Auch das luftige Mousse gefiel uns gut, da auch hier das Spargelaroma sehr präsent war. Da gerieten die drei Meeresfrüchte, Langustine, Gamba und die Jakobschmuschel, schon beinahe zur Nebensache.
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Saiblingsfilet mit Sellerie und Rüebli-Ingwersauce [5/10]
Das zweite Gericht wurde klassisch unter ein Cloche serviert. Die beiden Saibling-Filets waren sehr fein und passten gut zu der gelben Sauce. Diese war gut abgeschmeckt und hatte einen angenehmen Karrotten-Goût. Der Sellerie war für unseren Geschmack etwas zu lange gekocht. Auch das restliche Gemüse war etwas ausdruckslos. Alles in allem ein nettes Gericht.
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Entenleber mit Erbsen und Minze [8/10]
Danach wurde uns der Höhepunkt des Abends serviert. Die Entenleber war sehr gut zubereitet, ein kulinarischer Traum. Überraschend war die Kombination von frischen Erbsen und intensiver Minze. Diese Vermählung liessen unsere Sinne jubilieren. Dieses frische Aroma war auch ein passender Kontrast zur tollen Leber.
Neben dem Teller gab es eine weitere Überraschung: auf Löffeln lagen zwei Glace-Häppchen – einmal ein überzeugendes Leber-Eis und zum andern ein unglaublich tolles Minzen-Sorbet – Hammer!
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Ravioli mit Ochsenschwanz und Morcheln [7/10]
An dieser Stelle hätte, gemäss Menü, eine „Kalbfleisch-Trilogie“ serviert werden sollen. Da wir beim Bestellen des Menüs das „Überraschungsmenü“ orderten, ging man davon aus, dass wir gewisse Gänge ersetzt haben möchten. Eigentlich eine tolle und bestimmt gut gemeinte Idee, aber als Gast erwarten wir, dass man uns über solche Absichten informiert. Auf die Kalbfleisch-Trilogie hatten wir uns nämlich besonders gefreut, da diese am Nachbarstisch einen äusserst schmackhaften Eindruck machte.
Nun sollte also dieses, eher unscheinbare Pastagericht, über den Verlust der „Kalbfleisch-Trilogie“ hinwegtrösten? Nachdem sich im Gaumen die frischen Aromen von den wuchtigen Morcheln und der intensiven Ochsenschwanzfüllung vermählten, wich die Skepsis und machte der uneingeschränkten Begeisterung Platz. Welch vollmundiger Gang – welch tolle, hauchdünne Raviolis!
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Sommerreh an Rosmarinjus, neue Kartoffel und Gemüse [6/10]
Auch beim Hauptgang gab es eine weitere „Überraschung“, statt dem angekündigten Lamm wurde uns ein Sommerreh serviert. Das Fleisch war gut zubereitet und von hoher Qualität. Dazu reichte man uns einen leichten, aber aromatischen Rosmarinjus. Das Gemüse war in Ordnung, weitaus mehr überzeugen konnten uns die Bratkartoffeln. Diese waren perfekt gebraten und hatten ein schönes Aroma.
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Käse
Die Käseauswahl war ein weiterer Höhepunkt. 40 verschiedene Sorten warteten auf den genüsslichen Verzehr. Dazu servierte man uns eine vielzahl an Dressing; Süsser Senf, Preiselbeeren und Kümmel. Als wäre das nicht genug, stellte man uns eine frisch gebackene und noch wunderbar warme Scheibe Birnenbrot dazu – lecker!
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Avocado-Variation mit 2-farbiger Schokolade [7/10]
Das Eis war wuchtig und schmeckte unglaublich intensiv nach Schokolade, ohne dabei mastig zu sein – ganz stark umgesetzt! Auch das zweifarbige Schokoladenmousse war ein wahrer Schokoladentraum. Bei den beiden Avocado-Desserts (Sorbet und Panna Cotta) hätten wir uns etwas mehr Eigenaroma dieser tollen Frucht erhofft. Trotzdem das Dessert war ein würdiger Abschluss dieses wunderbaren Menüs.
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Friandises [8/10]
Die Patisserie zündete anschliessend noch das Schlussbouquet und konnte dabei nochmals unsere vollste Aufmerksamkeit geniessen. Feine Gelées, frisches Gebäck und ein geniales, caramelisiertes Popcorn! Von jedem dieser Häppchen gab es pro Person ein Stück. Für einmal mussten wir uns nicht um die Friandises streiten.
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Fazit: Von Aussen eher unscheinbar, beherbergt der ‚Sternen‘ ein wunderbares Restaurant, in dem sich gemütlich tafeln lässt. Wir genossen ein tolles Menü auf einem durchgehend hohen Niveau. Die Gerichte waren dabei moderner als erwartet. René Weder geht mit der Zeit, ohne seine klassische Handschrift zu vernachlässigen. Dabei spürt man bei allen servierten Speisen, dass sich Weder und seine Küchenbrigade nicht auf den Lorbeeren ausruhen, sondern sehr motiviert am Herd stehen.
Den ‚Sternen‘ empfehlen wir sehr gerne weiter. Das nächste Mal besuchen wir das Restaurant an einem trockenen Tag und sind gespannt auf die Terrasse.
Wein: Somelier Jürg Hasler machte einen tollen Job und servierte uns den ganzen Abend überzeugende und zum Menü passende Weine. Die Weinbegleitung stand zwar nicht explizit auf der Karte, doch er erfüllte uns diesen Wunsch gerne. Interessant: Hasler zeigte uns die Weinetiketten jeweils erst nach ein paar Minuten, so konnten wir in der Zwischenzeit Gedanken über den Wein machen.
Die Begleitung beschränkte sich nicht nur auf ein Glas pro Gang, sondern der Wein wurde nachgefüllt – und, anders als zum Beispiel im Restaurant ‚Amador‚, auch verrechnet. Ehe wir uns versahen, stehen dann pro Person 200 Franken für Wein auf der Rechnung – der höchste Preis den wir je für eine Weinbegleitung bezahlen mussten.
Neben der Weinbegleitung gibt es natürlich auch eine grosse Auswahl an Flaschenweine. Diese werden unglücklicherweise nicht in einer traditionellen Karte angeboten, sondern auf einem iPad. Dies ist zwar modern, macht aber nur Sinn, wenn man die Weine nach diversen Auswahlkriterien sortieren kann. Hier im ‚Sternen‘ waren die Weine lediglich nach Regionen sortiert. Die digitale Karte bot dadurch keinen Mehrwert und war unübersichtlicher als eine Gedruckte.
Unsere Weinbegleitung:
Riesling Dürnsteiner Federspiel 2009, Leo Alzinger, Wachau
Pinot Grigio 2010, Marco Felluga, Collio Friaul
Apianae, Moscato del Molise 2008, Molise It
Cortes de Cima, Alentejano Portugal, 2009, Arragonez und Syrah
Perenzo, Maremma Toscana, 100% Syrah 2007
Petit Verdot, Remolinos Vineyard, Mendoza, Argentinien 2006
Trockenbeerenauslese Rotgipfler x Zierfandler, Weingut Biegler, Thermenregion, Österreich
Menu: Neben dem Saisonalen Menü in 4 (124.-) bis 7 Gängen (168.-), gibt es auch ein 3 Gänge Fisch- oder Vegi Menü (112.- respektive 82.- Franken). Daneben stehen auch einige hochpreisige à la carte Gerichte zur Auswahl. Zu guter Letzt kann man auch ein 10 gängiges Häppchenmenü für 188 Franken bestellen. Dazu bereitet die Küche 7 Vorspeisen, 1 Käsegang und 2 Desserts zu. Unser 7 Gänge-Menü dauerte 4 1/2 Stunden.
Online: Die Website ist zwar nicht schön aber immerhin findet man viele Informationen über das Restaurant. Unter anderem jeweils das aktuelle Menü.
Bewertung: Gourmör / Michelin
/ Gault-Millau
(Besucht im Mai 2012)
Herzlichen Dank für Ihren Besuch und den ausführlich fachkundigen Bericht den Sie über unser Restaurant Sternen geschrieben haben.
Wir sind sehr erfreut und Stolz über Ihre gute Kritik.
Wir wünschen Ihnen noch viele kulinarische Highlights, viel Erfolg und alles Gute.
Freundliche Grüsse
René und Christine Weder
mit Team
Restaurant Sternen
Dorfstrasse 1
6318 Walchwil
40 verschiedene Käsesorten! o__O Sprachlos