Die Idee Spitzenköche zu versammeln und mit ihnen neue Gerichte und Trends zu entwickeln, das hatten die Sternefresser schon vor vielen Jahren. 2011 wurde die Idee zum ersten Mal in die Tat umgesetzt und damit der CookTank geboren. Mussten für die erste Ausgabe noch viele Teilnehmer zum mitmachen überredet werden, stehen die Spitzenköche in der Zwischenzeit Schlange .
Am letzten Montag war es endlich soweit, die Sternefresser haben im Park Hotel Vitznau, den ersten CookTank in der Schweiz durchgeführt. Dabei haben sie eindrücklich demonstriert, dass sie nicht nur eines der führenden Online-Gourmet-Magazine betreiben, sondern auch souverän einen Event in dieser Grössenordnung durchführen können.
Es besteht dann auch nur einen, wenn auch sehr grossen Haken: die vielen interessierten Zuschauer müssen alle draussen bleiben. Dies ist für den CookTank auch essenziell. Denn nur dank dieser beinahe familiären Atmosphäre können die anwesenden Köche ohne Druck auftreten und sich bei der Konzeption der neuen Gerichte weit auf die Äste herauswagen.
17 Michelin Sterne in einer Küche
Die Presse wurde auf halb Zwölf bestellt. Zu der Zeit sind die Köche bereits voll im Einsatz. Jeder wird heute eine Speise zu einem der beiden vorgegebenen Themen kochen. Einzige Bedingung: das Gericht darf zuvor noch nie auf der Karte gestanden sein. Fabian Inderbitzin aus dem Seerestaurant Belvédère ist nicht angespannt. Grund dazu hätte er, so ist er heute der Erste der sein Gericht schicken darf. Er hat sich für das Thema „Mehr als Käse“ entschieden und ein Arrangement mit Rüebli, Ziegenfrischkäse und Foie Gras entwickelt. Ein kaltes Gericht, deshalb hat er die 25 Teller auch schon angefangen anzurichten, auch wenn es zur Degustation noch gute 60 Minuten dauert.

Weit her angereist: Kevin Fehling (rechts) aus Deutschland im Gespräch mit Christian Stromann (Sternefresser.de)
Der Gang durch die Küche ist spannend und eindrücklich – so viele begnadete Köche auf einem Haufen gibt es in der Schweiz nicht einmal wenn der Gault-Millau zu seiner alljährlichen Pressekonferenz lädt. Und zu unserem Glück, warten die Herren nicht in sauberem Hemd auf den Fototermin, sondern stehen mit viel Fleiss hinter dem Herd. So auch die einzige Frau unter den Teilnehmern: Tanja Grandits aus dem Stucki in Basel. Sie widmet sich mit ihrem Gericht dem zweiten Thema „Würzen mit ungewöhnlichen Zutaten“. Dazu hat sie einige Utensilien mitgebracht. Unter anderem ein Bambuskorb, um später darin das Lamm zu räuchern.
Doch genug in die Töpfe geschaut, jetzt werden alle zur Ansprache gebeten. Christian Stromann, treibende Kraft hinter Sternefresser.de, verzichtet auf blumige Worte und kommt gleich auf den Punkt. Man wolle ein CookTank von dem alle profitieren, ein Event an dem sich die Teilnehmer austauschen und am Abend mit möglichst vielen Eindrücken und Inputs nach Hause gehen.
Beim anschliessenden Fototermin wird dann auch bildlich demonstriert, wie stark sich der CookTank in den letzten Jahren entwickelt hat. Waren es bei der ersten Ausgabe noch acht teilnehmende Personen, sind heute über 45 zusammengekommen. Darunter auch Kevin Fehling, einer von zwei Köchen die aus Deutschland anreisten. Fehling ist hier aber kein Unbekannter – zumindest nicht seit dem letzten Herbst, als er von Michelin mit 3 Sternen ausgezeichnet wurde. Der 35 jährige ist gut gelaunt, auch wenn er für die 800 im Flugzeug zurückgelegten Kilometer, sehr früh aufstehen musste.
Jetzt sitzen wir draussen im Restaurant focus, wo man für heute zwei lange Holztische eingedeckt hat. Vor uns steht nun das geschmorte Rüebli. Fabian Inderbitzin erklärt den anwesenden Köchen, Presseleuten und Sponsoren die Idee hinter seinem Gericht. Danach wird degustiert und kritisiert. Dabei verzichtet man einvernehmlich auf Lobeshymnen sondern verteilt ehrliche Feedbacks. Immer wenn es ruhig wird, übernehmen Christian Stromann und Daniela Heykes die Moderation. Am Ende gibt es noch ein paar Komplimente, bevor Inderbitzin mit viel Feedback im Gepäck, zurück in die Küche geht, wo bereits das nächste Gericht darauf wartet geschickt zu werden.

Daniela Heykes (ROOM 426) und Christian Stromann (Sternefresser) wird Fabian Inderbitzins geschmort Karrotte kredenzt
Die gute Stimmung unter den Berufskollegen ist beieindruckend und sicher einer der vielen schönen Eigenschaften des CookTanks. Auch als Rolf Fliegauf (Ecco in Ascona), Lars Middendorf (Seehalde in Uhldingen, Deutschland) und Patrick Konschak (Einstein in Aarau) ihre Gerichte präsentieren, dürfen sie von der konstruktiven Kritik profitieren.
Danach wird es Zeit für den Vortrag. Dazu hat man Professor Dr. Thomas Vilgis engagiert. Wie schon bei den vorherigen CookTanks, lässt der Lebensmittel-Chemiker und -Physiker, die Anwesenden Spitzenköche an seinem Wissen teilhaben.
Nach der kleinen Pause geht es weiter mit den Gerichten von Marcus Lindner der aus Gtaad anreiste, Markus Arnold (ehemals Meridiano in Bern), Peter Knogl aus dem Cheval Blanc aus Basel und Kevin Fehling mit seinem hervorragenden Unagi.
Jetzt wird es dunkel im Restaurant. Zeit für Andreas Caminadas Gericht. Der Bündner nutzt die Gelegenheit um Meinungen zu seinem neusten Projekt einzuholen: die beleuchteten Speisen. Diese werden auf einem iPad mit kratzfester Scheibe serviert. Eine eigens komponierte Lichtshow beleuchtet das Gericht „Sünde“ von unten. Ab September wird Caminada in seinem Restaurant Schauenstein in Fürstenau, pro Menü zwei Gerichte auf diese Weise servieren. Das Feedback aus der Runde bestätigt ihn im Vorhaben. Es sei legitim neue Wege zu gehen – solange dem Geschmack nichts im Weg steht.
Es ist nun 17 Uhr geworden. Nachdem Tanja Grandits ihr facettenreiches Berglamm-Gericht serviert hat und damit viel Lob einheimste, sind nun noch die beiden Gastgeber des Park Hotel Vitznau an der Reihe. Christian Nickel serviert sein Bierschwein an einer intensiven Sauce und Nenad Mlinarevic sorgt mit seinen süffigen Cerealien mit Ziegenfrischkäse und Sanddorn für ein würdiges Finale dieses eindrücklichen Tages.

25 Mal angerichtet: Marcus Lindners Greyerzer Saibling, Ziegenquark Beifuss und Waadtländer Saucisson
Nach der Abschlussrede wird noch etwas gefachsimpelt, bevor die Köche die Heimreise antreten. Schliesslich darf man Morgenmittag wieder für die Gäste kochen. Vielleicht etwas weniger experimentell als heute, aber dafür mit vielen neuen Ansätzen und Ideen im Kopf, um die anspruchsvollen Gourmets auch in Zukunft zu begeistern.

Andreas Caminada mit seinem langjährigen Souschef Patrick Waser (rechts) und seinem Mitarbeiter James Baron
Fazit: Der CookTank hat uns nachhaltig begeistert. Die Stimmung ist ungezwungen kollegial, die meisten Gerichte zeigen neue Wege auf oder lassen vermuten in welche Richtung es kulinarisch gehen könnte. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Sternefresser für das nächste Jahr eine weitere Schweizer Ausgabe planen…