Wären alle Länder dieser Welt in Monopoly-Felder eingeteilt, hätte Frankreich einen Platz im dunkelblauen Bereich auf sicher. Das Land bietet eine unglaubliche Vielfalt. Hohe Berge, fruchtbaren Boden und Anschluss an zwei Meere. Das macht sich auch bei der Kulinarik bemerkbar. Das Sprichwort, wie Gott in Frankreich leben, kommt ja schliesslich nicht von ungefähr. Deshalb war es längst überfällig einmal ein paar Wochen durch unser westliches Nachbarland zu reisen. Da die 670’000 km² für einen Trip zu gross sind, haben wir uns auf die Regionen der Normandie und Bretagne fokussiert. Von dort soll es dann runter in Richtung Bordeaux gehen von wo wir über Lyon zurück in die Schweiz fahren.
Nach langer Planung – unter anderem mussten wir uns bei den vielen besternten Lokalen für eine Auswahl entscheiden – ging es an einem heissen Sommertag endlich los. Die Vorstellung, bereits am Abend vor einem frischen Fisch zu sitzen, das Meer zu riechen und die mehr als 10 Grad kühlere Luft der Normandie zu spüren, lässt die 34 Grad warme Temperatur gleich viel erträglicher erscheinen.
Die Route über Basel, Lyon und Paris ist überraschend verkehrsarm. Die Staumeldungen vom Gotthard quittierten wir mit einem Schmunzeln – sollen doch alle anderen nach Italien fahren („In Frankreich kann man nicht gut essen!“). Es ist kurz vor fünf Uhr nachmittags als wir Étretat erreichen. Die kleine Gemeinde liegt direkt am Meer und ist für die beeindruckenden Felsformationen bekannt, von der sie umrahmt ist. Der Blick auf die weissen Klippen ist schon vom Dorf her imposant. Es lohnt sich aber ein bis zwei Stunden zu investieren und den einfachen Wanderweg unter die Füsse zu nehmen. Dieser führt die Felswände hoch von wo man einen unvergesslichen Ausblick hat. Nach der kleinen Tour haben wir das Abendessen redlich verdient. So suchen wir ein Restaurant mit Terrasse, welches Moules-frittes serviert. Für etwas mehr als 10 Euro serviert man hier einen ganzen Topf voll von diesen köstlichen Muscheln. Man muss sich lediglich entscheiden wie man sie zubereitet haben möchte. Klassisch an Weissweinsauce oder lieber mit Curry und Pilzen?
Le Pavé d’Auge in Beuvron-en-Auge
Das nächste Ziel heisst Beuvron-en-Auge. Ein kleines Dörfchen mit malerischen Fachwerkhäusern. Hier im Le Pavé d’Hôtes haben wir für die nächsten Tage ein Zimmer reserviert. Das Gästehaus aus dem 18. Jahrhundert hat fünf individuell gestaltete Gästezimmer und gehört dem gleichen Besitzerpaar, welches im Dorfkern, rund 200 Meter vom Gästehaus entfernt, ein mit einem Michelin-Stern ausgezeichnetes Restaurant besitzt. Im Le Pavé d’Auge haben wir dann auch für den zweiten Abend einen Tisch reserviert. Hier kocht Jerôme Bansard und sein Team eine sehr traditionelle Küche. Die etwas ausdruckslosen Apéro-Häppchen geniessen wir auf der kleinen Terrasse. Der kühle Wind sorgt dann aber dafür, dass wir gleich danach um einem Tisch im Innern bitten . Das Restaurant befindet sich in einer ehemaligen Markthalle. Entsprechend hoch ist die Decke. Hier servierte man uns für 61 € ein drei gänge Menü. Sowohl die Vorspeise mit Kalbsmilken, Pfifferlingen und Muscheln als auch das Lamm mit Bohnen waren zwar etwas salzig, aber fein. Den Michelin-Stern, welcher die Inspektoren hier seit vielen Jahren vergeben, können wir indessen nicht bestätigen.
Für den nächsten Tag haben wir uns eine Reiseführerin organisiert. Wir möchten nämlich die Kriegsschauplätze der Landung der Normandie besuchen. Das Thema ist hier auch nach 71 Jahren noch immer omnipräsent. In Sainte-Mère-Église machen wir den ersten Halt. Hier landeten am 6. Juni 1944 die US-Fallschirmjäger der 82. Luftlandedivision. Einer der Soldaten blieb dabei an einem der Ecktürme des Kirchturms hängen. Noch heute macht eine Puppe an der, im 13. Jahrhundert erbauten, gotischen Kirche an dieses Ereignis aufmerksam. Gleich gegenüber der Kirche steht das sehenswerte Dead Man’s Corner Airborne Museum. Hier wird die Geschichte der Fallschirmspringer eindrucksvoll thematisiert.
Die Landungsstrände Utah, Omaha, Gold, Juno und Sword lassen erahnen, wie brutal diese Operation Overlord gewesen sein muss. 155’000 Soldaten, vorwiegend Amerikaner, Briten und Kanadier, stürmten die Strände. Der Besuch des Deutschen- und des US-Friedhofs visualisieren den Wahnsinn dieses Krieges. Jedes Grab trägt den Namen des gefallennen oder vermissten Soldaten.
Honfleur ist ein weiteres Highlight auf unserer Reise. Das charmante Städtchen liegt an der Mündung der Seine in den Ärmelkanal. Die engen Gassen laden zum Verweilen ein. Im kleinen Hafen reihen sich die Restaurants aneinander. Alle bieten Spezialitäten aus dem Meer an. An schönen Tagen kann man die Terrassen benutzen und geniesst darauf wunderschöne Sommerabende.
SaQuaNa in Honfleur
Wir gehen an den kleinen Lokalen vorbei, denn für heute Abend haben wir eine Reservation im zweifach besternten SaQuaNa. Das kleine Lokal liegt in einer Seitenstrasse. Der Name ist eine Abkürzung aus den französischen Worten für Geschmack, Qualität und Natur. Inhaber und Küchenchef Alexandre Bourdas besitzt das kleine Lokal seit fast zehn Jahren. Zuvor lebte und arbeitete der gebürtige Franzose viele Jahre in Asian. Von dort stammt nicht nur sein heutiger Sous-Chef, sondern auch der Einfluss in seiner Küche. Das Menü – die einzige Option – wechselt fast jeden Tag und wird für attraktive 120 Euro angeboten. Der Abend beginnt mit spannenden Apérohäppchen. Danach gibt es ein Gebäck aus Bourdas Heimat Averon. Es besteht aus Ei, Trüffel und Zucker und schmeckt himmlisch. Darauf folgt ein saftiger Kabeljau in einem wunderbaren Kokosnuss-Sud. Abgeschmeckt ist der delikate Fisch mit erfrischender Limette und Koriander. Der Pollack mit Himbeeren wirkt konzeptionell etwas wirr. Ganz stark dafür der gedämpfte Seebrass unter grünen Tomaten. Das Gericht ist mit Szechuanpfeffer verfeinert. Dieser gibt dem Gericht eine ganz besondere Note. Etwas abgeschreckt werden wir vom Steinbutt der etwas zu stark gebraten ist. Doch von Sekunde zu Sekunde begeistert uns die markante Knoblauchnote mehr. Beim letzten Bissen wünschten wir uns am liebsten Nachschlag. Aber vor uns liegt noch ein feines aber etwas zu kaltes Rind mit frischen Mandeln und Erbsen. Abgeschlossen wird das Menü von zwei kleinen Desserts und tollen Friandises. Das SaQuaNa ist eine ausgezeichnete Adresse und unbedingt einen Besuch wert.
Wertung für SaQuaNa:
Website