Kochbuch: Schweizer Spitzenköche für Afrika

Falls ihr eine Woche vor Weihnachten immer noch verzweifelt auf der Suche nach einem passenden Geschenk seid dann könnt ihr jetzt aufatmen. Denn mit dem Kochbuch „Schweizer Spitzenköche für Afrika“ schenkt ihr nicht nur 60 spannende und einfach nachzukochende Rezepte sondern unterstützt gleichzeitig die charity Organisation „Mensch für Mensch“ von Karlheinz Böhm.

Das Projekt „Spitzenköche für Afrika“ wurde 2008 in Deutschland geboren. Damals wetteten Ralf Bos (Inhaber des Delikatessenversands BOS FOOD) und der „Jahrhundertkoch“ Eckart Witzigmann „gegen“ Böhm, dass sie zusammen mit anderen Spitzenköchen es schaffen werden 250’000 Euro zu erkochen. Die Wette ging gewonnen und mit dem Geld wurde in Äthiopien eine Schule für 600 Kinder gebaut. Fortan wurde die Aktion jährlich wiederholt.

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Die Sterneköchin Tanja Grandits (Stucki in Basel) ist eine grosse Bewunderin von Böhm und seinem unermüdlichen Engagement für die Ärmsten. Deshalb hat sie nun das Projekt „Spitzenköche für Afrika“ in der Schweiz initiiert und 19 Berufskollegen angefragt sie dabei zu unterstützen.

In Zusammenarbeit mit dem Aarauer AT Verlag entstand nun als erstes Projekt dieses 176 seitige Kochbuch. Darin stellen alle Köche jeweils drei ihrer Lieblingsgerichte vor – Gerichte die sie mit ihrer Kindheit verbinden oder Speisen die sie gerne für Freunde kochen. Der Reinerlös kommt dabei vollumfänglich der Stiftung „Mensch für Mensch“ und somit dem Projekt ABC 2015 zu gute – ein Projekt das Tausenden von Kindern in Äthiopien eine Schulbildung ermöglichen wird.

Die besagten Köche besitzen stolze 24 Michelin Sterne. Es sind neben Tanja Grandits* die Köche Armin Amrein *, Andreas Caminada ***, Philippe Chevrier **, Martin Dalsass, Claude Frôté *, Vreni Giger, Hans Peter Hussong **, André Jaeger *, Walter Klose *, Reto Lampart **, Jan Leimbach, Marcus G. Linder **, Peter Moser *, Markus Neff *, Heiko Nieder **, Arno Sgier *, Sandro Steingruber, Martin Surbeck * und Rico Zandonella **.


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Ein Kochbuch von Gourmetköchen fristet meistens ein Leben im Bücherregal statt auf dem Küchentisch. Das vorliegende Buch ist dabei anders. Die 20 Köche stellen nämlich fast ausschliesslich einfach nachzukochende Gerichte vor. Deshalb muss man keine seitenlangen Rezepte studieren sondern kann die Gerichte für den täglichen Gebrauch einsetzen.

Das Buch ist nach den 20 Köchen gegliedert. Dabei gibt es jeweils zwei Speisen und ein Dessert. Zu Beginn wird der jeweilige Koch in einem kurzen Interview vorgestellt. Dabei erfährt man was in seiner Küche nie fehlen darf und auch die Gründe die ihn zum Engagement für dieses Projekt bewegt hatten. Da jedoch fast immer dieselben Fragen gestellt werden wird dieser Teil spätestens beim fünften Koch langweilig. Aber auch abgesehen von den eher banalen Fragen ist die bunte Doppelseite die (einzige) Schwachstelle des Buches. Denn hier vermisst man stark ein schönes Portraitbild des jeweiligen Spitzenkochs. Stattdessen findet man auf den fast leeren Seiten lediglich eine verpixelte Unterschrift. Bei einem Nachfolgebuch liegt hier definitiv das grösste Verbesserungspotential.

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Nichts zu verbessern gibt es bei der Rezeptauswahl. Man findet viele tolle Gerichte. Vereinzelt sind auch etwas anspruchsvollere Rezepte dabei. Bis auf ein paar ganz wenige Ausnahmen (zum Beispiel die Ente von André Jaeger) findet man dabei auch alle Zutaten beim lokalen Händler. Ebenfalls ein grosses Lob gilt den schön abgelichteten Speisen. Man entdeckt fast auf jeder Doppelseite ein Gerichte das man unbedingt einmal nachkochen möchte.

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Fazit: Das Kochbuch „Schweizer Spitzenköche für Afrika“ ist ein ideales Weihnachtsgeschenk. Für einmal kann der Beschenkte nicht nur über die tollen Gerichte staunen sondern diese auch tatsächlich nachkochen. Dass man gleichzeitig mit dem Kauf ein wichtiges Projekt unterstützt macht gleich doppelt Freude. Für die 90 Rezepte auf 176 Seiten bezahlt man gerade einmal 39 Franken  – ein sehr fairer Preis.

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Schweizer Spitzenköche für Afrika
Erschienen im AT Verlag
Fotos Michael Wissing
176 Seiten
ISBN 978-3-03800-616-9
Preis 39.90 Franken

Kochbuch: Stefan Wiesner – Avantgardistische Naturküche

In unregelmässigen Abschnitten werden wir euch in Zukunft interessante Kochbücher vorstellen. Der Start macht Stefan Wiesner mit seinem neuen Buch „Avantgardistische Naturküche“.

Tabaköl, Schnee, Eisenrost, Steine und Mondmilch sind nur einige der Zutaten mit denen der aussergewöhnlichste Schweizer Koch Gerichte komponiert. Stefan Wiesner, dank einer interessanten Dokumentation im Schweizer Fernsehen besser bekannt als „Der Hexer aus dem Entlebuch“ kocht in Escholzmatt eine naturverbundene Küche der besonderen Art. Wiesner übernahm das Restaurant Rössli von seinen Eltern, verbannte alle Convenience Produkte aus dem Haus und machte Platz für Ingredienzien die man ausschliesslich in seiner Küche findet. Gold, Ameisensäure und Torf ist nicht jedermanns Sache, vor allem nicht für die bodenständigen Entlebucher. Deshalb stiess sein Küchenstil in Escholzmatt lange auf Unverständnis und viele stempelten ihn als Spinner ab.

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Doch Wiesner gab nicht auf, forschte unermüdlich weiter, liess sich in allen Naturbelangen weiterbilden und erklärte immer wieder seine Art zu kochen. Die Gault-Millau Punkte kletterten von 12 (1994) bis 16 (2006). Doch auch mit diesen Auszeichnungen war die Skepsis von vielen Gästen noch gross. Der Schweizer Dokumentarfilmer Eric Bergkraut änderte im 2006, mit seinem 50 minütigen Film über den innovativen Koch, aber alles. Auf Wiesner aufmerksam wurde er durch dessen erstes und mittlerweile mehrfach ausgezeichnete Kochbuch ‚Gold Holz Stein‘ (2003). Darin brachte der Hexer seinen Lesern seine einzigartige Küche näher und erklärte, dass es keine Spielerei ist wenn man das Fleisch mit Hilfe von Ameisensäure behandelt sondern dieses dadurch zarter wird. Eric Bergkraut begleitete Wiesner ein ganzes Menü lang – von der Erkundung der Natur nach neuen Akteuren bis dann das fertige Gericht im Jägerstübli serviert wurde.

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Der Dokumentarfilm machte Wiesner zu einem der bekanntesten Schweizer Köche. Wer bei ihm essen wollte musste fortan Wochenlang auf einen Tisch warten. Sein Kochbuch wurde mehrfach ausgezeichnet und Wiesner musste sich nicht mehr erklären sondern konnte sich ganz auf seine Leidenschaft konzentrieren. Der zusätzliche 17. Gault-Millau Punkt und der Michelin Stern waren weitere Bestätigungen für den bedachten Koch.

In den letzten Jahren hat Wiesner nicht nur an neuen Rezepten geforscht sondern auch an einem neuen Kochbuch gearbeitet. Sein neustes Werk heisst „Avantgardistische Naturküche“ und ist nicht nur Kochbuch sondern beinhaltet auch das „Lexikon der Geschmackskombinationen“.

Viele Gourmekochbuchkäufer wollen in erster Linie über die Kreationen, die interessanten Hintergrundinformationen und die spannenden Geschmackskombinationen staunen und für einmal „nur“ das Auge und die Gedanken geniessen lassen. Und diese kommen auf über 270 Seiten voll auf ihre Kosten. Denn Wiesner zeigt die Rezepte aller Menüs der letzten beiden Jahren. Dies sind acht verschiedene Sechsgang-Menüs; darunter auch das Sommermenü welches wir vor zwei Jahren assen und darüber berichteten.

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Vor jedem Menü gibt es ein kurzes Vorwort in dem Wiesner erklärt wie er auf die Ideen der einzelnen Gerichten gekommen ist und wie der Name entstand welcher jedes seiner Menüs betitelt. Die Texte sind sehr interessant und lassen von Wiesners Begeisterung zur Natur teilhaben. Die einzelnen Gänge findet man jeweils auf einer Doppelseite wobei auf der einen Seite der servierte Teller abgebildet ist und auf der anderen die zum Einsatz Ingredienzien präsentiert werden. Im Anschluss an diese sechs Doppelseiten findet man dann das jeweilige Menü pro Gang und Element. Dort liesst man wie man roher Torf mit Schokolade und Meersalz oder eine Schneesuppe mit geröstetem Nussbaumholz zubereitet.

Diese nachzukochen bleibt den wahren Köchen vorbehalten, dann wie Wiesner in seinem Vorwort schreibt richten sich die Rezepte in erster Linie an Profis und ambitionierte Hobbyköche. Die durchschnittlichen Freizeitköche werden mit den meisten Verfahren und Techniken überfordert sein.

Zwischen den Gerichten werden wichtige Menschen in Wiesners Schaffen in kurzen Portraits vorgestellt. Zum Beispiel Simon Meyer ein „Foodhunter“ der besonderen Art. Meyer streift durch die Wälder auf der Suche nach neuen Zutaten für Wiesners Küche. Zum Beispiel Haselnussknospen oder Kirkenteer welches er für Wiesner in einer 500 Gramm Menge zubereiten musste und dafür fünf Tage benötigte.

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Im Anschluss an die acht Menüs gibt es ein paar Seiten mit Grundrezepten und Küchenpraxis (Fonds, Jus, Räuchern, Wursten, Vakuumgaren usw.) gefolgt von einem weiteren Highlight des Buches: Das „Lexikon der Geschmackskombinationen“ auf 40 Seiten. Zuerst findet man eine Übersicht der Geschmacksfamilien. Zum Beispiel erfährt man dort, dass zu der Familie „Erdig“ neben Randen und Mangold auch Schwarzwurzeln und Erdigriechender Schleimkopf gehören. Im zweiten und umfangreicheren Teil kommen die Modifikateure zu ihrem Auftritt, also die Zutaten die einen bestimmten Geschmack oder Geruch verstärken und ergänzen. Wiesner hat diese Erkenntnisse selber gewonnen und teilt sie nun.

Da erfährt der Leser, dass man eine besonders herausragende Kombination erhält wenn man Rosmarin mit Aprikosen oder Mandarinen kombiniert. Oder wenn man Erdbeeren mit Basilikum oder Jasmin verbindet. Und falls man auf der Suche nach einem besonderen Begleiter für Rindfleisch ist, sollte man unbedingt einmal Schokolade, Kaffee, Sake oder Sbrinz einsetzen.

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Fazit: Das neue Kochbuch von Stefan Wiesner ist ein Meisterwerk und eines der schönsten und interessantesten Kochbücher die ich jemals gelesen habe. Auch produziert ist es auf allerhöchstem Niveau. Die stimmungsvollen Texte und Bilder sowie die Gestaltung und die raue Aufmachung. Einziger Kritikpunkt ist, dass das Buch konzeptionell stark an René Redzepis Kochbuch „Noma“ erinnert. Der Inhalt ist aber 100% Wiesner und so mancher Profikoch wird von seinem nun geteilten Wissen gebrauch machen können.

Zum Nachkochen durch Hobbyköche ist es weniger geeignet. Aber dafür umso mehr zum schmökern und geniessen. Das geniale „Lexikon der Geschmackskombinationen“ ist aber für jedermann und die vielen verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten begeistern schnell. Die 98 Franken sind absolut gut investiert – zum selber lesen oder auch als ganz besonderes Weihnachtsgeschenk.

Geeignet: Zum selber Kochen o o o x Für Profis

Stefan Wiesner – Avantgardistische Naturküche
Erschienen im AT Verlag
Fotos Michael Wissing
272 Seiten, 22.3 cm x 30 cm, 1700 g
ISBN 978-3-03800-532-2
Preis 98 Franken