Unser erstes Dinner im Le Pont de Brent liegt bereits sechs Jahre zurück. Damals besuchten wir den 3-Sterne-Koch Gérard Rabaey während seiner letzten Saison vor der Pension. 2011 übergab er das Restaurant seinem langjährigen Sous-Chef Stéphane Décotterd. Der damals 33-jährige Fribourger arbeitete fast zehn Jahre unter Rabaey und lernte im traditionsreichen Restaurant auch seine heutige Frau Stéphanie kennen.
Mit grosser Vorfreude kehren wir an diesem warmen Septemberabend nach Brent zurück. Das kleine Dorf liegt oberhalb von Montreux. Dank den warmen Temperaturen, starten wir den Abend im lauschigen Garten. Von hier hört man idyllisch das Wasser vom kleinen Brunnen plätschern. Die weissen Tischtücher sind, gegenüber dem letzten Besuch, verschwunden. Geblieben sind die feinen Häppchen die man zum Apéro – wir wählen ein Glas rosé Champagner aus dem Hause Gosset – serviert. Diese schmecken heute Abend frischer und geschmacksintensiver als beim letzten Mal. Doch dazu gleich mehr.
Denn als allererstes werden Bricelets à la fève de Tonka avec Espuma au vacherin fribourgeois [7/10] serviert. Die knusprigen Bräzeli tunken wir in den herrlich duftenden Vacherin-Schaum. Das Zusammenspiel zwischen dem Käse und der leichten Süsse der Tonkabohnen ist absolut super.
Gleich danach wird uns die grossformatige Speisekarte gereicht. Unsere Wahl fällt schnell auf das Menü in acht Gängen für 240 Franken. Anschliessend stöbern wir durch die Weinkarte, welche einen starken Fokus auf die Region hat. Natürlich findet man darauf auch einige schöne Tropfen aus Frankreich. Um das Menü vinophil zu begleiten, erkundigen wir uns bei der Sommelière nach einer Weinbegleitung. Sie bietet uns an, das Menü mit zwei verschiedenen Weissweinen, einem Rotwein sowie einem Dessertwein zu begleiten. Eine Weinbegleitung im klassischen Sinn, bei der jedes Gericht mit einem anderen Tropfen begleitet – und im besten Fall unterstrichen – wird, gibt es hier aufgrund mangelnder Nachfrage nicht.
Nun erhalten wir ein nasses Tüchlein um unsere Hände zu reinigen, denn für die nun folgenden Häppchen [8/10] benötigen wir saubere Finger. Vier verschiedene Petitessen liegen auf einem Holzbrett. Wir starten mit den grossartigen Allumettes sablées au Gruyère, welche, getreu dem Namen, wunderbar nach Käse schmecken. Zudem sind sie leicht gesalzen und himmlisch buttrig. Ein wirklich schöner Kontrast zum prickelnden Champagner. Auch die restlichen Häppchen schmecken ausgezeichnet. So auch der wunderbare Féra mit Broccoli, der mit Käse gefüllte Malakoff und das leicht warme Tartelette mit bretonischem Hummer. Letzteres ist mit leicht süssem Curry und Dill abgeschmeckt.
Der laue Septemberabend würde zwar dazu einladen, auch die nächsten Stunden hier draussen zu verbringen, doch wir werden nach dem letzten Schluck Champagner ins Restaurant gebeten. Das Le Pont de Brent verfügt über zwei Speiseräume, wobei der kleinere meistens für Gruppen verwendet wird. Heute ist keine grössere Gesellschaft anwesend weshalb nur der eine Speiseraum besetzt ist. Hier werden aber gleich alle neun Tische besetzt sein. Das Restaurant ist seit unserem letzten Besuch fast nicht mehr wieder zu erkennen. Erst vor wenigen Wochen hat man nämlich viel Geld in ein neues Interieur investiert. Dieses ist viel heller, leichter und frischer. Einzig die Holzwand erinnert noch an die alten Zeiten. Uns gefällt das neue Kleid gut. Man muss aber unbedingt versuchen noch etwas mehr Leben herein zu bekommen. Den ganzen Abend hinweg wird die Stimmung auffallend ruhig sein. Da die Tische so ausgerichtet sind, dass alle Gäste in die Raummitte blicken, wird eine etwas unangenehme Intimität geschaffen bei der jeder Gast den anderen beobachtet. Vielleicht sollte man die Zweiertische so auftischen, dass die Gäste vis à vis sitzen. Oder vielleicht könnte etwas Musik eine angenehmere Atmosphäre schaffen.
Noch während sich die Tische um uns herum füllen, rollt der Brotwagen vor. Gleich vier verschiedene Brotsorten hat man frisch gebacken. Wir probieren uns durchs Angebot und sind begeistert. Nur selten, dass man solch klassisches Gebäck in dieser Qualität angeboten bekommt. Auch für die gesalzene Butter von einer nahe gelegenen Käserei gibt es Höchstnoten.
Überraschenderweise folgt nun kein Amuse Bouche, sondern man startet direkt mit dem ersten Gang des Menüs:
La Vinaigrette d’Écrevisses du Lac Léman [6/10]
Die Flusskrebse auf diesem Gericht stammen aus dem Genfersee. Hier werden sie mit herrlichen Peperoni verfeinert. Dazu gibt es in Essig eingelegte Radieschen die für eine angenehme Säure sorgen. Dazu Dill der sich elegant über das Gericht legt. Das sommerliche Gericht wird durch eine Vinaigrette von Edelweiss (!) verfeinert. Diese bringt auch eine leichte Schärfe ins Gericht. In der Summe ein frisches, sommerliches Gericht, dass noch besser schmecken würde, wenn es ein paar Grad wärmer temperiert wäre.
Le Rouget Barbet de „petits bateaux“ en tarte fine [8/10]
Der Teller riecht förmlich nach dem schönen Sommer. Das Gericht schmeckt nach sonnengereiften Tomaten und wundervollen Oliven. Die Rotbarbe steuert ein betörendes Aroma nach dem weiten Meer bei. Der Fisch ist gedämpft und naturbelassen, wodurch er sein wohltuender Geschmack bestens entfalten kann. Unter dem Fisch finden wir ein buttriges Bisquit. Auch ganz stark ist der Rucola. Die leichten Bitternoten komplettieren dieses Gericht. Mit diesem Paukenschlag verabschiedet sich der Sommer 2016 – mit dieser Komposition behalten wir ihn uns in bester Erinnerung.
Le Homard bleu des Côtes Bretonnes [9/10]
Ein weiteres Highlight ist der Hummer aus der Bretagne. Am Tisch wird das edle Krustentier – zusammen mit Fenchel und Brotchips – mit einer fantastischen Bouillabaisse aufgegossen. Diese duftet absolut betörend. Mit Hochgenuss tauchen wir den Löffel in dieses wundervolle Elixier und sind ob seinem Geschmack und Intensität begeistert. Es schmeckt nach Meer, Safran, Dill, Knoblauch und Butter. Der Hummer ist wie erwartet von bester Qualität. Zum Glück hat der Service noch etwas Nachschlag der Bouillabaisse auf dem Tisch gelassen.
La Poêlée de Cuisses de Grenouilles en Lasagne Garniture d’une Carbonara [8/10]
Stéphane Décotterd setzt in seiner Küche gerne Froschschenkel ein. Diesmal in Kombination mit einem italienischen Klassiker – einer Lasagne à la carbonara. Die Froschschenkel wurden gebraten und wandern unter ein hauchdünnes Pasta-Blatt. Obendrauf kommt eine Carbonara-Crème. Darüber träufelt Décotterd geröstete Zwiebeln die nicht nur herrlich duften, sondern uns auch das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Die Carbonara „de luxe“ schmeckt dann auch so, wie es unsere Geruchsrezeptoren hoffnungsvoll ans Hirn meldeten: wunderbar süffig, intensiv und mit ganz viel Geschmack!
La Selle d’Agneau de Sisteron en croûte, Tian de légumes d’été, Fleur de Courgette et Pomme soufflée [8/10]
Im Hauptgang serviert man uns ein geschmacksintensives Lamm. Dieses ist umringt von einer knusprigen und himmlisch buttrigen Kruste. Dazu wird uns eine tiefe, charaktervolle Tomaten-Lamm-Sauce kredenzt. Begleitet wird das zarte Fleisch von einer mit Auberginen-Kaviar gefüllten Zucchiniblüte, einem zweifarbigen Zucchetti-Törtchen gefüllt mit Ratatouille sowie einem traumhaften Kartoffelgebäck mit einem erfrischenden, flüssigen Zitronenkern. Ein rundum geschmacksintensiver Hauptgang mit viel Power und herzhaften Beilagen.
Käsewagen
Der Käsewagen ist gefüllt mit den besten Schweizer Produkten. Dazu serviert man uns ein Rhabarber-Kompott und Nussbrot.
Les Pruneaux „Fellenberg“ confit à la Cannelle, Chocolat au lait des Alpages de l’Entlebuch [6/10]
Das erste Dessert ist ein Zusammenspiel zwischen der Fellenberg-Zwetschge, einer besonders delikaten Sorte, und dem wundervollen Zimtaroma. Eine klassische Kombination die eine typische Assoziation zum Herbst erzeugt. Es ist knusprig und dank der gut dosierten Süsse, auch ein ausgesprochen leichtes Dessert.
Mit dem ersten Dessert werden auch gleich zwei Friandises auf den Tisch gestellt. Beides Fribourgische Klassiker – eine Hommage an Décotterds Herkunft, sowohl das Tartelettes au Vin cuit de Poire à Botzi als auch das Pain d’Anis – eine etwas andere Variante des bekannten Weihnachtsgebäck Chräbeli – schmecken absolut köstlich [8/10].
La meringue, les Fruits rouges et la Crème Double de la Gruyère [9/10]
Das zweite Dessert ist ein Geniestreich der Patisserie und eines der besten Desserts das uns seit langem zubereitet wurde. Grossartig wie die fruchtigen Aromen (allen voran Cassis) mit dem Meringue und dem Gruyère Doppelrahm kombiniert wird. Das Dessert hat spannende Texturen, ist fruchtig, elegant, leicht und dennoch äusserst geschmacksintensiv. Ein wahrer Dessertraum und nah an der Höchstnote.
Petit Fours [8/10]
Zum kräftigen Espresso serviert man uns noch eine kleine Auswahl an wundervollen Pralinés mit Grüntee oder Mokka, sowie hauchdünne Schokoladenplättchen.
Fazit: Es gibt definitiv einfachere Aufgaben als ein solch prestigeträchtiges Haus wie das Le Pont de Brent zu übernehmen. Stéphane Décotterd und seine Frau haben Mut bewiesen und das Restaurant erfolgreich in eine neue Ära geführt. So ist man nicht einfach still gestanden, sondern hat die Küche nach eigenem Gusto weiterentwickelt und ihr einen persönlichen Stempel aufgedrückt. Décotterd und sein Team machen einen ausgezeichneten Job. Man servierte uns ein geschmacksintensives Menü mit viel Power. Das Service-Team ist zwar etwas reserviert aber freundlich und aufmerksam. An das neue Interieur muss sich das Team aber offensichtlich noch etwas gewöhnen. So war die Stimmung an diesem Septemberabend etwas bedrückt. Eine zusätzliche Prise Fröhlichkeit würde dem neuen Le Pont de Brent bestimmt ganz gut stehen. Das hätten die zauberhaften Kreationen aus der Küche auch verdient.
Das Gastgeberpaar Stéphanie und Stéphan Decotterd
Speisekarte: Jeden Abend wird ein Menü in acht Gängen für 240 Franken angeboten. Inbegriffen sind auch eine Käsegang sowie zwei Desserts. Ein Amuse Bouche gibt es nicht. Dafür wird das Menü von Apéro-Häppchen und Friandises begleitet. Neben dem Menü steht auch eine kleine Auswahl an Gerichten die man à la Carte bestellen kann.
Zeit: Das Abendessen dauerte knapp 3 ½ Stunden.
Wein: Die Weinkarte ist umfangreich und hat die Waadt als Schwerpunkt. Natürlich findet man auch Gewächse aus dem Ausland – vorwiegend aus Frankreich. Eine Weinbegleitung im klassischen Stil wird nicht angeboten. Auf Nachfrage stellt man aber gerne aus den offenen Weinen eine Begleitung zusammen. So servierte man uns zwei weisse-, einen roten-, sowie ein Dessertwein. Die aufs Menü abgestimmte Weinbegleitung haben wir aber klar vermisst.
Diese Weinbegleitung, inklusive Wasser und Kaffee, wurde mit 100 Franken verrechnet:
„Clos des Mennettes“ 2015 – Domaine des Moines – Villeneuve VD
Chardonnay 2015 de Daniel Magliocco à St-Pierre de Clages VS
Merlot -Diolinoir 2014 – Domaine de la Doye – Les frères Dutruy à Founex VD
Cuvée Tradition 2014 – Jurançon moelleux – Domaine de Bellegarde (France)
Das Team an der Front: Marc-Henri Miallon, Benjamin Brochet, Simon Anquetil, Stéphanie Décotterd, Maxime Munoz, Jérôme Mele (v.l.n.r.)
Die Brigade: Christophe Loeffel, Martial Facchinetti, Matteo Piras, Jérémie Cordier, Yannick Pavoncello, Thomas Bouledin, Stéphane Décotterd, Julian Weller (fehlt auf dem Foto) (v.l.n.r.)
Online: lepontdebrent.ch
Bewertung: Gourmör / Michelin
/ Gault-Millau
(Besucht im September 2016)