Um an einem Wochenende bei Juan Amador zu speisen muss man ein paar Wochen im Voraus reservieren. Dazu ist es auch nötig seine Kreditkartendaten zu hinterlegen. Beim Nichterscheinen wird darauf nämlich 150 € pro Person abgebucht. Ich finde diese Massnahme gut, kalkuliert das Restaurant ja mit vollen Tischen, zudem kann man ja kurz anrufen wenn man verhindert ist. Freundlicherweise hat man dann noch einen Tag im Voraus angerufen und die Reservation rückbestätigt.
Das Restaurant verfügt über keine Parkplätze, es hat aber in der kleinen Stadt etliche Abstellmöglichkeiten. Das schöne Riegelhaus betritt man durch den „Hintereingang“. Wir wurden ins kleine Restaurant geführt und durften uns für einen freien Tisch entscheiden. Der Service war sehr freundlich lediglich die vielen „Dankeschön“ beim Abräumen waren überflüssig. Aber wir haben uns auf jeden Fall sehr wohl gefühlt. Die Speisekarte wurde uns gereicht. Diese war versiegelt und machte die Spannung aufs Menü noch grösser. Nach dem Aufklappen fand man Links vier kalte Speisen, in der Mitte 5 warme Gänge und Rechts 4 Desserts. Das Menü war fix, lediglich bei den warmen Speisen konnte man einzelne Gänge streichen. Entsprechend wird dann der Preis nach unten angepasst.
Gleich zum Apéro wurden die ersten Schälchen aufgetragen und auf dem Tisch verteilt. So lagen vor uns drei „Luftkissen“ gefüllt mit Blauschimmelkäse (genial!), der luftgetrocknete Schinken ass man mit den Stäbchen – geschmacklich kommt er aber nicht an meinen Lieblingsrohschinken. Im einen der beiden Schälchen lagen kleine Tomaten in Süss Sauer Dressing – lecker, im Anderen waren die besten Mandeln die ich jemals gegessen habe. Diese wurden mit Olivenöl beträufelt, sie schmeckten ein wenig wie gebrannte Mandeln – himmlisch! Zu guter Letzt standen in der Mitte noch zwei Focaccia schnitten mit Schinkenfett – gut aber nichts besonderes.
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Geeiste Beurre Blanc – Caviar, Haselnussmilch & Malzbrot
Ein kleiner feiner Auftackt in das grosse Menü. Die einzelnen Elemente sind wunderbar aufeinander abgestimmt.
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Austern-Raviolo – Algen, Soja, Sesam & Yuzu
Unter der transparenten Geléeschicht findet man einen wunderbar intensiven asiatischen Gang. Ich als Fan der japanischen Küche hatte meine Freude am Zusammenspiel der einzelnen Geschmäcker. Der Hang zu „zu salzig“ bestand – den Yuzu-Geschmack war nicht auszumachen.
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Carabinero – Spinatspätzle & Trüffel aus Alba
Die kleine Crevette lag wohl mehrere Stunden in einem Sud – denn der Geschmack war sehr intensiv und schlicht wunderbar! Auch die Spätzli dazu waren super. Der weisse Albatrüffel steuerte noch eine zusätzliche Note bei und hatte ein feines Aroma.
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Tatar vom hessischen Ochsen – Gelierte Soubisse, Rote Rüben & Pommery Senf
Optisch und geschmacklich das Highlight des Abends. Unvergesslich genial dieser Gang! Das Tatar lag auf Gänseleber, darunter gelierte Soubisse (Zwiebelsauce) – auf dem Ganzen thronte ein dünnes Käseröllchen welches ein „3-Minuten“-Wachtelei verbarg. Das Tatar und die Fois Gras waren wunderbar gewürzt, das Bisquit knusprig und das innen noch flüssie Wachteilei passte wie das Tüpfchen aufs I. Das Pommery-Senf Eis war noch eine zusätzliche schöne Komponente.
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Kaisergranat – Mandeln, Broccoli & Nussbutter
Das Highlight in diesem Gang lag ganz in der Mitte. Die Sauce war nicht nur im Teller tief sondern auch im Geschmack. Das zeugt von einem stundenlang, gar Tage, eingekochten Fond – herrlich! Zum Glück hat es auf dem Tisch noch Brot gehabt um ja keinen Tropfen zurück in die Küche zu geben. Der Kaisergranat schmeckte wie erwartet und die kleinen Broccoli und Mandeltupfer waren witzig. Einzig das kalte (!) Broccoli-Cous Cous passte geschmacklich nicht auf den Teller. Die intensive Fischsuppe neben dem Teller machte das Ganze wieder wett. Schade war hier die Optik auf dem Teller nicht schön!
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Felsen Rotbarbe – Granny Smith, Meerrettich & Ziegenkäse
Ich liebe den Granny Smith und bin deshalb froh diesen Apfel oft in der Gastronomie als zusätzliche Geschmack anzutreffen. So passte der säuerliche Geschmack auch gut zum Fisch. Auch der Ziegenkäse ist ein schöner Akkord – hätte davor nicht gedacht, dass Käse zu Fisch passt, Amador hat aber auch hier alles im Griff.
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St. Pierre – Ochsenmaul, Entenleber & BeefTea
Der St. Pierre Fisch gehört zu den besten Essfischen überhaupt. Der Rindsfond hat den Fisch schön unterstrichen. Die Ochsenzunge war die Krönung und schmeckte wunderbar. Das die Entenleberwürfel wunderbar zum Rest passten muss hier nicht erwähnt werden – das sind die Eigenschaften die Juan Amador auszeichnen.
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Jacobsmuscheln – Kalbsbries, Perigord Trüffel, Bohnen & Williamsbirne
Für mich der schwächste Gang. Die Jakobsmuschel war zwar gut gebraten aber halt so wie es jeder kann. Auch das Kalbsbries gefiel mir nicht in der Sauce, es war zu feucht. Zu guter Letzt hatten auch die Trüffel zu wenig Aroma – der geschmacklich intensivere Albatrüffel hätte mehr gebracht.
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Mieral-Taube – Auf Holzkohle gegart Eingelegte Aprikosen, BuchenPilze & Nougat
Endlich Fleisch – ich esse zwar sehr gerne Fisch und Meeresfrüchte, doch dem Menü hätte ein zusätzlicher Fleischgang auf jeden Fall gut getan. Aber nun zur Taube und den ersten Kontakt mit dem Vogel – über die Nase. Denn schon Minuten bevor das rosa Fleisch serviert wurde, verbreitete sich im Restaurant ein Geruch der von brennender Holzkohle stammte. Da wurden gleich Lagerfeuererinnerungen wach. Der schön angerichtete Teller wurde serviert. Die Taube war wunderbar zart (!) und super im Geschmack. Genau für meinen Gusto, denn ich bin kein Fan von dem ganz wildigen Tauben geschmack. Die Sauce war wieder sehr intensiv. Die Begleitung in Form der Pilze und Aprikose wunderbar. Der Schwamm war optisch toll dafür geschmacklich zu neutral. Hier wurde wieder wunderbar demonstriert wie man einzelne Komponente zusammenfügen kann und wie es dann ein Gesamtkunstwerk gibt – grosse Küche!
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Cabrales – Weisse Schokolade, Quitte & Kernöl
Ein genialer Übergang vom Hauptgang zu den Deserts. Der Cabrales-Käse stammt aus der gleichnamigen Spanischen Gemeinde, ist ein Mischkäse (Kuh- Schafs- und Ziegenkäse) mit Blauschimmel und wird in Höhlen gereift (danke Wikipedia). Schmecken tut er einfach wunderbar! Die Weisse Schokolade und die Quitte passten super dazu – genial.
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Caprese – Joghurt Mozzarella, Tomate & Basilikum Nochmals ein Highlight vor den eigentlichen Desserts.
Caprese – also die Elemente Mozzarella, Tomate und Basilikum – die letzten Beide in Form von Pulver. Das Joghurt-Eis nahm man ein wenig auf den Löffel und tupfte die beiden Pulver drauf – lecker! Die Joghurt-Mozzarella-Kugel war ebenfalls super fein!
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Cheesecake & Cookies „Nitro“
Noch ein klassisch molekularer Gang. Auf einem Tisch wurde ein Block Trockeneis angekarrt. Darauf spritze die Servicedame ein Cheesecakeschaum und steckte ein Cookie rein. Danach wendete sie eis auf die andere Seite. Nun war die Aussenhülle augenblicklich gefroren. Man nahm das Ganze schnell in den Mund und es löste sich durch die wärme augenblicklich wieder auf. Lustig!
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Hommage an Paul Haeberlin – Weisser Pfirisch, geeister Rieslingsschaum & Pistazie
Ein würdiger Abschluss für ein tolles Menü. Dazu hat Amador ein Dessertklassiker von Paul Haeberlin (3 Michelin Sterne – verstarb im 2008) modernisiert. Nicht nur optisch sondern auch geschmacklich ein wunderbarer Schlusspunkt!
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Zum Kaffee erreichte uns das Schlussbouquet: unten ein Ingwer-„Haribo“-Stängel sowie ein Erdbeer“granit“. Sobald man letzteren in den Mund nahm konnte man sich vom kleinen Basilikumstöckchen ein paar Blätter abschneiden und mit in den Mund stecken – witzig! Ebenso kombinierte man die falschen Erdbeeren mit den Lolli. Abschliessend warteten drei Macarons verzehrt zu werden (Schoko-Chili-Wasabi-Himbeer). Ein netter und bunter Abschluss, aber bestimmt nicht mehr auf dem vorherigen Niveau.
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Wow, was für ein geniales Menü – klar auf 3 Sterne Niveau! Super innovativ ohne den Fokus auf das Wesentliche zu verlieren. Schlicht unglaublich, welche Geschmackskomponente sich miteinander kombinieren lassen. Wie bereits erwähnt hätte man meiner Meinung nach zwei Fischgänge durch Fleisch ersetzen müssen. Doch für den Rest gilt: Daumen hoch – ein super Gourmet-Erlebnis, sehr freundlicher und unkomplizierter Service, Raucherlounge im oberen Stock und eine der besten Weinbegleitungen – mit einigen exklusiven Amador-Abfüllungen. Die Weine wurden übrigens grosszügig Nachgeschenkt (für die kalten Speisen und Desserts gab es je einen Wein). Schade war Juan Amador an dem Abend nicht vor Ort, offiziell hiess es, dass er in Mannheim (zweit Restaurant) weilt, vielleicht war auch sein Geburtstag, einen Tag dovor, Schuld daran. Aber solange es seine Leute vor Ort so im Griff haben, ist es mir auch egal. Dennoch muss man ein bisschen aufpassen, denn Amador möchte in den nächsten Jahren weitere Restaurants eröffnen. So steht im Jahr 2011 ein Restaurant in Abu Dabi auf dem Programm. Hoffen wir, dass er sein Hauptgeschäft nicht vernachlässigt.
Die Rechnung: 516.50 € (Menü Komplett 209 / Ohne Taube 189) Weinbegleitung 76 € (7 Gläser)
Die Homepage ist schön gemacht – leider ohne Flash-Alternative. Man findet darauf auch schöne Bilder von Amador-Kreationen. Grosser Minuspunkt ist die Kategorie „Das aktuelle Menü“ denn das Menü darauf ist veraltet. Wenn man schon das Menü im Internet zeigt (was ich sehr wichtig finde!) dann sollte man unbedingt für die Aktualität sorgen.
Wichtig: zwei Fotos (Geeisste Beurre Blanc und Austern-Raviolo) habe ich von der Homepage von Sternefresser.de übernommen weil meine Bilder verschwommen waren. Da ich die anderen Gäste an den Nebentischen nicht stören möchte, verzichte ich beim Fotografieren auf einen Blitz; mit dem Nachteil, dass die Fotos zum Teil unschwarf werden.
Nachtrag: In der Zwischenzeit ist das Restaurant ‚Amador‘ von Langen nach Mannheim umgezogen. Hier zur Website.
Danke für Ihren Besuch und den damit verbundenen Bericht!
„Auf Wiedersehen in Langen oder sonstwo;-)“
Beste Grüße und die allerbesten Wünsche für 2011!
J.A.
und was ist das schönste im leben?
..mhhh dass will ich auch mal erleben ich liebe essen.