Ecco in Ascona

Rolf Fliegaufs Ecco im wunderschönen Hotel Giardino in Ascona war vor über zehn Jahren das allererste Sternerestaurant das wir besuchten. Unsere Passion für gutes Essen haben wir also auch dem gebürtigen Bayern zu verdanken. Er hat uns an einem warmen Sommerabend im Jahr 2008 mit seinem molekularen Menü extrem begeistert. Wir erinnern uns noch an Randen-Kaviar in einer Dose, an etwas befremdliche „Spaghetti“ alla carbonara, sowie an ein hervorragendes Gericht mit Steinbutt, frittierten Kapern, Mayonnaise und Hahnenkamm.

Fliegaufs Begeisterung für die molekularen Speisen war nur von kurzer Dauer und so verbannte er die Sphären und Pülverchen schon bald aus seiner Küche. 2010 erkochte er mit seinem neuen Konzept den zweiten Michelin Stern. Ein Jahr später eröffnete der damals 31-jährige in St. Moritz das Ecco on Snow (heute Ecco St. Moritz). Dieses Restaurant ist während den vier Wintermonaten geöffnet, in denen sich das Hotel Giardino in Ascona in der Winterpause befindet. Da er in Ascona und St. Moritz mit der gleichen Brigade in der Küche steht, war es nicht überraschend, dass Fliegauf auch im mondänen Wintersportort die 2 Sterne von Michelin erhielt.

Das Ecco im wunderschönen Giardino in Ascona besuchten wir zum letzten Mal vor sechs Jahren (zum Bericht). Rolf Fliegauf und seine Brigade begeisterten uns damals mit einem starken Menü, welches, bis auf die spürbare Passion, mit den Gerichten 2008 nichts zu tun hatte. Die Vorfreude auf den heutigen dritten Besuch ist entsprechend riesig. Auch weil wir auf die neue Location gespannt sind. Das 2-Sterne-Restaurant ist innerhalb des Hotels umgezogen und empfängt die Gäste nicht mehr direkt nach der Hoteleinfahrt, sondern direkt am wunderschönen Teich. Dadurch hat man einen idyllischen Blick auf den Garten und bekommt die ausgelassene Stimmung der Gäste des Zweitrestaurants Hide & Seek, welches ans Ecco grenzt, mit über. Im Gegenzug fehlt nun etwas die gediegene, intime Stimmung, die wir am vorherigen Standort sehr geschätzt hatten. Wenn man das neue Restaurant durch die massive Holztür betritt fällt einem zum einen die schöne offene Küche auf, zum anderen die grosse Wand mit tausenden Rosen aus Stoff, welche das Herz jedes Instagram-Models höherschlagen lässt.

Wir werden vom Service an unseren Tisch geführt, der direkt am Teich steht. Traumhaft dieser Ort. Schade, dass die Sonne etwas später von einem rasch aufkommenden Gewitter verdeckt wird. Dank dem ausfahrbaren Dach können wir trotz den schweren Tropfen weiterhin draussen sitzen. Lediglich die Lichtverhältnisse werden je später der Abend wird etwas schlechter. Die Lampen im Restaurant sind zwar sehr schön, aber nicht optimal um die Speisen bei Dunkelheit genügend stark auszuleuchten.

Die stylische Menükarte, welche wir bereits vom Schwester-Restaurant Ecco Zürich kennen, offenbart uns die heutige Reise. Das Menü kann in 4 – 6 Gängen bestellt werden. Damit ist das grosse Menü zwei Gänge kürzer als bei unserem letzten Besuch. Darauf angesprochen offenbart uns der sympathische Chef, dass er sich für weniger Gänge dafür grössere Portionen entschieden hat damit der Gast das einzelne Gericht intensiver geniessen kann. Wir bestellen das grosse Menü und ein Glas Champagner von Perrier-Jouët.

 

 

Taschenkrebs | Safran & Zitrus (5/10)

Als Auftakt zum Apéro wird uns eine Holzbox auf den Tisch gestellt. Unter dem mit „Ecco“ gravierten Deckel verbergen sich zwei knusprige Petitessen. Kaum im Mund, verbreitet sich am Gaumen ein intensiver Geschmack nach Safran. Dazu gesellt sich der saftige Taschenkrebs, der durch pointiert eingesetzte Zitrusnoten akzentuiert wird.

 

 

Swiss Alpine Lachs aus Lostallo x3 | Gurke & Meerrettich (6/10)

Mit einer Trilogie vom Lachs aus dem Tessiner Lostallo geht die Apéro-Welle weiter. Wir probieren zuerst das Macaron auf dem goldenen Löffel. Das kleine Kunstwerk aus Lachstatar und Lachsorgen wird von einem leichten Gurkenaroma begleitet und steht auf einem wundervollen Dashi-Macaron. Im kleinen Schälchen geht es mit einem Lachs-Canellono weiter. Das saftige Lachsröllchen liegt in einem erfrischenden Gurken-Dill-Sud. Das sommerliche Aroma passt perfekt zu der Stimmung hier im Garten des Hotels. In der Austernschale finden wir intensiv schmeckende Perlen aus Austernsaft sowie eine Meerrettich-Vinaigrette. Die leicht geflämmte Lachstranche hat es des weilen etwas schwieriger, sich gegen die kräftigen Aromen durchzusetzen und bleibt leider recht blass. Auch der Meerrettich hätte nach unserem Geschmack noch etwas mutiger eingesetzt werden dürfen.

 

 

Brot

Nun wird dem Brot die volle Aufmerksamkeit geschenkt. Dieses wird als eigener Gang inszeniert. Zu Recht. Das Sauerteigbrot schmeckt phänomenal und ist schön warm. Dazu wird eine leicht gesalzene Butter serviert. Wer möchte, kann sich mit der goldenen Schere noch ein wenig Kresse dazu schneiden – es lohnt sich!

 

 

Balfego Thunfisch | Tomate & Sardelle (8/10)

Das mediterrane Amuse Bouche ist eine Wucht und passt perfekt zu diesem lauen Sommerabend inmitten des Giardino-Paradieses. Im geschmacklichen Zentrum ist die Tomate, welche den Geschmack des Sommers in sich trägt. Zum einen in der Form eines kraftvollen Tomaten-Sorbet und zum anderen mit einer ganz starken Tomaten-Vinaigrette, die das ausgezeichnete Gericht umgibt. Dazwischen immer wieder ein kurzes Umami-Aufblitzen dank den Sardellenfilets und dem Parmesanchip. Das Thunfisch-Tatar und -Carpaccio können gegen diese starken Mitakteure keine Akzente setzen und bleiben leider blass. Frische Tomaten hätten das Gericht vermutlich besser erweitert. Dass der Thunfisch doch noch begeistern kann, hat er seinem Bauch zu verdanken. Fliegauf hat den Toro geflämmt und, im Wissen um die starken, säurebetonten Akteure in der Mitte, auf den Tellerrand platziert. Dadurch entfaltet das edle Stück sein volles, unverwechselbares Aroma und fasziniert unglaublich. Überaus glücklich blicken wir auf die Seerosen im Teich und geniessen noch Minuten später den kräftigen und langanhaltenden Geschmack in unseren Mündern.

 

 

 

«Birchermüsli» von der Gänseleber (9/10)

Mit dem Birchermüsli gelingt Rolf Fliegauf ein Geniestreich. Absolut genial wie er mit den verschiedenen Aromen und Texturen ein wohlschmeckendes Gesamtwerk schafft. Im Vordergrund steht die Gänseleber, die mit ihrem wundervollen Geschmack überzeugt. Die Leber finden wir nicht nur als Crème und Terrine, sondern auch als gefrorene Plättchen. Die sorgen für eine erfrischende Note und entfalten ein betörendes Aroma sobald sie auf der Zunge zergehen. Für die knusprige Textur sorgen geröstete Haselnüsse aus dem Piemont und karamellisierte, sehr intensiv schmeckende Cerealien. Stark auch die Hühnerhaut und die perfekt dosierte Säure vom Apfel. Ein hervorragendes Gericht in das man mit grossem Vergnügen den Löffel taucht und darauf jeweils immer eine etwas andere Geschmackswelt findet.

 

 

Pochierte Gillardeau Auster (8/10)

Eine grosse, ausgelöste Auster steht im Mittelpunkt des nächsten Gerichts. Die pochierte Auster schmeckt himmlisch nach dem weiten Meer, welches wir gerade dadurch unendlich stark vermissen. Das kleine Jakobsmuschel-Röllchen unterstreicht mit seinem intensiven Geschmack diese Sehnsucht. Komplettiert wird das Gericht mit einer Dashi-Vinaigrette. Der Sud hat eine angenehme Säure und eine schöne Dill-Note. Am Ende wird es kein Tropfen zurück in die Küche schaffen.

 

 

Gebratener Kaisergranat (8/10)

Kaum ist der Krustentier-Sud auf dem Teller angegossen, verbreitet sich am Tisch ein traumhafter Duft. Der Kaisergranat ist von ausgezeichneter Qualität. Bissen für Bissen geniessen wir mit geschlossenen Augen und dem Zirpen der Zikaden in den Ohren. Ebenfalls ausgezeichnet schmeck das knusprige Brickteigröllchen gefüllt mit einem asiatisch abgeschmeckten Kaisergranat-Salat mit perfekt eingebundener Säure.

 

 

Zander aus dem Lago Maggiore (8/10)

Weiter geht es mit einem farblich etwas eintönigen Gericht. Von der Optik sollte man sich aber nicht irritieren lassen, denn geschmacklich geht es auf dem bisherigen Top-Niveau weiter. Der Zander ist wunderschön glasig gegart und liegt in einer phänomenalen Beurre blanc – was für ein Aroma! Dem aufmerksamen Service ist unsere Begeisterung für die guten Saucen nicht verborgen geblieben und stellt uns jetzt als Supplement ein Schälchen mit dem Elixier auf den Tisch – sehr aufmerksam! Auch die letzten Spargeln der Saison schmecken ausgezeichnet und führen uns nochmals vor Augen, weshalb wir dieses Gemüse die nächsten 10 Monate so schmerzlich vermissen werden. Aber es gibt ja bis dahin Alternativen, wie der Fenchel der hier ebenfalls zum Einsatz kommt und mit seiner ätherisch-frischen Note für Begeisterung sorgt. Wiederum ein Gericht mit viel Wohlgeschmack. Da verzeihen wir auch, dass nun bereits zum dritten Mal Dill eine prägende Rolle spielt.

Nun ist es hier draussen recht dunkel geworden. Aufgrund der schönen Stimmung im Garten, wollen wir den Hauptgang aber noch am Teich geniessen. Damit wir das Gericht doch noch gut ablichten können, warten wir am offenen Tresen bis der Chef persönlich den Teller fertig angerichtet hat. Hier am Tresen mit Blick in die Pfannen der 6-köpfigen Brigade, stehen auch Barhocker. Denn hier kann man auf Wunsch auch essen.

 

 

Schweizer Angus Rind von «Holzen» – 60 Tage gereift (9/10)

Für den Hauptgang hatten wir zwei Optionen. Wir entschieden uns zu Beginn gegen die Königstaube und für dieses Rind von „Holzen“ aus Ennetbürgen. Es hat sich gelohnt – und wie! Vor uns liegt gerade eines der besten Stück Rindsfleisch, das wir jemals geniessen durften. Das Kotelett verfügt dank der langen Lagerung über einen unglaublich intensiven Eigengeschmack. Das Fett ist ein wahrer Geschmacksträger und bleibt mit seinem nussigen Aroma unvergesslich. Das Fleisch wird mit einer Röstzwiebel-Schnittlauchkruste ergänzt. Der aufgegossene Jus mit Miso und Limette hat eine angenehme, leichte Bitternote und passt hervorragend zum Kotelett. Auch für die Begleitung gibt es grossen Applaus. Zum einen für das wuchtig-intensive Innereien-Sandwich zum anderen für den Tortellini mit herzhaft geschmorter Fleischfüllung. Einzig die Morcheln sind leider ausdruckslos – aber dies kompensiert der wunderbare Caesar Salad mit Leichtigkeit.

 

 

#Patisserie – süsse Überraschungen in kleinen Etappen

Safrantarte (5/10)

Nun ist die Pâtisserie an der Reihe. Der Süsse Teil wird auf der Karte keck mit einem Hashtag angekündigt. Beim Auftakt gibt es zuerst ein Déjà-vu. Denn die ersten süssen Häppchen werden nicht nur in der gleichen Holzkiste wie der Menü-Auftakt präsentiert, sondern haben auch die gleiche Optik und mit dem Safran ein verwandtes Geschmacksbild.

 

Kakaosaft (7/10)

Weiter geht es mit etwas ganz Rarem – einem Kakaobohnenfruchtfleischsaft. Ein Schweizer Startup, unterstützt Kakao-Bauern indem sie ihnen etwas dafür bezahlen, dass sie vor der eigentlichen Weiterverarbeitung den Saft aus dem Fruchtfleisch gewinnen können – bis anhin wurde dies ungenutzt weggeworfen. Für den Bauer gibt das 20 % mehr Ertrag, für uns Gourmets ein ganz neuer Geschmack. Von dem exotischen Erzeugnis hat der Pâtissier neben einem Sorbet auch eine Crème gemacht und einen Drink mit Yuzu und rotem Shiso gemacht. Das zugleich ungewöhnliche und doch bekannte Geschmacksbild mit der leicht erdigen Note gefällt uns sehr gut. Das Dessert ist zudem überraschend leicht was nach dem umfangreichen Menü perfekt ist.

 

Mohn Souffle (8/10)

Das Hauptdessert kommt in zwei Teilen auf den Tisch. Zum einen das herrliche Soufflé vom Mohn, welches uns bereits mit seinem verführerischen Duft in seinen Bann zieht. Der Klassiker ist richtig schön heiss und grossartig im Geschmack. Ebenfalls grossen Applaus gibt es für die Feuerwerk auf dem Teller. Die Kombination von Rhabarber, Zitrone und Sauerampfer schmeckt ausgezeichnet.

 

 

Friandises (6/10)

Als Abschluss wird uns ein Waldboden serviert mit dem Hinweis, dass sich darauf pro Person fünf süsse Köstlichkeiten versteckt haben. Unser erster Blick fällt auf das auffallende Schneckenhaus nur um dann festzustellen, dass es sich um ein echtes Exemplar handelt. Aber wir kommen doch noch auf unsere Kosten und finden ein hauchdünnes Blatt aus Sanddorn, Schokolade in Form einer Rinde, die einen leicht rauchigen Geschmack hat, einem Wurm aus Cassisholz und einen Stein aus Schokolade und Fichtensprossen.

 

Zum Abschluss reicht man uns in einer kleinen Schatulle noch eine edle Praliné mit Tonkabohnen.

 

 

Fazit: Wir bewundern Rolf Fliegauf sehr. Während andere junge Chefs alle paar Jahre ihre Wirkungsstätte wechseln, steht er seit 12 Jahren treu und mit grosser Motivation in den Küchen seiner Eccos in Ascona und St. Moritz. Dabei ruht sich der sympathische Koch ohne Starallüren nicht auf seinen Lorbeeren aus, sondern entwickelt seine Küche laufend weiter. In diesem Sommer hat er uns sein bestes Menü serviert. Viel Geschmack, grossartige Saucen und sehr gute Produkte zeichnen seine Küche aus. Die Steigerung gegenüber dem letzten Besuch ist klar erkennbar und wir sind sehr gespannt wie die Entwicklung des erst 39-jährigen weiter geht. Ein Besuch im im Ecco am traumhaften Gartenteich des Giardino können wir jedem Tessin-Reisenden wärmstens ans Herz legen.  Auch dank dem top Service unter der Leitung von Rolfs Frau Jenifer.

 

Rolf Fliegauf

2-Sterne-Chef Rolf Fliegauf

 

Speisekarte: Das Menü in 4 Gängen kostet 185 Franken, in 5 Gängen 215.- und komplett in 6 Gängen 240 Franken. Dazu gibt es Apérohäppchen, ein Amuse, ein pré Dessert und Friandises. Als „Supplement“ können noch zusätzliche Gerichte wie Wagyu (95.-) oder Kaisergranat (65.-) dazu bestellt werden. Der Käsewagen von Willi Schmid wird mit 35 Franken verrechnet.

Wein: Neben einer umfangreichen Weinkarte, wird auch eine Weinbegleitung für 108 CHF (resp. 89.- / 98.- beim kleineren Menü) angeboten:

Riquewihr Riesling 2015 / Domaine Trapet Alsace (F)
Viognier 2017 / Kopp von der Vrone Visini (CH)
Circa St-Joseph 2017 / Rousanne / J. L. Chave Sélection (F)
Semillon Local growers Barossa Valley 2016 / Rockford Wines (AUS)
Eichkogel Burgenland 2015 / Blaufränkisch, Zweigelt / Weingut Kollwentz-Römerhof (A)
Tanvell 2015 / Merlot / Vinattieri Ticinesi (CH)
Riesling Auslese Goldkapsel / Weingut Schloss Lieser (D)

Dauer: 4 Stunden

 

Wertung: Gourmör / Michelin / Gault-Millau

Sonderauszeichnung: Hier fühlt man sich besonders wohl / Auszeichnung für eine tolle Weinbegleitung

 

(Besucht im Juni 2019)

 

Matthias Koppenwallner, Marvin Sarb, Simon Unterholzner, Dominik Falk, Rolf Fliegauf, Dimitriy Zabasin (v.l.n.r.)

Ecco Zürich in Zürich

Die Ecco-Restaurants sind ein Glücksfall für Schweizer Gourmets, stehen sie für eine moderne Küche auf Top-Niveau. Seit 8 Jahren werden die Restaurants vom Guide Michelin mit 2 Sternen ausgezeichnet. Angefangen hat alles in Ascona. Im wunderschönen Giardino entstand das erste Ecco-Restaurant unter der Leitung von Rolf Fliegauf. Zum Start noch molekular, setzte Fliegauf die Produkte immer stärker in den Fokus. Dabei bewahrte er immer seine avantgardistische Ader. Bis 2012 gab es die Ecco-Küche nur während den Sommermonaten. Dann eröffnete die Giardino-Gruppe ein zusätzliches Hotel in Champfèr bei St. Moritz und etablierten auch dort – während den Wintermonaten – ein Ecco. Eine Win-win-Situation für Gourmets im Engadin, aber auch für die talentierte Brigade um Rolf Fliegauf, welche von da an eine Ganzjahresstelle innehatten.

Als vor vier Jahren bekannt wurde, dass es in Zürich ein weiteres Giardino-Hotel mit einem Ecco geben wird, war klar, dass Fliegauf dort nicht selber in der Küche stehen kann und dafür einen sehr guten Mann braucht. Zum Glück hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits seit einigen Jahren den äusserst talentierten Stefan Heilemann als Sous-Chef an seiner Seite. Heilemann machte seine Lehre in der Traube Tonbach und kehrte kurz nach der Ausbildung dorthin zurück um schon bald – wie es auch Rolf Fliegauf tat – unter Harald Wohlfahrt in der mit 3-Sternen ausgezeichneten Schwarzwaldstube zu kochen. Heilemann ist nun seit zwei Jahren Chef im Ecco Zürich im Atlantis by Giardino und erkochte auf Anhieb 2 Michelin-Sterne.

Stefan Heilemann ist stolz auf sein Restaurant im schönen Luxushotel. Und er ist äusserst dankbar, für die Möglichkeit die er hier als Küchenchef erhalten hat. Zwar erkennt man als Gast das Ecco-Konzept wieder, die Küche in Zürich trägt aber klar seine Handschrift. Dies ist eine weitere Bereicherung – Heilemann muss hier keine vorgegebenen Rezepte nachkochen, sondern hat freie Hand. So kocht der 36-jährige etwas klassischer als sein ehemaliger Chef Rolf Fliegauf und liebt es auf Anfrage den Gästen auch mal einen ganzen Fisch oder Vogel zuzubereiten.

Wir betreten das elegante Ecco Zürich an einem schönen Samstagabend im Mai. Draussen war es heute zwar wunderbar warm, der Wind wurde am späten Nachmittag aber immer kühler, wodurch es heute nicht möglich ist auf der kleinen Terrasse zu dinieren. Egal, das überschaubare Restaurant ist sehr gemütlich  eingerichtet. Frische Blumen, weisser Marmor-Boden, Kerzen und wenig Tische die mit grosszügigem Abstand voneinander stehen. Wir werden vom professionellen und jungen Service-Team überaus freundlich empfangen. Auch dem Wunsch, den Apéro in der angrenzenden Hotelbar zu geniessen wird gerne nachgekommen. Hier singt nämlich gerade eine junge Dame mit kräftiger Stimme und gibt dem Start in den Abend eine spezielle Note.

 

Häppchen (8/10)

Die vier verschiedenen Petitessen werden aufgetragen und sorgen gleich für eine optische Ansage. Wir starten mit dem Sepia-Cracker auf den dunklen Steinen. Dieser besteht aus dünn aufgeschnittenem, zartem Sepia und erfrischendem Dill auf einem Cracker aus Roggenmalz. Stark, lediglich der Sepia dürfte noch etwas dominanter sein. Eine volle Wucht ist der knusprige Enten-Chip der nicht nur fantastisch duftet, sondern auch im Mund für eine wahre Geschmacksexplosion sorgt. Dies hat man auch den Innereien zu verdanken die für die nötige Power sorgen. Genial der elegante, thailändische Twist von Curry und Kokosnuss, der noch Minuten später am Gaumen für Begeisterung sorgt. Auch stark ist der Lachsforellen Caviche. Auch hier sorgt zuerst der spannende Duft für Aufregung. Am Gaumen dann die Kombination vom Fisch, der Säure und der Süsse, aber auch von der leichten Zwiebel-Note und dem gehaltvollen Fischgeschmack. Als Finale haben wir uns die Auster aufgespart. Heilemann hat diese verfeinert und das jodige Eigenaroma mit Gurken und einem Schuss Zitrone erweitert – ohne, dass der Grundgeschmack verloren geht.

 

Nach dem starken Auftakt geht es ins Restaurant wo uns das kleine, stylische Menükärtchen gereicht wird. Auf der Vorderseite finden wir das Menü in 9 Gängen, welches man auch bis auf 3 Gänge kürzen kann, und auf der Rückseite die Weinempfehlung. Angetrieben von purer Neugier und Vorfreude wählen wir natürlich das volle Verwöhnprogramm und lehnen uns erwartungsvoll zurück.

Brot

Zuerst wird uns das frisch gebackene Kartoffelbrot serviert. Wie in Ascona wird uns auch hier eine kleine Schere gereicht mit der wir die Kresse schneiden können. Zudem erhalten wir zwei perfekt temperierte Butter. Eine davon in einer etwas gar stark geräucherten Variante. Dazu etwas Salz. Alles duftet und schmeckt ausgezeichnet.

 

Amuse Bouche: Hiramasa Kingfish – Rettich – Kräuter (5/10)

Das Amuse Bouche mit Hiramasa Kingfish und den verschiedenen Gemüsesorten mag dann nicht mehr an das hohe Niveau der vorhin servierten Häppchen anknüpfen. Wir mögen zwar die verschiedenen Radieschen und den Rettich, jedoch ist die Säure viel zu dominant. Dadurch können sie sich nicht richtig in Szene setzen. Auch dem Fisch fällt leider nur eine konsistenzgebende Rolle zu.

 

Gamba Carabiniero – Thai Salsa – Koriander – Tomate (7/10)

Viel besser der Carabinero, auch wenn hier die Säure von der Kalamansi und der Salzgehalt vom Soja wiederum sehr hoch sind. Dafür hat man mit einem sehr guten Krustentier einen wunderbaren Geschmacksträger, welcher leicht erwärmt an den Tisch kommt. Die wundervollen Tomaten dienen als wahre Umami-Bomben und harmonieren wunderbar mit den Thai-Aromen. Dazwischen immer wieder das Spiel mit den verschiedenen Konsistenzen und Temperaturen. Mit mehr Balance, wäre hier definitiv noch einiges mehr drin gelegen.

 

Balfego Thunfischbauchjunge Artischocke – Bottarga – Sherryessig (10/10)

Kaum steht der Teller vor uns, jubilieren unsere Geschmacksknospen. Der Duft dieses Gerichts ist einfach grandios. Es ist das erste Mal, dass uns ein Stück Torro serviert wird. Und in der Tat ist es geschmacklich zum regulären Thunfisch einen riesen Unterschied. Der Fisch vergeht förmlich auf unseren Zungen und setzt einen phänomenalen Geschmack frei. Dazu verfeinert Heilemann alles mit einer genialen säurebetonten Sauce auf Sherry-Basis. Die super frischen Artischocken runden das vollkommene Gericht ab. Wir sitzen mit offenen Mündern da und sind noch Minuten später völlig sprachlos.

Als gäbe es doch einen Gott, wird uns dieses Gericht auf einmal nochmals serviert. Dem Service ist unser überraschend-glücklicher Blick nicht entgangen und bemerkt den Fauxpas sofort und bringt den Teller an den richtigen Tisch. Hätten wir uns doch nur gleich darauf gestürzt …

 

Steinbutt aus der Bretagne – Blumenkohl – grünes Curry – Erdnuss (8/10)

Weiter geht es mit einem confierten Steinbutt der von gebratenem Blumenkohl begleitet wird. Am Tisch wird noch eine Thai-Curry-Sauce angegossen die uns mit ihrem betörenden Duft an unsere letzte Thailand-Reise erinnert. Von diesem Elixier wird es später kein Tropfen zurück in die Küche schaffen!

Zum Glück duftet das Gericht nicht zur, sondern schmeckt auch noch richtig gut. Durch das Braten hat der Blumenkohl einen betörenden Geschmack bekommen, der Steinbutt dürfte zwar noch etwas glasiger sein, hat aber ebenfalls einen tollen Eigengeschmack. Auch genial die Kombination mit der Erdnuss, welche die thailändische Note noch unterstreicht.

 

Weisser Rheintaler Spargel – Flusskrebse – Bündner Schinken – Zitrone (9/10)

Als wir das Menü vor eineinhalb Stunden studiert haben, waren wir uns sicher, dass dieses Gericht nicht funktionieren kann. Heilemann demonstriert uns aber wie brillant er ist und zaubert aus genialen (!) weissen Spargelspitzen, wundervollen Erbsen, einem charaktervollen Schinkenmousse, schönen Zitronennoten und einem knackigen Flusskrebs ein hervorragendes Gericht, welches uns wiederum zum staunen bringt. Wir kombinieren die verschiedenen Zutaten wild durcheinander und sind bei jedem Bissen sprachlos. Intensiv, wuchtig und wunderbar süffig. Dazu kredenzt uns der passionierte Sommelier Stefano Petta ein wundervoller Grauburgunder von von der Mark.

Apropos Wein. Sommelier Petta aus dem Urnerland tritt nun an unseren Tisch und fragt ob wir für den nächsten Gang von der Weinbegleitung abweichen möchten. Ein anderer Gast im Restaurant war vom offenwein Angebot nicht ganz begeistert und hat gefragt ob er was anderes bestellen kann. Das ist hier im Ecco Zürich möglich. Man öffnet jede Flasche bis 250 Franken. Den Rest der angebrochenen Flasche baut man dann – falls es passt – in die Weinbegleitung ein. In diesem Fall ist es eine Flasche Andremily Syrah No. 3 von Jim Binns (Santa Barbara County). Wir willigen ein und wissen in dem Moment nicht, dass wir gleich den besten Wein unseres Lebens trinken werden …

 

Japanisches Wagyu Beef „Kagoshima“ gegrilltes Carpaccio – Zwiebel – Sauerrahm (10/10)

Während der Rubinrote Wein noch im Glas auf uns wartet, serviert man uns das nächste Gericht. Es duftet nach Röstaromen, Zwiebeln und absoluter Glückseligkeit. À part, für einen Aufpreis von 40 Franken, gibt es noch eine Nocke Kaviar (Oscietra). Wir sind uns nicht sicher, ob sich der Kaviar gegen das Fleisch behaupten kann und bitten die luxuriöse Zutat auf einem Löffel zu servieren anstatt direkt aufs Fleisch zu legen. Auch hier ist es nur schwer vorstellbar, wie diese beiden Produkte eine Symbiose bilden sollen. Wir schneiden das dünne, nur kurz gebratene Fleisch und legen uns das erste Stück auf die Zunge. Das Wagyu mit seinem atemberaubenden Goût schmilzt förmlich im Mund. Dazu kombinieren wir etwas Kaviar, welches ein absolut geniales meeriges Aroma beisteuert. Dazu dieser geniale Zwiebelfond der einen süffig-eleganten Teppich über das Gericht legt. Was für ein unvergessliches Erlebnis! Dazu noch ein Schluck vom servierten Wein und es ist definitiv um uns geschehen. Wir sitzen da, haben Tränen in den Augen und spüren diesen Moment purer Magie und Freude. Was für eine Kombination. Ein Erlebnis für die Ewigkeit!

 

Pyrenäen Milchlamm gebraten & geschmort – Grüner Spargel – Brunnenkresse (8/10)

Beim Hauptgang bietet man den Gästen zwei Optionen. Wir entscheiden uns gegen das Bisonfilet und für das Lamm aus den Pyrenäen. Im Zentrum des Gerichts steht der zarte Lammrücken. Heilemann verarbeitet aber gerne alles vom Tier und so finden glücklicherweise noch andere Teile vom Lamm den Weg auf den Teller. Zum Beispiel die wundervollen Milken. Hier kombiniert mit verschiedenen Kräutern. Ebenfalls entdecken wir die gepökelte Lammzunge. In der Sauce hat es zudem – als natürlicher Geschmackverstärker – kleingehackte Niere. Ein Traum! Für die Sauce gibt es sowieso Applaus. Sie ist kräftig, hat eine schöne Säure von der Salzzitrone und ein wundervolles Aroma. Der Parmesancracker und der grüne Spargel runden das ausgezeichnete Hauptgericht ab.

 

Käse aus dem „Jumi Versum“ – Kuh – Ziege – Schaf

Zum schönen Käseteller serviert man uns ein goldenes Couvert. Darin finden wir eine ausfaltbare Karte auf der die verschiedenen Käsesorten, welche vor uns liegen vorgestellt werden. Die Auswahl ist von sehr guter Qualität und sehr Abwechslungsreich.

 

Felchlin „Opus blanc“ Schokolade – Rhabarber – griechischer Joghurt – Champagner (8/10)

Nun folgt der erste Streich der Pâtisserie. Die Kombination von der Rhabarber und dem Joghurt schmeckt wie erwartet sehr erfrischend und leicht. Die intensiven und klaren Aromen und die verschiedenen Konsistenzen machen uns eine sehr grosse Freude. Vor allem die wundervolle weisse Schokolade schmeckt hervorragend.

 

Marinierte Walderdbeeren (9/10)

Wir lieben den Geschmack von reifen Walderdbeeren und hatten das letzte Dessert mit diesem Protagonisten vor 8 Jahren im Le Pont de Brent als noch Monsieur Rabaey in Brent kochte. Heute Abend kommen wir wieder in den Genuss und sind wiederum extrem begeistert. Ein wundervolles intensives Aroma und eine traumhafte Süsse. Es gibt bei diesem hervorragenden Dessert aber noch viel mehr zu entdecken zum Beispiel die Süssholzcrème oder das spannende Sauerklee-Sorbet. Alles bereichert sich gegenseitig ohne aber dem Hauptakteur die Show zu stehlen

 

Après Dessert: Kakaobohne – Sanddorn  Macadamianuss (8/10)

Hier im Ecco kommt das pré Dessert am Ende. Eine wundervolle Kombination aus Schokolade, Sanddorn (in Form von geeisten Perlen) und carameliserten Macadamia. Es schmeckt alles ausgezeichnet und würde auch als Hauptdessert sehr gut funktionieren.

 

Friandieses (8/10)

Als Finale folgen noch die Friandises. Im Töpfchen gibt es Glacé aus Tahiti-Vanille. Dazu Kürbiskernencreme und frische Himbeeren. Im Glas der „Ecco Trüffel“ mit Puffreis. Für am Ende eines solch grossen Menüs zwar etwas schwer, überzeugt er mit seinem wundervollen Trüffel-Aroma. Fein das Praliné mit flüssiger Cassis-Füllung, top die Cannelé mit Tonkabohnen.

 

Fazit: Stefan Heilemann und seine Brigade bescherten uns einen unvergesslichen Abend mit Gerichten die zu den Besten gehören die wir jemals essen durften. Stefans Küchenstil gefällt uns extrem gut. Experimentell aber mit Hang zur klassischen Küche. Und vor allem sein Fokus auf den Geschmack. Gewisse Gerichte haben sich dadurch dermassen in unser Gedächtnis gebrannt, dass sie noch Monate später omnipräsent sind. Nicht vorzustellen, wenn er diese Balance auch noch bei den restlichen – zum Teil etwas unbändigen Gerichten – hinbekommen würde. Kriegt er in den nächsten Jahren diese Eleganz und dosierte Power bei allen Gerichten hin, gehört er für uns zu den Kandidaten für den 3. Michelin Stern.

Ein Besuch bei Stefan ist ganz grosses Kino. Schön, dass auch das elegante Restaurant, die gemütlich Atmosphäre und der aufmerksame Service ebenfalls mithalten können und so ein Gesamtpaket auf Top-Niveau bieten. Wir können es jedenfalls kaum erwarten wieder im Ecco Zürich Gast zu sein.

Speisekarte: Es gibt ein Menü in 3 Gängen für 160 Franken, 5 Gängen (200.-), 7 (230.-) und 9 Gängen für 260 Franken. Dazu gibt es Apéro-Häppchen, ein Amuse Bouche, ein pré Dessert und Friandises. Auf Anfrage bietet man auch ganze Fische oder Geflügel an.

Wein: Neben einer umfangreichen und spannenden Weinkarte, wird auch eine klug aufs Menü abgestimmte Weinbegleitung angeboten. Beim 5 Gänge Menü kostet diese 85 Franken, beim 7 95 Franken und beim grossen in 9 Gängen 105 Franken. Dabei gibt es nicht pro Gang ein Glas Wein, sondern gewisse Weine begleiten zwei Gänge. So sind es beim grossen Menü 7 Gläser. Uns so sah unsere Weinbegleitung aus:

Sancerre 2016 – Nicolas Idiart | Frankreich | Loire – Sauvignon blanc
Viognier 2014 – John Alban | USA | Kalifornien – Viognier
Grauburgunder von der Mark 2016 – Weingut Jürgen von der Mark | Deutschland | Baden – Grauburgunder
Touriga Nacional 2015 – Quinta da Romaneira | Portugal | Douro – Touriga Nacional(Alternative Andremily)
Andremily 2014 No. 3 – Andremily, by Jim Binns | USA | Central Coast – Syrah (statt den Touriga)
Châteauneuf-du-Pape 2014 – Clos Saint Jeane | Frankreich | Rhône – Grenache, Syrah, Mourvèdre
Ruster Ausbruch 2014 – Heidi Schröck | Österreich | Burgenland – Welschriesling, Weissburgunder
Moscato d’Asti Lumine – Ca’d’Gal, by Alessandro Boido | Italien | Piemont – Moscato

Zeit: Das Dinner dauerte fast 4 Stunden.

Website: https://atlantisbygiardino.ch/dining/#ecco

 

Wertung: Gourmör / Michelin / Gault-Millau

Sonderauszeichnung: Hier fühlt man sich besonders wohl / Schöne Zigarren-Lounge vorhanden/ Auszeichnung für eine geniale Weinbegleitung

 

Stefan Heilemann , Michael Gollenz , Michael Schuler , Armin Rauscher , André Siedl , Alessandro Scaccia, Stefano Petta , Jan Kaelin , Philipp Lorenz , Cornelia Repolusk, Manuel Matzka (v.l.n.r.)

CookTank Schweiz

Die Idee Spitzenköche zu versammeln und mit ihnen neue Gerichte und Trends zu entwickeln, das hatten die Sternefresser schon vor vielen Jahren. 2011 wurde die Idee zum ersten Mal in die Tat umgesetzt und damit der CookTank geboren. Mussten für die erste Ausgabe noch viele Teilnehmer zum mitmachen überredet werden, stehen die Spitzenköche in der Zwischenzeit Schlange .

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Imposante Kulisse vor dem Park Hotel Vitznau – dem Austragungsort des ersten Schweizer CookTank

Am letzten Montag war es endlich soweit, die Sternefresser haben im Park Hotel Vitznau, den ersten CookTank in der Schweiz durchgeführt. Dabei haben sie eindrücklich demonstriert, dass sie nicht nur eines der führenden Online-Gourmet-Magazine betreiben, sondern auch souverän einen Event in dieser Grössenordnung durchführen können.

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2 Sterne Koch Peter Knogl (rechts) mit seinem Mitarbeiter

Es besteht dann auch nur einen, wenn auch sehr grossen Haken: die vielen interessierten Zuschauer müssen alle draussen bleiben. Dies ist für den CookTank auch essenziell. Denn nur dank dieser beinahe familiären Atmosphäre können die anwesenden Köche ohne Druck auftreten und sich bei der Konzeption der neuen Gerichte weit auf die Äste herauswagen.

17 Michelin Sterne in einer Küche

Die Presse wurde auf halb Zwölf bestellt. Zu der Zeit sind die Köche bereits voll im Einsatz. Jeder wird heute eine Speise zu einem der beiden vorgegebenen Themen kochen. Einzige Bedingung: das Gericht darf zuvor noch nie auf der Karte gestanden sein. Fabian Inderbitzin aus dem Seerestaurant Belvédère ist nicht angespannt. Grund dazu hätte er, so ist er heute der Erste der sein Gericht schicken darf. Er hat sich für das Thema „Mehr als Käse“ entschieden und ein Arrangement mit Rüebli, Ziegenfrischkäse und Foie Gras entwickelt. Ein kaltes Gericht, deshalb hat er die 25 Teller auch schon angefangen anzurichten, auch wenn es zur Degustation noch gute 60 Minuten dauert.

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Weit her angereist: Kevin Fehling (rechts) aus Deutschland im Gespräch mit Christian Stromann (Sternefresser.de)

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Der Gang durch die Küche ist spannend und eindrücklich – so viele begnadete Köche auf einem Haufen gibt es in der Schweiz nicht einmal wenn der Gault-Millau zu seiner alljährlichen Pressekonferenz lädt. Und zu unserem Glück, warten die Herren nicht in sauberem Hemd auf den Fototermin, sondern stehen mit viel Fleiss hinter dem Herd. So auch die einzige Frau unter den Teilnehmern: Tanja Grandits aus dem Stucki in Basel. Sie widmet sich mit ihrem Gericht dem zweiten Thema „Würzen mit ungewöhnlichen Zutaten“. Dazu hat sie einige Utensilien mitgebracht. Unter anderem ein Bambuskorb, um später darin das Lamm zu räuchern.

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Rolf Fliegaufs Königsmakrele, Limone und Ajo blanco

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Executive Chef des 5 Sterne Hotels The Alpine Resort in Gstaad: Marcus Lindner beim Anrichten

Doch genug in die Töpfe geschaut, jetzt werden alle zur Ansprache gebeten. Christian Stromann, treibende Kraft hinter Sternefresser.de, verzichtet auf blumige Worte und kommt gleich auf den Punkt. Man wolle ein CookTank von dem alle profitieren, ein Event an dem sich die Teilnehmer austauschen und am Abend mit möglichst vielen Eindrücken und Inputs nach Hause gehen.

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Auch viele Journalisten sind anwesend. Hier unser Kollege David Schnapp von dasFilet.ch

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Heimspiel: Executive Chef des Park Hotel Vitznau – Christian Nickel

Beim anschliessenden Fototermin wird dann auch bildlich demonstriert, wie stark sich der CookTank in den letzten Jahren entwickelt hat. Waren es bei der ersten Ausgabe noch acht teilnehmende Personen, sind heute über 45 zusammengekommen. Darunter auch Kevin Fehling, einer von zwei Köchen die aus Deutschland anreisten. Fehling ist hier aber kein Unbekannter – zumindest nicht seit dem letzten Herbst, als er von Michelin mit 3 Sternen ausgezeichnet wurde. Der 35 jährige ist gut gelaunt, auch wenn er für die 800 im Flugzeug zurückgelegten Kilometer, sehr früh aufstehen musste.

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Nenad Mlinarevic im Gespräch mit seinem ehemaligen Chef Andreas Caminada (rechts)

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Jetzt sitzen wir draussen im Restaurant focus, wo man für heute zwei lange Holztische eingedeckt hat. Vor uns steht nun das geschmorte Rüebli. Fabian Inderbitzin erklärt den anwesenden Köchen, Presseleuten und Sponsoren die Idee hinter seinem Gericht. Danach wird degustiert und kritisiert. Dabei verzichtet man einvernehmlich auf Lobeshymnen sondern verteilt ehrliche Feedbacks. Immer wenn es ruhig wird, übernehmen Christian Stromann und Daniela Heykes die Moderation. Am Ende gibt es noch ein paar Komplimente, bevor Inderbitzin mit viel Feedback im Gepäck, zurück in die Küche geht, wo bereits das nächste Gericht darauf wartet geschickt zu werden.

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Fabian Inderbitzin präsentiert sein Gericht

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Daniela Heykes (ROOM 426) und Christian Stromann (Sternefresser) wird Fabian Inderbitzins geschmort Karrotte kredenzt

Die gute Stimmung unter den Berufskollegen ist beieindruckend und sicher einer der vielen schönen Eigenschaften des CookTanks. Auch als Rolf Fliegauf (Ecco in Ascona), Lars Middendorf (Seehalde in Uhldingen, Deutschland) und Patrick Konschak (Einstein in Aarau) ihre Gerichte präsentieren, dürfen sie von der konstruktiven Kritik profitieren.

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Christian Nickel

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Konzentration beim Degustieren

Danach wird es Zeit für den Vortrag. Dazu hat man Professor Dr. Thomas Vilgis engagiert. Wie schon bei den vorherigen CookTanks, lässt der Lebensmittel-Chemiker und -Physiker, die Anwesenden Spitzenköche an seinem Wissen teilhaben.

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Prof. Dr. Thomas Vilgis bei seinem Vortrag

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Peter Knogl beim Anrichten

Nach der kleinen Pause geht es weiter mit den Gerichten von Marcus Lindner der aus Gtaad anreiste, Markus Arnold (ehemals Meridiano in Bern), Peter Knogl aus dem Cheval Blanc aus Basel und Kevin Fehling mit seinem hervorragenden Unagi.

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Kevin Fehlings Aal & Auster mit Reisgel, Dashi-Tapioka, Wasabi und Apfel-Gurkensud

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Aus Ascona angereist: 2 Sterne Koch Rolf Fliegauf

Jetzt wird es dunkel im Restaurant. Zeit für Andreas Caminadas Gericht. Der Bündner nutzt die Gelegenheit um Meinungen zu seinem neusten Projekt einzuholen: die beleuchteten Speisen. Diese werden auf einem iPad mit kratzfester Scheibe serviert. Eine eigens komponierte Lichtshow beleuchtet das Gericht „Sünde“ von unten. Ab September wird Caminada in seinem Restaurant Schauenstein in Fürstenau, pro Menü zwei Gerichte auf diese Weise servieren. Das Feedback aus der Runde bestätigt ihn im Vorhaben. Es sei legitim neue Wege zu gehen – solange dem Geschmack nichts im Weg steht.

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Andreas Caminada beleuchtet sein Gericht „Sünde“ mit Hilfe eines iPads

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Blick in die grosse Küche

Es ist nun 17 Uhr geworden. Nachdem Tanja Grandits ihr facettenreiches Berglamm-Gericht serviert hat und damit viel Lob einheimste, sind nun noch die beiden Gastgeber des Park Hotel Vitznau an der Reihe. Christian Nickel serviert sein Bierschwein an einer intensiven Sauce und Nenad Mlinarevic sorgt mit seinen süffigen Cerealien mit Ziegenfrischkäse und Sanddorn für ein würdiges Finale dieses eindrücklichen Tages.

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Tanja Grandits mit ihrem Lehrling Nikolai Wiedmer

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25 Mal angerichtet: Marcus Lindners Greyerzer Saibling, Ziegenquark Beifuss und Waadtländer Saucisson

Nach der Abschlussrede wird noch etwas gefachsimpelt, bevor die Köche die Heimreise antreten. Schliesslich darf man Morgenmittag wieder für die Gäste kochen. Vielleicht etwas weniger experimentell als heute, aber dafür mit vielen neuen Ansätzen und Ideen im Kopf, um die anspruchsvollen Gourmets auch in Zukunft zu begeistern.

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Markus Arnold beim Fachsimpeln mit Fabian Inderbitzin (rechts)

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Andreas Caminada mit seinem langjährigen Souschef Patrick Waser (rechts) und seinem Mitarbeiter James Baron

Fazit: Der CookTank hat uns nachhaltig begeistert. Die Stimmung ist ungezwungen kollegial, die meisten Gerichte zeigen neue Wege auf oder lassen vermuten in welche Richtung es kulinarisch gehen könnte. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Sternefresser für das nächste Jahr eine weitere Schweizer Ausgabe planen…

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Patrick Konschak aus dem Einsten in Aarau

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Nenad Mlinarevics Ziegenfrischkäse, Sanddorn, Malz und Cerealien

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Tanja Grandits Berglamm, Bambushonig, Grünteelabne, Pandanblattöl mit Avocadocurry

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Andreas Caminada

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Lars Middendorfs Lammkutteln in Gerstenkaffee-Emmerbiersauce, in Tannenessig eingelegter Spitzkohl und Kartoffelemmerbierschaum

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Tanja Grandits räuchert ihr Berglamm

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Markus Arnolds Fermentierte Rohmilch aus Rubigen, Seeländer Butterbohnen und Pfirsich

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