La Vetta in Arosa

Unser letzter Besuch im La Vetta liegt vier Jahre zurück. Auf den ersten Blick hat sich seitdem nichts verändert. Das auffällige Interieur und die gemütliche, intime Atmosphäre erwarten uns auch an diesem Samstagabend. Neu ist aber das ganze Team. Ob im Service oder in der Küchenbrigade, uns begrüssen viele neue Gesichter. Dies ist für ein Hotel ohne Ganzjahresbetrieb leider nichts Ungewöhnliches. Sogar der Executive Chef hat das Tschuggen Grand Hotel in der Zwischenzeit verlassen. Der Neue ist der Alte. Denn mit Uwe Seegert ist derjenige Koch zurückgekommen, welcher 2011 den ersten Michelin Stern nach Arosa gekocht hat. Das Management beweist auch sonst ein gutes Händchen und rekrutierte nicht nur im Service sehr gute Leute, sondern auch in der Küche. So auch Leo Ott. Der Österreicher hat vor drei Jahren die Verantwortung des La Vetta übernommen und erntet seitdem viel Lob. Wir sind sehr gespannt wie sich das Gesamtpaket seit dem letzten Besuch entwickelt hat.

Als wir das bestbewertete Restaurant von Arosa betreten, sind bereits alle Tische besetzt. Das La Vetta ist nicht nur bei Hotelgästen, sondern auch bei von extern kommenden Genussmenschen sehr beliebt. Rasch werden wir vom jungen und sehr freundlichen Team begrüsst und an unseren weiss gedeckten Tisch begleitet. Chef de Service Philipp Lorenz macht von Beginn weg einen sehr guten Job. Um ihn herum hat er sich ein sehr gutes, junges und aufgeschlossenes Service-Team aufgebaut die uns den ganzen Abend sehr aufmerksam bedienen werden.

Mit dem Glas rosé Champagner aus dem Hause Billecart-Salmon reicht man uns die Speisekarte. Diese ist in fünf verschiedene Kategorien aufgeteilt. Als Gast hat man die freie Wahl und kann aus den verschiedenen kalten Vorspeisen, Suppen, warmen Vorspeisen, Hauptgängen und Desserts ein eigenes Menü zusammenstellen. Dadurch fehlt zwar eine vom Koch vorgegebene Dramaturgie, dafür kann jeder Gast am Tisch nach Lust und Laune bestellen. Mit 2 bis 5 Gängen kann er auch den individuellen Umfang wählen. In Zeiten in denen das Tasting-Menü oftmals die einzige Option ist, ist dies eine willkommene Abwechslung. Dabei gilt noch zu erwähnen, dass der Preis für das grösste Menü mit 135 Franken überraschend günstig kalkuliert ist.

 

Häppchen (8/10)

Der Abend startet mit zwei Häppchen die geschmacklich gleich ein grosses Ausrufezeichen setzen. Beim ersten handelt es sich um ein wundervolles Naan das uns mit Koriander und einer Curry-Mayo gedanklich in das exotische Land teleportiert – stark! Ausgezeichnet auch die wachsweiche Rande umhüllt mit Puffreis. Beide Häppchen sind sehr elegant abgeschmeckt, geschmacksvoll und schreien nach mehr.

 

Brot

Auf das hausgebackene Brot ist man hier besonders stolz. Entsprechend spendiert man dem Gebäck auch eine würdige Kulisse. Neun verschiedene Toppings werden zum Gebäck gereicht. Dies reicht von Buttercrème mit Schnittlauch, über verschiedene Salze und Schweineschmalz bis zu einem mediterranen Aufstrich mit Kräuterseitlingen, Winterbroccoli und einer Tomaten-Ingwer-Knoblauch-Crème. Das schmeckt alles so wundervoll, dass wir uns sehr stark in Zurückhaltung üben müssen – wissen wir doch, dass uns gleich ein umfangreiches Menü erwartet. An vielen anderen Abenden wären wir schon alleine mit diesem Brot-Gang überglücklich.

 

Amuse Bouche (7/10)

Das Amuse wird uns zeitgleich mit dem Brot serviert, was vom Timing etwas unglücklich ist, weil dieses vor lauter Brot-Toppings beinahe unter geht. Von der Grösse her würde man es sowieso besser zusammen mit den beiden Apérohäppchen servieren und daraus eine Trilogie machen. Mehr Aufmerksamkeit hätte die Petitesse absolut verdient, denn das „Erdnussbutterbrot“ schmeckt richtig gut und ist eine sehr witzige Umsetzung des US-Klassikers. Dort prägt die Kombination aus Brot, Marmelade und Erdnussbutter jede Kindheit. Eine coole und sehr gute Interpretation.

 

Brüggli Lachsforelle (9/10)

Dann folgt unsere erste Auswahl. Und die entpuppt sich bereits beim ersten Bissen als eine Wucht – wow, was für ein Aroma! Gabel für Gabel steigert sich bei uns das Glücksgefühl. Im Zentrum des Gerichts steht eine wundervolle Lachsforelle, verfeinert mit Kokosschaum mit einer genialen Zitronengrasnote. Das Sauerampferglacé sorgt für einen sehr erfrischen Twist. Das Gericht wird begleitet von himmlisch süsser Ananas in verschiedenen Konsistenzen und (leider) geschmacksneutralen Thai-Spargeln die dem Gericht nur ihre knackige Konsistenz beisteuern. Durch die verschiedenen, harmonischen Akteure, schmeckt jeder Bissen anders. Mal süss, mal frisch, mal lieblich – aber immer hervorragend!

 

Ennetbürgener Schweinerei (6/10)

Bei den Suppen haben wir uns nur schweren Herzens gegen die Hummerbisque entschieden und dafür die „Schweinerei“ gewählt. Die Sau stammt von Holzen aus Ennetbürgen die für ihre Qualität gleich bekannt sind wie für die artgerechte Tierhaltung. Ott verwertet das ganze Schwein. So finden wir auf dem Teller verschiedene Stücke. Da ist zum Beispiel der geräucherte Rüssel, das Bäckchen in den frittierten Pralinen und Kinnfleisch. Den grossen Rest des Tieres findet man in der Consommé. Diese wird am Tisch aufgegossen. Dank den allesamt sehr gut zubereiteten Stücke offenbart sich am Gaumen ein intensiver, animalischer Geschmack. Einzig die Consommé dürfte noch etwas wuchtiger sein um damit für noch mehr Intensität zu sorgen.

 

Emmentaler Herzmilken (7/10)

Im Plural auf der Karte, erreicht uns eine einzelne, aber schön grosse Milke. Darüber träufelt man uns am Tisch einen dunklen, sehr intensiven Kalbsjus. Dieser ist geschmacksvoll und beinahe klebrig. Der Jus passt hervorragend zur Milke. Dazu kombiniert man ein weisses Bohnenpüree mit Mandeln und Knoblauch. Abgeschmeckt wird es mit Bohnenkraut welches uns geschmacklich an Oregano erinnert. Ott hat sich für diese Beilage am spanischen Rezept Ajoblanco angelehnt. Er lasse sich gerne von anderen Gerichten inspirieren und mache daraus seine Interpretation.

 

Berner Lammschulter geschmort (8/10)

Ein weiteres Gericht, bei dem man sich inspirieren liess ist die geschmorte Lammschulter welche wir im Hauptgang gewählt haben. Otts Sous-Chef war in Nordafrika in den Ferien und war begeistert von der geschmacksvollen Küche. So pröbelte man mit Peperoni, Joghurt, Minze und den regional typischen Gewürzen bis man die geeignete Begleitung für das schöne Stück Fleisch gefunden hat. Das Ergebnis ist ein ausgezeichnetes Gericht zum reinknien welches eine elegante Brücke zur Nordafrikanischen Küche schlägt. Ein Gericht voller Intensität, Süffigkeit und Wohlgeschmack. Dies ist sicher auch der schönen Sauce mit dem leichten Säurekick zu verdanken.

 

Pré-Dessert: Mango (6/10)

Nun folgt ein fruchtiges Mango-pré-Dessert und somit ein sehr leichtes und erfrischendes Dessert. Genau das Richtige nach dem intensiven Hauptgang.

 

Reis & Mandarine (7/10)

Das angenehm portionierte Dessert aus einer Mischung aus Reis, Säure und Süsse schliesst das Menü ab. Es ist ein sehr gutes Dessert mit verschiedenen Konsistenzen und einem schönen Geschmacksbild auch dank der Erdnuss-Note.

 

Friandises (8/10)

Die Pralinen (Banane und Passionsfrucht) sind hervorragend. Auch sehr gut das Kirsch Panna cotta welches für einen Süss-Sauren Abschluss sorgt.

 

Fazit: Schon die ersten Häppchen versprachen Grosses. Und spätestens nach dem ersten Gang war klar, dass man sich im La Vetta seit unserem letzten Besuch nochmals klar gesteigert hat. So strotzte jedes einzelne Gericht an diesem Abend mit viel Power und Geschmack. Die Leidenschaft der Küchenbrigade spürt der Gast bei jedem Teller. Auch das junge Service-Team um Philipp Lorenz macht einen super Job. Der La Vetta-Besuch darf bei keinem Arosa Besuch fehlen!

Der talentierte Leo Ott hat das Restaurant in der Zwischenzeit in Richtung Castello del Sole in Ascona verlassen. Uwe Seegert hat mit Pasquale Fuhrmann bereits eine neue rechte Hand für das La Vetta gefunden. Fuhrmann arbeitet seit 2015 im Tschuggen Grand Hotel und war die letzten beiden Jahre Sous Chef im The Basement und La Collina.

Das Team: Philipp Lorenz, Tim Stoewen, Kathrin Freudensprung, Anne-Kathrin Tessmann, Manuel Heinz, Leopold Ott (Chef), Stefan Schmid, Spyros Lolos, Christian Bühring

Speisekarte: Ein klassisches Degustationsmenü gibt es nicht. Stattdessen stellt jeder Gast aus verschiedenen Vorspeisen und Hauptgängen sein Menü aus. 2 Gänge kosten 89 Franken, drei 105 Franken, vier 119 Franken und fünf Gänge 135 Franken.

Zeit: Das fünf Gänge Menü wurde in 3 Stunden serviert

Wein: Man stellt dem Gast gerne eine Weinbegleitung aus den Weinen im offenen Ausschank zusammen. Eine direkt auf die Speisen abgestimmte Begleitung ist das nicht. Dafür hat man eine grosse, spannende Weinkarte mit recht fairen Preisen.

Website: www.tschuggen.ch/de/restaurants/la-vetta

Wertung: Gourmör / Michelin / Gault-Millau

Sonderauszeichnung: Schöne Zigarren-Lounge vorhanden

(Besucht im März 2018)

Pavillon in Zürich

Es ist beeindruckend wie sich die grösste Schweizer Stadt an der kulinarischen Spitze entwickelt hat. Vor 10 Jahren gab es in Zürich gerade mal ein Sternerestaurant (das Spice im Rigiblick unter Felix Episser). Heute findet man in der Stadt an der Limmat ganze 9 Sterne-Restaurants (davon zwei mit 2-Macarons). Seit fünf Jahren zählt auch das wunderschöne Pavillon im luxuriösen Baur au Lac zu der Sterne-Liga. Zu verdanken hat man das Küchenchef Laurent Eperon. Der Westschweizer arbeitet seit 1998 im traditionsreichen Haus – den Küchenchefposten und die zehnköpfigen Brigade übernahm er 2009.

Für uns zählt das Pavillon zu den schönsten Restaurants. Das imposante Blumenbouquet und die Rotonde in der Raummitte strahlen eine grosse Eleganz aus. Die schöne Atmosphäre wird von einem kleinen, freundlichen und aufmerksamen Service-Team ergänzt. Nachdem man uns an einen schönen zweier Tisch gesetzt hat, reicht man uns die Speisekarte. Neben einer kleinen à la carte Auswahl, finden wir darauf auch das Menü Harmonie. Kurz überlegen wir uns ein paar Gänge à la carte zu bestellen, denn hier werden tolle Zutaten wie Kalbshaxen, ein ganzer Wolfsbarsch oder Stockenten angeboten. Wir ordern dann aber doch das Menü um möglichst viele Eindrücke von Eperons Kochkunst zu erhalten. Ungewohnt: Das Amuse Bouche, die Erfrischung vor dem Hauptgang und das pré Dessert zählen hier auch als einzelne Gänge. Das grosse Menü ist in der Tat also „lediglich“ 6 Gänge und nicht 9 Speisefolgen lang.

Zum Apéritif ordern wir ein Glas rosé Champagner von André Clouet. Ein schöner Tropfen, der sehr gut zu den nun servierten Gougère (6/10) passt. Das traditionelle Gebäck aus der französischen Küche schmeckt himmlisch-intensiv nach Käse. Es wird neben der klassischen Variante auch in einer Version mit Lachs, Lachsrogen (was fälschlicherweise als Lachs-Kaviar annonciert wird), sowie Tupfer von Dill serviert. Ein schöner Einstieg in den Abend.

 

Brot

Vier verschiedene Brotsorten werden uns angeboten – diese stammen allesamt von der Bäckerei Plüss in Weiningen und werden dort nach einem Rezept von Laurent Eperon zubereitet. Wir wählen das Brioche mit Safran und Basilikum und treffen damit gleich ins Schwarze – das Gipfeli ähnliche Gebäck ist ein absoluter Traum. Dazu gibt es eine gesalzene Butter sowie eine caramelisierte Butter die traumhaft nussig schmeckt. Schon für die Kombination aus Brioche und der Butter hat sich die Reise nach Zürich gelohnt.

Schade, dass wir dem Gebäck vorerst nicht die verdiente Aufmerksamkeit schenken können – denn fast gleichzeitig mit dem Brot, wird auch das Amuse Bouche serviert. Dieses Timing is nicht optimal.

 

Ouverture : Kaviar aus Frankreich – geräucherte Forelle – Estragon (5/10)

Angekündigt als Mousse von der geräucherten Forelle, hat diese Einstimmung eher die Konsistenz eines Panna Cottas. Dies tut dem Geschmack aber keinen Abbruch, denn die Kombination von Fisch und Rauch ist sehr einladend. Gut auch die Verbindung mit dem Kaviar und dem Lachs-Rogen, die das Gericht um eine meerige Geschmacksebene erweitern.

 

Languste aus Südafrika / Doppelte Consommé – Eukalyptus (7/10)

Das Prachtexemplar einer Languste duftet himmlisch. Dazu vermählen sich erfrischende Aromen von der Zitronen und den leicht ätherischen Noten vom Eukalyptus. Die Sauce ist schlicht ein Traum, kein Tropfen von diesem Elixier wird es zurück in die Küche schaffen. Die Languste ist gut, nur leider sind die ersten beiden Bissen etwas mehlig. Darüber hinweg tröstet aber der al dente gekochte Raviolo mit einer Füllung von der Languste, sowie die à part servierte Consomé, welche absolut fantastisch schmeckt. Wäre das Krustentier perfekt gegart, wäre hier locker eine 8er oder gar 9er Wertung möglich gewesen.

 

Potager du moment / Vanille – Zitrone – Olivenöl von Spanien (5/10)

„Gemüsegärten“ sind momentan on vogue. Auch im Pavillon steht er auf dem Menü. Eperon verwendet dafür drei verschiedene Gemüsesorten die er dünn aufschneidet. Wir finden verschiedene Randen-Sorten, Pastinake und Navetten auf dem Teller. Dazu kombiniert er eine Zitronen-Vanille-Vinaigrette die man uns am Tisch elegant darüber träufelt. Dadurch entsteht ein angenehmes, süss-saures Zusammenspiel. Dieser Geschmack hat dann aber auch die Oberhand, wodurch man die einzelnen Gemüsesorten fast nur durch die Konsistenz voneinander unterscheiden kann. So ist das Gericht leider bereits ab der Hälfte äusserst repetitiv und eintönig.

 

Seezunge – petit bateau – Muscheln – Dill (7/10)

Dill gehört offenbar zu den Lieblingskräutern des Chefs. So kommt es heute Abend bereits zum vierten Mal zum Einsatz. Uns soll es recht sein, denn die Zutat passt sehr gut zu der tollen, leicht gegarten Seezungenroulade. Der Fisch stammt aus Frankreich und wurde in der Küche mit etwas fermentiertem Zwiebel-Pulver verfeinert. Die Seezunge liegt in einem wundervollen Butter-Muschelfond, welchen wir genüsslich mit dem Fisch kombinieren. Die Miesmuscheln sorgen für eine delikate, leicht jodige Note.

 

Reset (8/10)

Als kleine Erfrischung vor dem Hauptgang serviert man uns ein Ei welches mit einem perfekt temperierten Yuzu-Sorbet gefüllt ist. Darunter finden wir noch etwas Mango, welches das Eigelb darstellt. Eine erfrischende Idee die ausgezeichnet schmeckt.

 

Reh von Österreich – Wacholder – Preiselbeeren – Quitte (7/10)

Im Hauptgang serviert man uns einen sehr feinen, wenn auch leider etwas zu kalten, Rehrücken aus Österreich. Ein Stück mit einem würzigen gratinierten Thymian-Pfeffer Mantel, das zweite Stück mit einem intensiven Wacholder-Preiselbeer-Jus. Dazu ein Quitten-Coulis, sautierte Schwämmli und – für den winterlichen Twist – eine mit Lebkuchen-Mandel gefüllte Zwetschge. Ein starker Hauptgang mit viel Geschmack.

 

Brillat-Saverin Käse (7/10)

Nach dem Hauptgang fährt man nicht mit dem vorhandenen Käsewagen vor, sondern serviert ein Käse-Gericht aus Brillat-Savarin Käse mit schwarzem Winter-Trüffel – eine sehr schöne Geschmackskombination mit viel Power.

 

Kürbis (7/10)

Als pré Dessert bereitet uns Pâtissier Stefan Howells eine schöne Kombination aus Kürbis und Kumquats zu. Auf dem Teller entsteht ein schönes süss-saures Zusammenspiel mit den caramelisierten-Kürbiskernen, dem Kürbiskernen-Öl, dem luftigen Milchschaum-Zimt und denn dünn aufgeschnittenen Kumquats.

 

Miel du jardin Honig (6/10)

Für dieses Dessert haben 10’000 Baur-au-Lac Mitarbeiter den ganzen Sommer hindurch gearbeitet. Die Rede ist von dem hauseigenen Bienenvolk, welches das Hotel im Garten beherbergt. Auf den eigenen Honig ist man hier zu Recht sehr stolz und serviert ihn seinen Gästen nicht nur zum Zmorgen, sondern auch in einem Dessert. Dieses besteht aus einer auffallenden Kuppel aus Filo-Teig, welcher geschmacklich an die orientalischen Desserts aus Honig erinnert. Darunter finden wir eine Honig-Créme, mit Honig verfeinertes Joghurt, getrocknete Milch und eine Brioche Crème.

À part serviert man uns in einem zweiten Schälchen eine Baguette-Glacé auf Pumpernickel-Honig-Biskuit und Milchschaum. In der Tasse finden wir einen warmen, sehr feinen Thymian-Grapefruit-Honig Tee.

 

Friandises (7/10)

Zum starken Espresso reicht man uns noch die Friandises bestehend aus Schokoladen-Macaron, Pistazien-Macha Praline, Hibiskus-Nektarine Truffe, Brandy Truffe und einem Zitronen-Macaron.

 

Fazit: Wir verbrachten im wundervollen Pavillon einen sehr schönen Abend. Der Service war aufmerksam und zuvorkommend und die Speisen von Laurent Eperon und seiner Brigade auf einem hohen Niveau. Auch wenn die ganz grossen Begeisterungsstürme ausblieben, konnten uns Gerichte wie die Languste oder der Wild-Hauptgang sehr überzeugen. Wir freuen uns bereits auf den nächsten Besuch und werden dann der äusserst spannenden à la carte-Selektion nicht mehr widerstehen.

Chef Laurent Eperon

Speisekarte: Das Menü Harmonie gibt es in 7 (CHF 185) und 9 Gängen (CHF 205). Der Gruss aus der Küche, die Erfrischung vor dem Hauptgang und das Pré Dessert sind hier aber bereits inkludiert. Weshalb sind dies eigentlich 4, respektive 6-Gänge-Menüs sind. Dazu gibt es noch ein Apéro-Gebäck und Friandises. À la cart gibt es vier verschiedene Vorspeisen zu ca. 68 Franken, vier Hauptgänge zu je ca. 88 Franken und Desserts zu je 26 Franken.

Zeit: 3 ¼ Stunden

Wein: Neben der grossen Weinkarte werden für das Menü auch zwei Weinbegleitungen – mit jeweils 6 Gläser – angeboten. Neben einer Schweizer Begleitung für 90 Franken, gibt es auch eine internationale für 140 Franken. Wir wählten die internationale Weinreise und erhielten folgende Flaschen kredenzt:

Louro do Bolo, Godello, Rafael Palacios, Val do Bibei, Galicia, 2013
Grüner Veltliner, Tradition, Schloss Gobelsburg, Österreich, 2014
Chassagne-Montrachet, Bruno Colin, Bourgogne, 2013
The Moonlight Run, Massena, Barossa Valley, South Australia, 2014
Les Vercots, Aloxe-Corton Premier Cru, Tollot-Beaut, Bourgogne, 2011
Château Raymond-Lafon Sauternes, Bordeaux, 2009

Online: Website

Wertung: Gourmör   /  Michelin   /  Gault-Millau

Sonderauszeichnung:  Hier fühlt man sich besonders wohl  /  Auszeichnung für eine tolle Weinbegleitung

(Besucht im Oktober 2017)

Cornelius Speinle – vom Wohnzimmer ins Luxus-Hotel

Von aussen sieht es wie ein ganz normales Einfamilienhaus aus. Keiner würde auf die Idee kommen, dass sich hier an der Obstgartenstrasse ein Sternerestaurant befindet. Dieses Haus in Schlattingen war die letzten drei Jahre die Wirkungsstätte von Cornelius Speinle, seiner Frau Kirstin und ihrem gemeinsamen Team. Mit 27 Jahren hat Cornelius das Haus gepachtet. Seitdem wohnen Speinles mit ihrem kleinen Sohn im oberen Stock und bewirten an fünf Tagen die Woche jeweils rund 15 Gäste in ihrem zum Restaurant umfunktionierten Wohnzimmer.

Die Küche hat genau die Grösse, die man in einem Einfamilienhaus erwartet. Zwei Herdplatten stehen dem dreiköpfigen Team zur Verfügung. Ab und an gönnt man sich den Einsatz einer dritten, mobilen Platte für die Fonds. Die Platzverhältnisse sind sehr knapp bemessen. Kein Problem für den sympathischen Thurgauer. Cornelius erzählt uns, dass er schon auf kleineren Arbeitsflächen gearbeitet hat. Er denkt dabei an die Zeit im 3-Sterne-Restaurant The Fat Duck von Heston Blumenthal im englischen Bray. Dort hätten sich sieben Köche in etwa die gleiche Fläche geteilt, wie sie ihnen hier zur Verfügung steht und dennoch hätte man damals in der obersten Liga gekocht.

Seit der Übernahme des dreizehn sinne arbeitet man mit  grosser Passion und Kreativität. So startet man jedes Menü mit dem eigens konzipierten „Sinne-Turm“. Darin findet der Gast sieben Fächer zum herausklappen – eines für jeden Gang des Überraschungsmenüs. In den Fächern findet man jeweils einen Hinweis zum jeweiligen Gericht das später folgen wird. So schmeckt der Cracker im ersten Fach nach Auberginen und Essig, der Sponge im nächsten nach Leber und Kaffee und im fünften findet man ein Origami in Form einer Ente. Uns gefällt diese Idee gut. Es wäre nur schön wenn man später beim Servieren der Gerichte kurz auflösen würde was man im jeweiligen Fach tatsächlich rausschmecken konnte und wie man den Brückenschlag zum nun servierten Gericht macht.

Dass Cornelius bei Blumenthal gearbeitet hat merkt man beim Amuse Bouche, welche hier „Zungenreiniger“ heissen. Aus einem magisch dampfenden Teekessel wird ein kalter Früchtetee über ein Verjus-Sorbet gegossen. Blumenthal soll schon vor Jahren herausgefunden haben, dass der Gast die Geschmäcker intensiver wahrnimmt, wenn man diese mit dem qualmenden Dampf inszeniert.

Speinle hat auch bei anderen grossen Chefs gearbeitet, zum Beispiel beim deutschen 3-Sterne-Koch Klaus Erfuhrt in Saarbrücken. Dort hat er das präzise Handwerk gelernt. Dies kommt gleich beim ersten Gang sehr gut zur Geltung. Hier werden verschiedene Gemüsesorten zu einem Gemüsebeet vereint. Speinle erzeugt ein sehr puristisches Geschmackserlebnis welches fast ausschliesslich von einer leichten Säure unterstrichen wird.

Wunderschön ist auch das Rocher à la Speinle. Der Klassiker von Ferrero wird hier mit feinstem Gänseleber-Mousse interpretiert. Das Goldblatt symbolisiert die goldene Verpackung des Originals. Auch die obligate Haselnuss aus dem Piemont in der Mitte darf nicht fehlen. Dass diese Praliné nur im Entferntesten etwas mit dem Massenprodukt aus Italien zu tun hat, ist schon vor dem Reinbeissen klar. Welch ausgezeichnetes Aroma die Kombination aber bringt, überrascht dann doch. Es ist wunderbar crèmig, das Aroma ist perfekt balanciert und die Nuss ein willkommener Begleiter. Ein wundervoller Genuss. Eher schwierig ist der Einsatz von Kaffee und Bananen. Speinle weiss das und setzt die konträren Aromen nur sehr dezent ein. Zudem nimmt er der gelben Frucht mit einer leichten Whiskey-Note etwas das dominante Aroma.

Die schönen Geschmacksbilder und die intensiven Aromen blieben auch dem Hamburger Unternehmer Klaus-Michael Kühne nicht verborgen, als dieser vor ein paar Monaten hier dinierte. Cornelius wusste nicht wer der Herr war und auch nicht weshalb er den langen Weg nach Schlattingen auf sich genommen hat. Kühne war nämlich auf der Suche nach einem Spitzenkoch für sein neues Luxus-Hotel The Fontenay in der Hansestadt. Er hat einen Tipp bekommen, dass er seinen Koch in der Nähe von Schaffhausen finden wird. Der Tippgeber sollte Recht behalten. Die Anreise aus dem weiten Norden hat sich gelohnt. Am 20. Januar wurden alle von der Pressemitteilung überrascht, dass Speinle das dreizehn sinne schliesst und in Hamburg als neuer Küchenchef anheuert. Eine veritable Überraschung – auch für Speinle, als er ein paar Wochen davor den Anruf bekommen hat. Der 30-Jährige hat nämlich gewusst welch grosse Chefs sich für diesen spannenden Job beworben haben. Man munkelt sogar, dass zwei deutsche 3-Sterne-Köche unter den Bewerbern waren.

So sind wir bei unserem Besuch auch etwas Wehmütig, dass es dieses spannende Konzept und die geschmacksvolle Küche von Cornelius Speinle bald nicht mehr in der Schweiz zu geniessen gibt und man stattdessen 900 Kilometer zurücklegen muss. Besonders als die Seezunge – das Highlight des Abends – serviert wurde. Der Fisch von bester Qualität und mit der perfekten Garstufe. Umhüllt von einem hervorragenden Safransud. Auch ganz stark die Calamari-Ringe mit den genialen Röstaromen. Der tolle Fenchel und der Dill bereichern das Gericht mit einer erfrischenden Note.

Bei jedem servierten Gang fragt man sich, wie ein solch kleines Team, solche Teller aus einer noch kleineren Küche schicken kann. Auch beim nächsten Gericht, bei dem Langoustinos zu Maki-Rollen verarbeitet wurden. Maki-Deluxe – besser geht es nicht. Das Ganze liegt in einem wundervollen Dashi-Sud, umgeben von gebratene Artischocken und feinsten, hauchdünn geschnittenen Champignons. Es ist ein Gericht zum reinknien, ein Gericht mit vollmundigen Aromen und einer perfekten Balance zwischen Eleganz und Süffigkeit.

Wie im „Sinne-Turm“ zu Beginn angedeutet, gibt es im Hauptgang eine Ente. Zum einen eine wunderbar zarte Brust mit viel Eigengeschmack, zum andern die geschmorte Keule mit einem Périgord-Trüffel-Mantel, sowie das Enten-Herz in Blut-Pudding. Hier werden wir wieder an Speinles grossen Lehrmeister Heston Blumenthal erinnert. Alles schmeckt ausgezeichnet. Man probiert hier und da und trifft überall auf Hochgenuss. Ein Hauptgang der begeistert.

Der Käse nach dem Hauptgang stammt vom grossen Maitre Antony, der selber Fan von diesem kleinen Restaurant ist. Er liefert regelmässig einen Laib zu dem Speinle jeweils eine Begleitung komponiert. Bei unserem Besuch ist es ein Livarot der von einem Ruchbrot mit Pumpernickel-Crème, Shimiji und Honig begleitet wird.

Als Dessert gibt es ein Rüebli-Kuchen mit weisser Schokolade in Form eines Donuts. Daneben gibt es noch weitere verschiedenfarbige Urrüebli. Das Dessert ist nur leicht gesüsst – was uns ausgezeichnet schmeckt. Auch die himmlische Milchschokolade und die knusprigen Baumnüsse ergänzen den süssen Abschluss gekonnt. Applaus gibt es auch für das griechische Joghurtglace und später für die tollen Friandises.

Fazit: Obwohl wir es Cornelius Speinle von Herzen gönnen, dass er in Hamburg eine solch grosse Chance bekommt, bedauern wir die Schliessung seines Restaurants in Schlattingen ausserordentlich. Die Schweiz wird einen sehr talentierten Chef verlieren. Einen Chef mit Leidenschaft, Durchhaltewillen und grossem Potential. Gleichzeitig darf sich Hamburg auf ein besonderes Talent freuen. Was Speinle in Schlattingen mit einem kleinen Team und drei Herdplatten gezaubert hat, ist echt verblüffend. Wir sind sehr gespannt wie er sich in Hamburg entwickelt und sind überzeugt, dass nach oben alles möglich ist.

Website zur neuen Wirkungsstätte von Cornelius Speinle.

(Besucht im April 2017)

Kirstin Speinle, Cornelius Speinle, Tobias Vetsch, Eva Brandl, Patrik Jahraus, Niklas Grom