Arté in Lugano

Seit sieben Jahren ist das Ristorante Arté mit einem Michelin Stern ausgezeichnet und ist damit das einzige Lokal in Lugano und Umgebung, dass sich mit einem Stern schmücken darf. Wir sind diese Tage zum ersten Mal in der grössten Tessiner Stadt und haben uns natürlich hier vorgängig einen Tisch reserviert. Wir sind sehr gespannt was uns Küchenchef Frank Oerthle an diesem Frühsommerabend zubereiten wird. Der in Deutschland aufgewachsene Wahlschweizer lebt bereits seit 25 Jahren in der Sonnenstube der Schweiz.

 

Neben dem Gourmetrestaurant beherbergt das Gebäude direkt am See auch noch Apartements und einige Kunstgegenstände, die in das Restaurant-Interieur integriert sind. Das Arté gehört zum Grand Hotel Villa Castagnola welches zwei Gehminuten davon entfernt ist. Das Arté ist ein schönes und elegantes Restaurant. Durch die grosse Fensterfront liegt den Gästen die Kulisse des Luganersees traumhaft zu Füssen. Da die hinteren Tische auf einem leicht erhöhten Boden stehen, hat man auch von dort einen Blick auf das blaue Nass. Trotzdem lohnt es sich bei der Reservation nach den Tischen in der ersten Reihe zu fragen. Einziger Wehmutstropfen: das Arté verfügt über keine Terrasse. Dafür ist das Lokal angenehm temperiert, damit man auch im Hochsommer angenehm dinieren kann.

Das kleine Serviceteam wird von Andreas Keller geleitet. Er ist es auch, der uns freundlich begrüsst und in das lichtdurchflutete Restaurant führt, in dem wir uns ab der ersten Minute sehr wohl fühlen.

Den Abend starten wir mit einem Glas Rosé Champagner von Laurant Perrier. Dabei studieren wir die Speisekarte die uns ein 5-gängiges Menü und eine à la Carte-Selektion anbietet. Um möglichst viele Impressionen zu bekommen, bestellen wir das Menü für sehr faire 120 Franken. Nach einem kurzen Blick in die Weinkarte, entscheiden wir uns für die Weinbegleitung für 50 Franken.

 

Anschliessen serviert man uns die Brotauswahl [7/10] in Form von kleinen Brötchen, welche im grossen Korb etwas verloren wirken. Dafür können die hausgemachten und ofenfrischen Petitessen geschmacklich überzeugen.

 

Jedes Menü von Frank Oerthle wird mit einem kalten und anschliessend einem warmen Amuse Bouche eingeläutet. Den kalten Auftakt macht eine Trilogie [6/10]. Wir starten ganz links mit der Rolle vom Bison, welche mit wunderbarem Pata Negra gefüllt ist. Im Gaumen entfaltet sich ein intensive Umami-Bombe die einige Sekunden anhält. Die eingelegte Artischoke erfüllt dabei eher dekorative Zwecke. Im mittleren Glas beglückt uns ein etwas mastiger aber harmonisch abgeschmeckter Curry-Espuma aus heimischem Frischkäse. Oerthle ergänzt das Ganze mit etwas Rande, die sich dezent aber solide ins Gericht einbringt und eine schöne Symbiose schafft. Auch das dritte Häppchen überzeugt. Ein himmlisch nach dem weiten Meer riechenden Tuna-Tatar mit reifer Avocado. Es ist perfekt temperiert – und zaubert ein wuchtiges Aroma an den Gaumen. Mit diesem tollen Geschmack im Mund lassen wir den Blick nochmals auf den Luganersee schweifen, auf dem sich nun die immer tiefer stehende Sonne glitzert.

 

Als warmes Amuse Bouche [7/10] folgt ein kleines Schälchen welches mit Entenbrust und sautierten Pfifferlingen gefüllt ist. Schon alleine der vielschichtige Duft ist betörend. Aber auch im Gaumen überzeugt das Gericht mit intensiven Aromen und dank der richtigen Würze.

 

Tatar vom Simmentaler Kalb [8/10]

Das erste Gericht des eigentlichen Menüs ist ein wundervolles Tatar, welches lediglich mit etwas Olivenöl abgeschmeckt wurde. Das Fleisch hat einen sehr feinen Geschmack und vergeht förmlich auf der Zunge. Ganz stark sind die mediterranen Begleiter, welche das rohe Fleisch um ein vielfaches aufwerten. So zum Beispiel die orangenen Kreise aus Peperoni die richtig viel Power ins Gericht bringen. Aber auch reife Tomaten und Zucchini, sowie die zu „Sand“ verarbeiteten Oliven sorgen für einen intensiven mediterranen Touch. Jeder Bissen schmeckt anders und wir kommen dadurch in den Genuss von unzähligen Kombinationen. Es schmeckt genauso, wie sich der heutige Sommertag anfühlt – eindrücklich wenn ein Koch seine Umgebung so auf den Teller bringen kann.

 

Sinfonie aus unserem Gemüsegarten [7/10]

Das schön angerichtete Gericht trägt den eleganten Namen „Sinfonie aus unserem Gemüsegarten“. Im Zentrum befindet sich ein luftiger Kartoffelschaum. Darüber wird am Tisch die warme Suppe, bestehend aus verschiedenen Kräutern und Gemüsesorten, gegossen. Ein feines Elixier wobei der Peterli das Geschmacksbild etwas stark prägt. Das Gericht ist äusserst delikat. Es ist leicht, sommerlich und es macht grossen Spass den Löffel quer durch den geschmacksintensiven Kartoffelschaum zu ziehen und ihn mit der Vielfalt des Gartens zu vereinen.

 

Acquerello Risotto an Pfirsich und Lakritze [9/10]

Das Highlight des Abends ist dann dieser hervorragende Risotto, der so ganz anders schmeckt als jedes zuvor gegessene Risotto. Statt den klassischen Aromen setzt man hier auf eine fruchtige Note von Pfirsich und – ganz dezent – Lavendel. Wer jetzt die Nase rümpft ist nicht alleine. Auch wir sind vor dem ersten Bissen skeptisch. Doch Frank Oerthle weiss wie man die Aromen geschickt kombiniert. Der Pfirsich legt sich elegant und anmutend über das Gericht, ohne aufdringlich zu werden. Zudem ist das Risotto ist bissfest und wunderbar crèmig. Als wäre das nicht traumhaft genug, setzt man noch einen hochwertigen Kaisergranat obendrauf, welcher einen meerigen Charakter auf das Gericht zaubert.

 

Filet vom Sankt Petersfisch an Karotten-Tandoorisauce mit Kompott von Süsskartoffel und Schalotte, Pak-choi [-/10]

Obwohl wir erst seit eineinhalb Stunden im Restaurant sitzen wird uns bereits der Hauptgang serviert. Dieser kann dann mit den bisherigen Gerichten bei weitem nicht mithalten. Das liegt nicht an der Produktqualität oder am Handwerk – obwohl der Fisch einen Tick zu viel Wärme abbekommen hat – sondern am fehlenden Mut. Man setzt hier auf die sichere Bank, serviert einen soliden Hauptgang, dem aber jede Tiefe und Spannung fehlt.

 

Als pré Dessert wir ein kleines Tartelette an einer Vanillecreme und Bitterschokolade [5/10] aufgetischt. Dieses ist fein, aber kaum gegessen, schon wieder aus unseren Erinnerungen verschwunden.

 

Zarte Beignets an Kirsch-Maciscreme [7/10]

Dann wieder stark das Dessert. Die luftigen Beignets sind mit einem leichten Kirsch-Maciscrème gefüllt. Das grossartige Joghurt-Holunderblüten-Sorbet sorgt für eine schöne Frische. Für den fruchtigen Teil setzt die Pâtisserie auf mit Holunder-Sirup gefüllten Kirschen. Ein überzeugender und wunderbar leichter Abschluss.

Zum sehr guten Kaffee serviert man noch einige Petit Fours [5/10].

 

Fazit: Wir verbrachten im Arté einen wundervollen Abend. Das Restaurant ist sehr schön eingerichtet, äusserst gemütlich und die Aussicht schlicht phänomenal. Der Service unter Andreas Keller macht einen sehr guten Job. Sehr freundlich und unkompliziert – lediglich das Menü wird in etwas gar kurzer Zeit serviert. Frank Oerthle zelebriert eine mediterrane Küche und schafft es dabei eindrücklich die Umgebung aufzufangen und auf den Teller zu zaubern. Einen Besuch können wir wärmstens empfehlen. Beim nächsten Besuch in Lugano werden wir hier ganz bestimmt wieder vorbei schauen – und hoffen, dass das Risotto wieder auf der Karte steht.

Küchenchef Frank Oerthle

 

Speisekarte: Neben dem Menü in 5 Gängen für günstige 120 Franken (dazu werden 2 Amuse Bouches sowie Friandises serviert) steht den Gästen auch eine Auswahl à la Carte zur Verfügung. Aufgeteilt in Vorspeisen, warme Vorspeisen, Fischgerichte, Fleischgerichte und Nachspeisen stehen pro Sektion jeweils 4 bis 5 Gerichte zur Auswahl. Die Vorspeisen kosten circa 30 Franken, die Hauptgänge 54 Franken und die Desserts 22 Franken.

Zeit: Der Besuch dauerte eher kurze 2 1/2 Stunden

Wein: Die Weinbegleitung kostet sehr günstige 50 Franken. Uns wurden folgende Weine kredenzt:

Sauvignon Bianco – Bianco Ticino D.O.C. 2013 – Agriloro
„Malcantone“ Bianco di Cademario D.O.C. 2015 – Ivo Monti, Cademario
„Sottobosco“ Rosso del Ticino D.O.C. 2014 – Tenimento dell’Oer, Arzo
„Malcantone“ Rosso dei Ronchi 2014
Malvasia du Valais 2011

Online: Website

Bewertung: Gourmör / Michelin / Gault-Millau

(Besucht im Juni 2017)

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